Wie Mahnmale stehen sie da, auf einem fußballfeldgroßen Gelände zwischen der Hauptstraße mit den kleinen Ladenzeilen und den Eisenbahngleisen: mehrere leer stehende, zweigeschossige Häuser, Ruinen. Gulbarg Society heißt dieser Ort in Ahmedabad, im Bundesstaat Gujarat in Nordwestindien. Ein trauriger Ort.
"Dies hier war das Haus meines Bruders, hier ist das Wohnzimmer, das hier die Küche."
Qasim führt durch die Gebäude, überall sind die Spuren des Feuers noch zu erkennen - die Spuren des Massakers. Vor zwölf Jahren haben hier Tausende wütende Hindus rund hundert Menschen niedergemetzelt, verbrannt, ihnen Arme und Beine abgehackt, Frauen und selbst Kinder vergewaltigt. Stunden lang ging das so. Qasim verlor 19 Mitglieder seiner Familie. Sie starben, nur weil sie Muslime waren. Lediglich Rafiq, einer seiner Söhne, überlebte. Rafiq ist ein schmächtiger Mann mit harten Gesichtszügen, er trägt auch im Schatten eine Sonnenbrille.
"Ich habe alle Bilder noch genau vor mir. Wir tranken unseren Morgentee, dann kam der Mob und belagerte uns. Sogar Polizisten warfen Steine in unsere Häuser. Dann schossen sie."
Damals lebte auch ein ehemaliger Abgeordneter des indischen Parlaments in der Gulbarg Society in Ahmedabad. Bei ihm suchten die meisten Bewohner Schutz. Der Politiker flehte am Telefon um Hilfe: in Neu-Delhi bei der indischen Regierung, beim Chief Minister von Gujarat, also dem Ministerpräsidenten des Bundesstaates. Niemand reagierte. Es schien, als habe der Staat die Angreifer einfach gewähren lassen. Der Abgeordnete starb. Rafiq, der auf dem Dach eines Nachbarhauses Schutz suchte, erkannte später seine tote Frau und seine toten Kinder nicht wieder.
"Sie haben alle mit Säure übergossen. Als wir die Körper umdrehen wollten, hatten wir plötzlich einen Arm oder einen Fuß in der Hand. Wir konnten sie nicht identifizieren."
Der Ministerpräsident von Gujarat, der das damals offenbar geschehen ließ, heißt Narendra Modi. Ein Mann, der vor allem die Belange der Hindu-Mehrheit unterstützt und dessen Partei BJP deshalb "hindu-nationalistisch" genannt wird. Dafür, dass die Polizei des Bundesstaates die tagelangen Massaker mit rund 2000 Toten sogar mit angeheizt haben soll, hat Modi nie die politische Verantwortung übernommen. Seine Parteifreunde der BJP verweisen lieber auf einen Terroranschlag, den Muslime zuvor auf einen Zug voller Hindu-Extremisten verübt hatten. Der Anschlag war Auslöser der schweren Unruhen. Geschadet haben sie Modi bisher nicht, im Gegenteil. Er ist sogar der große Favorit für das Amt des indischen Premierministers.
Nicht weit von der Gulbarg Society entfernt, hinter einer Hauptstraße, liegt eine Art Bauhof, mit zwei kleinen, staubigen Werkshallen. Die Firma "Maniar" in Ahmedabad kann alles zusammen bauen, was Kommunen zur Abfallentsorgung benötigen, meist sind es Kehrmaschinen, Kräne oder Hebebühnen. Mohammed Maniar, der Junior, führt durch den Betrieb und zeigt stolz seine Maschinen.
"Mit diesem Greifer hier kann man zum Beispiel Abwasserkanäle und tiefe Straßenlöcher entmüllen. Das haben bisher Menschen gemacht. Aber das ist eine dreckige und unmenschliche Arbeit."
Hauptübel Korruption
Die Maniars sind muslimische Unternehmer, auch ihre Firma wurde 2002 von einem Mob angegriffen. Aber sie hat sich erholt. Maniar ist erfolgreich in ganz Indien und exportiert sogar nach Afrika und Großbritannien. Einfach ist ihr Geschäft aber nicht. Der Wechselkurs der Rupie ist eingebrochen, das verteuert den Import von Ersatzteilen. Die indische Wirtschaft schleppt sich dahin, die Auftragslage war schon mal besser. Und, fast noch schlimmer, viele Kunden sind indische Kommunen - und damit indische Beamte.
"Die kommen immer mit neuen Problemen, sobald wir geliefert haben. Immer neue Beschwerden, was das Produkt angeht."
Oder, mit anderen Worten, damit sie Maniar-Kräne abnehmen, kassieren sie Schmiergeld. Korruption gilt als ein Hauptübel in Indien.
Mohammeds Onkel Iqbal und sein Vater Shafee führen das traditionsreiche Unternehmen. In ihren Büros hängen Fotos, auf denen sie Preise entgegennehmen für ihre Erfindungen. Auch Narendra Modi ist auf den Bildern zu sehen. Die Maniars haben nicht vergessen, was 2002 passiert ist. Aber trotzdem werden sie Modi ihre Stimmen geben. Modi hat Gujarat zu einem Vorzeigestaat gemacht, einem erfolgreichen Wirtschafts-Standort. So sehen es die Maniars.
Narendra Modi, der Mann mit dem sauber gestutzten grauen Bart, der immer so ernst schaut, spaltet Indien. Für die einen ist er ein Teufel, der Muslime hasst und die Völker und religiösen Gruppen Indiens gegeneinander aufhetzt. Muslime machen in Indien etwa 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung aus. Für die anderen aber, ist Modi der Macher, der unbürokratisch über große Projekte entscheidet, dadurch Marken wie Tata, BASF und Ford nach Gujarat lockt, Arbeitsplätze schafft und vor allem ist er einer, der nicht als korrupt gilt.
Der regierenden Kongresspartei und ihren acht Koalitionspartnern dagegen werfen viele Inder Planlosigkeit vor und machen sie für die Krise verantwortlich, die das Land lähmt. Das derzeitige Wachstum von vier bis fünf Prozent reicht nicht, um genügend Jobs für die rund zehn Millionen jungen Menschen zu schaffen, die in Indien jedes Jahr auf den Arbeitsmarkt strömen. Die Inflation ist hoch, insbesondere die Lebensmittelpreise steigen. Investoren ziehen ihr Geld ab, mit Grauen schauen auch sie auf all die Korruptionsskandale in Neu-Delhi - zum Beispiel bei der Vergabe von Mobilfunk- und Bergbaulizenzen. Die indische Politik gilt längst als reine Vetternwirtschaft. Dieser schlechte Ruf haftet derzeit vor allem der Kongresspartei an.
Wenn man den Meinungsumfragen glaubt, droht dem Regierungslager ein historisches Wahldebakel. Aber kann man die Kongresspartei schon abschreiben? Sie hat Indien seit der Unabhängigkeit von den Briten fast immer regiert.
Das winzige Dorf Umarpur gehört zum Wahlkreis von Rahul Gandhi. Der Mann mit den Grübchen ist das junge, attraktive Gesicht der Kongress-Partei und soll Regierungschef werden, wie es in seiner Familie Tradition ist. Der 43-jährige Rahul Gandhi ist der Sohn des ermordeten Premierministers Rajiv Gandhi, der Enkel der ebenfalls ermordeten Premierministerin Indira Gandhi und der Urenkel Jawaharlal Nehrus - des ersten Premierministers im unabhängigen Indien. Die Nehru-Gandhi-Familie ist der Klebstoff zwischen dem Kongress und Wählern wie Harish Chanda. Er ist vermutlich der wohlhabendste Einwohner von Umarpur. Harish besitzt ein winziges Stückchen Land, auf dem er Gemüse anbaut. Der 37-Jährige hat von der Korruption im fernen Delhi gehört, aber er zuckt nur mit den Schultern.
"Der Wahlkampf ist mir egal. Wenn ich jemanden liebe, dann liebe ich jemanden. Und ich liebe die Gandhis. Ich wähle mit dem Herzen. Modi interessiert mich nicht. Der Kongress ist die Mutter Indiens. Auch meine Eltern und Großeltern haben immer die Kongresspartei gewählt, für uns kommt nichts anderes in Frage."
In Umarpur scheint die Zeit stehengeblieben zu sein. Hier leben nur Menschen aus den untersten Kasten. Das traditionelle Kastensystem weist jedem Inder von Geburt an seinen Platz in der Gesellschaft zu. Die soziale Hierarchie ist über die Jahre zwar etwas durchlässiger geworden, aber nicht in Dörfern wie Umarpur. Hier bestimmt die Kaste den Alltag und das Wahlverhalten. Fast alle Dorfbewohner sind Tagelöhner wie Lakpata. Die hagere Großmutter ist froh, wenn sie für ihre Schufterei etwas mehr als einen Euro am Tag verdient.
"Wir waren hier schon immer Landarbeiter. Wir arbeiten, damit wir dreimal am Tag essen können. Wir sind arm, aber wir lieben Rahul Gandhi und die Kongresspartei. Die Familie hat auch für uns Straßen und Strommasten gebaut."
Aber von den 250 Familien, die in Umarpur leben, sind nur die wenigsten an das Stromnetz angeschlossen, weil die Elektrizität zu teuer ist. Die meisten Häuser sind aus Lehmziegeln, Kuhdung und Stroh gebaut. Toiletten fehlen. Für die Wasserversorgung gibt es vier Handpumpen. Die Kinder gehen - wenn überhaupt - nur zur Grundschule. Obwohl die Entwicklung einen großen Bogen um Umarpur gemacht hat, schwelgt Großmutter Lakpata in liebevollen Erinnerungen.
"Indira Gandhi war eine starke Führerin. Sie hat uns zu essen gegeben, sie hat uns Wasser geschenkt, und sie hat uns beschützt. Sie hat uns Rajiv und Rahul geschenkt. Ich habe Rajiv hier bei uns in der Gegend gesehen. Er kam mit dem Flugzeug. Rahul war damals noch ganz klein."
"Wir werden sicherstellen, dass Rahul Gandhi verliert"
Die Kongresspartei präsentiert sich im Wahlkampf als Garant eines harmonischen Sozialstaates, der alle Bürger gleich behandelt, unabhängig von Kaste oder Religion. Die Partei steht für das Recht auf Nahrung und für das Recht auf Bildung. Frauen wie Lakpata bekommen Reis, Mehl und Öl aus dem staatlichen Nahrungsmittelprogramm. Aber reicht das?
Im benachbarten Örtchen Pandit Purua haben sich fast 50 Männer auf dem Dorfplatz versammelt und schimpfen über die Kongress-Partei. Frauen sind hier weit und breit nicht zu sehen. Auch Pandit Purua liegt mitten im Wahlkreis von Rahul Gandhi. Doch im Gegensatz zu Umarpur leben hier nur reiche Bauern aus hohen Kasten, so wie der 30-jährige Hari Prasad Divedi.
"Wir werden sicherstellen, dass Rahul Gandhi verliert. Die Gandhis haben diesen Wahlkreis immer gewonnen, aber das ist jetzt vorbei. Indira und Rajiv Gandhi haben früher viel für die Landwirtschaft getan, deshalb haben wir sie gewählt. Aber in den letzten zehn Jahren ist einfach nichts passiert - und jetzt verspricht uns Modi Wandel und Entwicklung. Die neuen Gandhis kommen nur noch im Wahlkampf zu uns, dann verschwinden sie wieder."
Rahul Gandhis Wahlkreis liegt im bevölkerungsreichsten Bundesstaat Uttar Pradesh, kurz UP genannt. Wäre UP eigenständig, wäre es das fünftgrößte Land der Erde, vergleichbar mit Brasilien. Wer also in Delhi an die Macht will, muss unbedingt in UP punkten, und zwar auf dem Land, wo immer noch die Mehrheit des indischen Milliardenvolkes lebt. Das Beispiel des Dorfes Pandit Purua zeigt: Der Wind des Wandels weht auch hier, aber längst nicht so stark wie in den Städten.
Die Partei des gewöhnlichen Mannes tritt an
Wie viele Menschen, arme und reiche, gebildete und ungebildete, die Nase voll haben von den großen Parteien, ihrer Vetternwirtschaft und Korruption, das zeigt sich im politischen Herzen Indiens, im Regierungsviertel von Neu-Delhi. In einem engen, mehrstöckigen Haus hat sich die Aam Admi-Partei eingerichtet, die "Partei des gewöhnlichen Mannes". Im Vorgarten sitzen 20 Männer und diskutieren, sie tragen weißen Käppchen auf dem Kopf, auf denen auf Hindi "Mai hoon Aam Admi" steht, übersetzt heißt das: "Ich bin ein gewöhnlicher Mann". Auf der Veranda schaut sich Pramod einen Aufnahmeantrag an. Lesen kann er nicht, aber Mahesh erklärt ihm alles. Mahesh ist Rentner, er sieht mit seinem Käppi und den Gesichtszügen aus wie Nehru, der Staatsgründer. Mahesch war vorher in der Finanzbehörde von Delhi und hat sich jetzt ganz der neuen Partei verschrieben. Pramod dagegen ist Tagelöhner aus Bihar, einem der ärmsten Bundesstaaten Indiens. Derzeit arbeitet er auf einer Baustelle außerhalb Delhis. Zur Zentrale der Aam Admi-Partei war es für ihn ein langer Weg. Delhi ist eine Megastadt mit 20 Millionen Einwohnern, und Pramod ist arm. Er kann sich eine Fahrt ins Stadtzentrum nicht mal eben so leisten. Aber hier, bei der Aam Admi-Partei, blüht er auf.
"Ha, die anderen wickeln uns nur ein mit ihren Wahlkampfreden, die zahlen uns 100 Rupien, damit wir uns das anhören und sie wählen. Dann behandeln sie uns fünf Jahre lang wie Aussätzige. Aber die Aam Admi-Partei gibt uns eine Stimme, deswegen trete ich denen bei. Lang lebe die Revolution!"
Pramod redet sich in Rage. Mahesh tippt ihm manchmal sanft auf die Schulter, um ihn etwas zu bremsen.
"Leute wie er kommen gerade massenhaft zu uns. Alles Menschen, die genug haben vom System. Wir sind total transparent. Wir laden die Leute nicht ein oder zahlen sie dafür. Die Leute kommen freiwillig und bleiben hier, um zu helfen."
Die Aam Admi-Parteimitglieder sind die Politik-Rebellen in Indien. Sie haben das System verunsichert. Sie sind gegen Korruption, gegen Vetternwirtschaft, sie wollen die Schranken zwischen Religionen und Völkern abbauen und fordern niedrige Strompreise. Ihr Chef heißt Arvind Kejrival. Er hat an einer Eliteuni in Delhi studiert, ohne dem großen Geld nachzujagen. Er wurde Finanzbeamter und baute dann eine Organisation auf, die für mehr Transparenz kämpfte. Dafür hat Kejriwal sogar einen der renommiertesten Preise in Asien für ziviles Engagement erhalten. 2012 führten immer neue Korruptionsskandale zu Massenprotesten. Kejriwal gründete daraufhin die Aam Admi-Partei.
Im November hat die Aam Admi- Partei das politische Establishment endgültig geschockt. Bei der Landtagswahl in der Hauptstadt Neu Delhi gewann Arvind Kejriwal über 30 Prozent der Stimmen und damit mehr als die Kongresspartei. Das reichte, um auf Anhieb Ministerpräsident zu werden. Doch Kejriwall scherte sich nicht um das Amt. Er trug den Protest weiter auf die Straßen und versuchte, ein Anti-Korruptionsgesetz durchzuboxen, ohne Zustimmung der Zentralregierung, wie die Verfassung das eigentlich vorsieht. Weil BJP und Kongresspartei nicht mitmachten, trat er nach 49 Tagen wieder zurück, gefeiert von tausenden Anhängern, auch von Mahesh.
Knapp 1500 Kilometer östlich der Aam-Admi-Parteizentrale liegt das altehrwürdige Presidency College von Kalkutta, der Mega-Stadt im Osten Indiens. Die Fassade am kolonialen Prachtbau bröckelt. Graffiti und gepinselte Botschaften übertünchen die Narben. Auf der weißen Wand am Eingang zum Hauptgebäude der Universität steht: "Alleine erreichst du nichts, steht zusammen!" Dibyayan und ein paar Freunde hocken auf dem Fußboden und pauken Statistik. Doch für eine kurze Einschätzung zum indischen Wahlmarathon ist immer Zeit. Für Dibyayan ist es die erste Parlamentswahl.
"Wir wollen eine Politik, die den einfachen Bürger nicht an die Kette legt und ihn zwingt, der politischen Elite zu folgen. Die Lebensumstände des kleinen Mannes müssen sich in Indien drastisch verbessern. Politik muss überzeugen, sie darf zu nichts zwingen. Wir wollen uns unser Leben von dieser abgehobenen politischen Klasse nicht mehr diktieren lassen. Die Politik muss für den Menschen arbeiten, sie darf sich nicht über ihn stellen."
Das Presidency College gehört zu den ältesten Hochschulen Südasiens und gilt als linke Eliteschmiede in einer traditionell linken Stadt. Doch die Zeiten haben sich geändert. Ein Hochschulabschluss ist längst keine Jobgarantie mehr. Der 19-jährige Dibyayan rauft sich seinen Lockenkopf und lacht. Er will den Wandel wählen, aber keine Partei.
"Es gibt zum ersten Mal die Möglichkeit der negativen Wahl. Das heißt, ich kann auf dem Stimmzettel auch ankreuzen, dass ich keine der aufgeführten Parteien wähle. Jede Partei, die im Augenblick in die bestehende politische Klasse aufsteigt, wird korrumpiert. Aber wir geben nicht auf. Wir werden uns selber für den Wandel von unten nach oben einsetzen, damit die Politik den kleinen Mann nicht länger erdrückt."
"Allein die täglichen Vergewaltigungen. Das ist einfach nur erschütternd."
Indien hat eine sehr junge Bevölkerung. Zwei Drittel der Bevölkerung sind jünger als 35 Jahre. Rund die Hälfte ist sogar jünger als 25. Wer die Jugend überzeugen kann, ist im Vorteil. Doch wie viele junge Wähler ihr Wahlrecht wahrnehmen werden, weiß niemand.
Anvesha Bose wählt auf jeden Fall. Die 22-Jährige studiert Politikwissenschaft am Presidency College. Die junge Frau will in zwei Jahren ihren Master machen und dann entweder an der Uni bleiben und lehren oder in den Staatsdienst eintreten. Anvesha will etwas bewegen.
"Die Situation der Frauen in meinem Land ist schrecklich. Allein die täglichen Vergewaltigungen. Das ist einfach nur erschütternd. Die Politik hat beim Schutz der Frauen versagt, aber wir sind nicht länger still. Wir machen den Mund auf. Wir stellen die Hälfte der Bevölkerung, wir werden klüger, wir diskutieren. Vor allem wir jungen Frauen sollten unbedingt zur Wahl gehen. Unsere neuen Ideen und Forderungen sollten sich in der Gesetzgebung und im politischen System widerspiegeln."
Die beiden großen nationalen Parteien, Kongress und BJP, und auch viele der Regionalparteien, die Indiens politische Landschaft zersplittern, werben so offensiv wie nie um weibliche Stimmen. Anvesha spricht augenzwinkernd von einem "Rattenrennen".
"A rat race. It is a rat race."
Doch die zielstrebige Politikstudentin hat sich trotzdem entschieden. Anvesha wählt das Risiko, wie sie sagt.
"Ich unterstütze Narendra Modi, weil er uns Entwicklung und Arbeitsplätze verspricht. Und was er in Gujarat geschafft hat, ist herausragend. Natürlich denke ich auch an die tödlichen Ausschreitungen und daran, dass Modi ein bekennender Hindu ist. Viele sagen auch, dass er sehr autokratisch regiert, und das alles macht mir angst. Aber wir müssen das Risiko eingehen, wir brauchen Modernisierung und Industrialisierung. Die fehlenden Arbeitsplätze sind das größte Problem für junge Menschen wie mich."