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Parlamentswahl in der Slowakei
Das Ende der sozialdemokratischen Alleinregierung?

Die Slowakei wählt ein neues Parlament. Favorit ist die Partei von Regierungschef Robert Fico, der zuletzt vor allem mit seiner Ablehnung der europäischen Flüchtlingspolitik zu punkten versuchte. Doch für die absolute Mehrheit wird das wohl nicht erneut reichen.

Von Stefan Heinlein, Prag |
    Robert Fico (m.), seit 2012 Ministerpräsident - zum zweiten Mal
    Robert Fico (m.), seit 2012 Ministerpräsident - zum zweiten Mal (picture alliance/dpa/Jakub Gavlak)
    "Der Slowakei geht es gut. Wir haben ein hohes Wirtschaftswachstum und eine sinkende Arbeitslosigkeit." Stolz präsentiert Robert Fico im Wahl-Werbespot die Erfolge seiner abgelaufenen Amtszeit. Tatsächlich ist die Slowakei das Musterland der Euro-Zone. Doch im Wahlkampf kennt der Regierungschef nur ein Thema: "Wir werden niemals ein Diktat aus Brüssel akzeptieren, das uns zwingt Muslime in der Slowakei aufzunehmen. Wir wollen das einfach nicht. Das ist unsere Politik die wir bis zum Ende durchhalten."
    Seit Monaten präsentiert sich der Sozialdemokrat auf allen Bühnen als kompromissloser Verteidiger der christlichen Slowakei. Obwohl das Land bisher kaum von den Folgen der weltweiten Flüchtlingskrise betroffen ist, schürt Robert Fico ganz bewusst die Angst vor den Menschen aus Syrien, Irak und Afghanistan, so der Analytiker Marian Lesko: "86 Prozent der Bürger sind mit seiner harten Linie einverstanden. Das Flüchtlingsthema ist für Robert Fico eine politische Goldmine. Damit versucht er Menschen zu überzeugen, die ihn unter normalen Umständen nicht wählen."
    Breite bürgerliche Koalition ist wahrscheinlich
    Doch seine Wahlkampfstrategie auf dem Rücken der Flüchtlinge könnte heute scheitern. Mit nur noch rund 35 Prozent liegen die Sozialdemokraten in allen Umfragen weit entfernt von der bisherigen absoluten Mehrheit. Anders als die Boom-Region Bratislava profitiert der arme Osten der Slowakei bislang kaum vom aktuellen Wirtschaftsaufschwung. Die lautstarken Proteste gegen das marode Bildungs- und Gesundheitssystem des Landes könnten Robert Fico viele Stimmen kosten, erwartet der Meinungsforscher Martin Slosiarik: "Noch vor Weihnachten waren wir sicher, es gibt kein anderes Thema als die Flüchtlinge. Die Proteste der Lehrer und Krankenschwestern haben das geändert. Die Sozialdemokraten haben das unterschätzt."
    Tatsächlich wünscht sich eine große Mehrheit der Slowaken mittlerweile ein Ende der sozialdemokratischen Alleinregierung. Doch die Opposition ist zersplittert und tief zerstritten. Keine der liberal-konservativen Parteien kommt in den Umfragen deutlich über zehn Prozent. Die Bildung einer breiten bürgerlichen Koalition ohne die Sozialdemokraten gilt daher als wenig wahrscheinlich Für die Wähler von Robert Fico ist eine mehrfarbige Regierung in den kommenden vier Jahren kein Problem: "Ich wünsche mir eine stabile Regierung für die Slowakei mit Herrn Fico an der Spitze. Gut wäre eine Koalition aus zwei national orientierten Parteien. Damit meine ich die SNS."
    Tatsächlich gilt die Slowakische Nationalpartei als Favorit auf ein Bündnis mit den Sozialdemokraten. Die SNS fordert ein Burka-Verbot und will den Bau von Moscheen in der Slowakei verhindern. Auch in vielen anderen innenpolitischen Fragen liegt die nationalkonservative Partei mit Robert Fico auf einer Linie. Schon einmal - von 2006 bis 2010 - hatte diese Koalition international immer wieder für Negativ-Schlagzeilen gesorgt. Keine guten Voraussetzungen - so Beobachter in Bratislava - für die kommende EU-Ratspräsidentschaft der Slowakei ab Mitte des Jahres.