El Mundo, die konservative Tageszeitung, hatte am Freitagmorgen gemeldet, der amtierende Regierungschef Rajoy kann sich eine Koalition mit den Sozialisten nach der Wahl vorstellen. Das war ein gefundenes Fressen für Oppositionsführer Pedro Sanchez, er lässt die Menschen im Saal beim Wahlkampf in Zaragoza dann die Ablehnung der Regierung hinausschreien: "Wollt ihr eine Koalition zwischen der Partido Popular und den Sozialisten?", fragt er lächelnd ob der rhetorischen Frage und die Antwort ist ein promptes Nein.
Rajoy verweist auf Wirtschaftsdaten
Doch die Umfragen sagen keinen Sieg der Sozialisten voraus. Sanchez hat es nicht geschafft, die Themen zu setzen im Wahlkampf. Immer wieder hat er versucht, die Erfolge früherer sozialistischer Regierungen herauszustreichen, dem Ministerpräsidenten hat er im direkten Fernsehduell jede Glaubwürdigkeit abgesprochen. "Sie lügen, lügen und lügen." Das aber kam eher unverschämt rüber als begründet. Ministerpräsident Mariano Rajoy verweist mantrahaft auf aus seiner Sicht hervorragende Wirtschaftsdaten. Spanien ernst nehmen, lautet dann auch sein Motto "Espana en serio". "Wir haben gezeigt, dass wir regieren können, dass wir in der Lage sind, schwierigste Entscheidungen in kompliziertesten Situationen zu treffen."
Aber das Thema des Wahlkampfes in Spanien sind die guten Umfragewerte für die bürgerliche Reformpartei Ciudadanos und die linksalternative Podemos. Pablo Iglesias, der Chef von Podemos, muss damit kämpfen, dass seine Partei in den Umfragen auf dem vierten Platz liegt. Und damit, dass der Syriza-Schwesterpartei so mancher mit der Skepsis begegnet, sie könne nicht seriös regieren. Trotz Vorschlägen wie einer Grundrente für alle: "Wir haben schon gezeigt, dass wir nicht nur gewinnen, sondern auch regieren können. Wir haben das in Barcelona, Madrid, Cadiz, in Saragoza und La Corunja gezeigt, und ich bin überzeugt, dass dieses Land eine andere Zukunft vor sich hat."
Rechtsliberale versprechen unbefristete Verträge
Und Ciudadanos, die rechtsliberale Reformpartei aus Katalonien, die jetzt in ganz Spanien antritt? Sie will vor allem alles "Alte" in Spanien wegräumen. Und verspricht im Land der befristeten Arbeitsverträge einheitliche Verträge ohne Befristung, mehr Geld für Bildung. Und Spitzenkandidat Albert Rivera, 36, jung, smart, redegewandt gibt sich genauso siegesgewiss wie die anderen Kandidaten, lehnt Koalitionen im Wahlkampf vorsorglich ab: "Also ich würde mit Nein abstimmen, wenn mir einer vorschlagen würde, die Gewinner sollten mit den ganzen Verlierern der Altparteien eine Koalition bilden. Ich glaube, Spanien geht's schlecht, aber das Land hat es nicht verdient, dass es ihm noch schlechter geht."
Ob die allgegenwärtige Korruption oder das neue Wirtschaftswachstum oder die immer noch immense Arbeitslosigkeit am Ende das entscheidende Thema für die Wähler sein werden, wird der Sonntag zeigen. Viele Spanier jedenfalls sind schon in die Weihnachtsferien gefahren oder tun das dieser Tage und wollten das mit dem späten Wahltermin kurz vor Weihnachten kombinieren. Die Zahl der Briefwähler ist mit rund 700.000 so hoch wie noch nie.