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Parlamentswahlen in Griechenland
Syriza spaltet das Land

Die Griechen wählen am Sonntag ein neues Parlament. Laut Umfragen liegt die Oppositionspartei Syriza leicht vorne - damit ist die erste linke Regierung in der Geschichte des Landes möglich. Für einige Wähler klingt das wie Musik in den Ohren. Andere fürchten sich vor neuen Turbulenzen.

Von Rodothea Seralidou |
    Oppositionsführer Alexis Tsipras
    Oppositionsführer Alexis Tsipras (picture alliance / dpa / Simela Pantzartzi)
    Rentner Thodoris Varnavas und sein Nachbar Nikos Santorinaios, beide Ende sechzig, sitzen am Küchentisch und streiten über das Top-Thema dieser Tage: Die Parlamentswahlen am kommenden Sonntag; ganz zum Vergnügen ihrer Frauen, die gerade Kaffee aufgesetzt haben und sich über ihre Männer köstlich amüsieren.
    Seit zwanzig Jahren wohnen die beiden Ehepaare nur wenige Schritte voneinander entfernt im feinen Athener Vorort Voula. Im Laufe der Jahre entwickelte sich so eine enge Freundschaft. Wenn es aber um Politik geht, scheiden sich die Geister: Während Gastgeber Thodoris Varnavas und seine Frau Marianna die konservative Nea Dimokratia wählen, werden die Nachbarn ihre Stimme der linken Oppositionspartei Syriza geben.
    "Die jetzige Regierung hat doch nur Geld aus der Tasche der Rentner und der Niedrigverdiener genommen. Sie hat die Mittelschicht ruiniert! Ich habe ein Leben lang gespart für mein Eigenheim. Nun muss ich so hohe Steuern dafür zahlen; quasi eine Miete für mein eigenes Haus", schimpft Nikos Santorinaios.
    Früher hat er einmal ein Frontistirio betrieben, ein Nachhilfezentrum für Schüler der Oberstufe. Seine Frau Maria nickt zustimmend.
    "Natürlich erwarten wir nicht, dass Syriza mit einem Zauberstab daher kommt und dass über Nacht Wunder geschehen! Syriza wird aber den Bürgern die Last nehmen, damit sie wieder durchatmen können."
    Fragliche Wahlversprechen des Oppositionsführers Alexis Tsipras
    Ein Gesundheitssystem für alle. Weniger Steuern, eine Erhöhung des Mindestlohns, und der Mindestrente- das sind nur einige der Wahlversprechen der linken Syriza. Das Geld dafür werde von den Reichen und durch die Bekämpfung von Steuerhinterziehung kommen - so die Partei. Was für ein Schwachsinn, findet Thodoris Varnavas:
    "Syriza sagt weder, wer als reich gilt noch, wie sie die Steuerhinterziehung bekämpfen will! Die Regierung Samaras hat wenigstens versucht, Reformen durchzusetzen. Sie hat für politische Stabilität gesorgt. Es gibt erste Anzeichen, dass es unserer Wirtschaft besser geht. Wenn diese Reformen mit Syriza aufhören, kehren wir doch wieder zur Eiszeit zurück!"
    Über vierzig Jahre lang war Thodoris Varnavas im Bankensektor tätig. Er legte Geld bei Seite, kaufte ein Grundstück und baute ein Einfamilienhaus in Voula - damals ein eher spärlich bebauter Vorort voller Acker- und Weideflächen. Als Varnavas 2009 in Rente ging, bekam er eine gute Pension: in Höhe von 2.500 Euro - mehr als genug für ihren Lebensabend, dachten sich die Eheleute. Doch als Spitzenverdiener war der heute 67-Jährige einer der ersten, den die Sparmaßnahmen der Regierung erwischten. Heute liegt seine Rente bei 1.500 Euro - ein Verlust von 1.000 Euro monatlich. Trotzdem beißt er die Zähne zusammen:
    "Ich nehme es hin, weil das im Rahmen der allgemeinen Anstrengung ist, um Griechenland zu reformieren. Ich hab mir gedacht: Es wird jetzt ein bisschen schwierig für dich, damit es für deine Kinder und Enkelkinder dann wieder aufwärtsgeht."
    Sein Blick schweift aus dem Fenster. Varnavas befürchtet, dass mit Syriza und ihrer - wie er findet - verantwortungslosen politischen Agenda die Geldgeber Griechenland den Geldhahn zudrehen und das Land doch noch bankrott gehen könnte. Und auch von Tsipras vielleicht größtem Wahlversprechen, dass er die griechische Schuldenfrage neu verhandeln werde, hält Varnavas nichts:
    "Welcher Geldgeber wäre denn bereit, mehr als die Hälfte der Schulden zu streichen? Es gab doch schon einen Schuldenschnitt. Was für Verhandlungen wollen also diese Utopiker führen? Ich versteh das nicht. Entweder bin ich zu dumm dafür oder ich bin zu pragmatisch", sagt Thodoris Varnavas und bleibt dabei sehr ernst.
    Sein Nachbar Nikos fasst ihn an die Schulter und lacht.
    "Weißt du, das ist der Unterschied zwischen uns zweien! Wir beide sind uns einig, dass die Situation im Moment sehr schlecht ist. Du nimmst es aber hin und glaubst, es kann sich eh nichts ändern. Ich aber glaube, dass wir es versuchen müssen. Das wir dafür kämpfen müssen! Die Geschichte lehrt uns: Nur so kann sich wirklich etwas ändern!"
    Varnavas kontert, mit Ende 60 sei er zu alt für Revolutionen. Er wolle lieber weiterhin den sicheren Weg gehen - und im Moment sei das nun einmal der Weg von Andonis Samaras.