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Parlamentswahlen in Kroatien
Konservative Opposition mit leichtem Vorsprung

Nach Auszählung von etwa der Hälfte der Stimmen bei der Parlamentswahl in Kroatien sieht es nach einem Regierungswechsel aus: Die konservative Oppositionspartei HDZ liegt knapp vor den regierenden Sozialdemokraten. Doch die wollen sich nicht geschlagen geben.

Von Stephan Ozsváth |
    Jubelnde Anhänger der kroatischen Partei HDZ schwenken ein Wahlplakat
    Die kroatische Partei HDZ hat die meisten Stimmen gewonnen, kann aber nicht allein regieren (picture alliance / dpa / Antonio Bat)
    Kroatien steht nach der Parlamentswahl wohl vor einem Regierungswechsel. Nach Auszählung von etwa der Hälfte der Stimmen lag das rechtskonservative Parteienbündnis um Oppositionsführer Tomislav Karamarko klar vor dem Mitte-Links-Bündnis von Premier Zoran Milanovic. Der Wahlverlierer will die Macht jedoch nicht abgeben.
    "Eine Sache ist klar: Kroatien hat entschieden, dass es kein zurück in die Vergangenheit gibt. In welche Richtung wir weiter gehen werden, das werden wir in den nächsten Tagen entscheiden, vielleicht schon morgen."
    Opposition beansprucht Wahlsieg
    Ein Werben um den Drittplatzierten und andere Kleinparteien. Der Auftritt des Premiers erzürnte den Erstplatzierten, Oppositionsführer Tomislav Karamarko. Vor seinen Anhängern beanspruchte er den Wahlsieg.
    "Dieser Sieg bringt uns in die Position, unser Land zu führen, das sich in einer schweren Lage befindet. Zwei Drittel haben für Veränderung gestimmt. Und es ist absurd, dass diejenigen, denen die Bürger ihre Stimme nicht gegeben haben, ein neues Mandat verlangen."
    Allerdings: Der Vorsprung der sogenannten "Patriotischen Koalition" um Karamarkos Partei HDZ reicht nicht, um alleine regieren zu können. Deshalb muss sich der Wahlgewinner auf die Suche nach Partnern machen. Der politische Analyst Nino Raspudic holte den Wahlsieger noch am Wahlabend auf den Boden der politischen Realität zurück.
    "Nach Auszählung der Hälfte der Stimmen können wir schon kategorisch sagen: Die Sozialdemokraten haben die Wahl verloren, und die HDZ hat sie nicht gewonnen. Der einzige Sieger ist Most."
    Schlüsselrolle für neue Partei
    Eine Schlüsselrolle bei der Regierungsbildung kommt nun dem Drittplatzierten, der Reformpartei Most - zu deutsch: Brücke - zu. Most ist ein lokales Parteienbündnis um den dalmatinischen Lokalpolitiker Bozo Petrov. Aus dem Stand schaffte es die wirtschaftsliberale Partei auf Platz Drei in der Wählergunst. Most will einen schlanken Staat und hat der Vetternwirtschaft den Kampf angesagt.
    Die junge Partei ist jetzt in der Position des Königsmachers. Parteichef Petrov weiß das. In der Wahlnacht sagte er.
    "Wenn die andere Seite seriös ist, können wir eine sehr stabile Regierung in den nächsten vier Jahren haben. Aber wenn sie wie bisher nur versprechen und nichts halten, dann bin ich eher für Neuwahlen als eine weitere unfähige Regierung vier Jahre zu dulden."
    Der Preis: Tiefgreifende Strukturreformen. Vor der Wahl hatte Most-Chef Petrov angekündigt, mit keinem der beiden großen Blöcke koalieren zu wollen, wegen der Reformunfähigkeit der etablierten Parteien. Nach diesem Wahlausgang steht ein zähes Ringen um die Regierungsbildung bevor.