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Parlamentswahl in Polen
Rechtskonservative PiS kann mit Sieg rechnen

Weil sie in den vergangenen vier Jahren viele Wahlversprechen eingelöst hat, dürfte die polnische Regierungspartei PiS die aktuelle Parlamentswahl wieder gewinnen. In diesem Wahlkampf hat sie erneut große Versprechungen gemacht - von denen einige auch nach hinten losgehen könnten.

Von Florian Kellermann |
Eine Frau steckt am 13. Oktober 2019 ihren Wahlzettel in eine Wahlurne
Die Chancen für die PiS-Partei stehen gut (picture-allaince / dpa / NurPhoto / Artur Widak)
Die rechtskonservative PiS hat vieles von dem umgesetzt, was sie vor vier Jahren versprochen hatte. Es gibt ein neues Kindergeld, und das Renteneintrittsalter ist wieder abgesenkt. So lassen sich die Umfragen erklären, wonach die Regierungspartei auch die heutige Wahl deutlich gewinnen dürfte. Voraussichtlich mit über 40 Prozent der Stimmen, also einem noch besseren Ergebnis als vor vier Jahren.
Monika Nowak hat heute Morgen im Wahllokal 206 im Zentrum von Warschau ihre Stimme abgegeben. Sie will, dass die PiS am besten weiterhin alleine, ohne Koalitionspartner regieren kann:
"Schauen wir uns nur an, wie positiv die internationalen Rating-Agenturen über Polen urteilen. Die Wirtschaft boomt, die Arbeitslosigkeit ist so niedrig wie noch nie. Das verdanken wir vor allem dem Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki, ein Wirtschaftsfachmann. Er hat Steuerschlupflöcher geschlossen und die Korruption bekämpft. Nichts als Erfolge."
Von vielen Seiten hagelt es Kritik
Allerdings hat die Regierung auch viele Menschen gegen sich aufgebracht. Mit einer Justizreform hat sie sich Einfluss auf die Richter gegeben. Das führte zu einem Konflikt mit der EU-Kommission, die ein offizielles Verfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags eingeleitet hat. Der Vorwurf: Die polnische Regierung schwäche den Rechtsstaat. Deshalb hoffe sie sehr, dass die PiS abgewählt wird, meint eine Rentnerin, die ebenfalls im Warschauer Wahllokal 206 gewählt hat:
"Außerdem gefällt es mir nicht, wenn der Staat nach links und rechts Geld verteilt. Kinder soll man unterstützen. Aber das neue Kindergeld fördert doch nur den Alkoholkonsum in den ärmeren Familien. Ich bekomme jetzt eine 13. Monatsrente, gut. Aber die nützt mir auch nicht viel. Da kommen die Enkel zu Besuch, wollen dieses und jenes, und schon ist das Geld weg."
Für die kommende Legislaturperiode hat die PiS weitere Schritte angekündigt, die den sozial Schwächeren helfen sollen. Der Mindestlohn soll innerhalb von vier Jahren um 80 Prozent steigen. Dies werde auch ein Anreiz für die Unternehmen sein, mehr zu investieren, erklärte der Parteivorsitzende Jaroslaw Kaczynski im Wahlkampf:
"Das ist ein rationaler und durchdachter Plan. Wir wollen erreichen, dass das ruhende polnische Kapital aktiviert wird, für die Modernisierung unserer Wirtschaft. Das ist wichtig, denn es fehlt in Polen an Arbeitskräften. Wir wollen Polen aus der Emigration zurückholen. Aber das reicht nicht. Wir müssen die Wirtschaft auch effizienter machen."
Experten warnen vor Anstieg der Arbeitslosigkeit
Viele Experten dagegen warnen die PiS: Ein so rascher Anstieg des Mindestlohns sei eine zu große Belastung für die Unternehmen. Die Arbeitslosigkeit, die derzeit auf einem historischen Tiefstand ist, werde so wieder ansteigen.
Die Opposition hatte es angesichts der großen Versprechen der PiS im Wahlkampf schwer, eigene Akzente zu setzen. Die rechtsliberale "Bürgerplattform" versprach vor allem die Gesundheitsversorgung zu verbessern. Die Partei des noch amtierenden EU-Ratspräsidenten Donald Tusk kann heute laut Umfragen mit bis zu 25 Prozent der Stimmen rechnen. Außerdem wird es im Sejm wieder eine linke Fraktion geben. Für eine gemeinsame Liste von drei linken Parteien wollen etwa 12 Prozent der Menschen stimmen.