Manfred Götzke: Ernst Dieter Rossmann ist Bildungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Ich grüße Sie!
Ernst Dieter Rossmann: Schönen guten Tag!
Götzke: Wenn er Kanzler werde, dann werde er zwölf Milliarden Euro für die Bildung ausgeben, Credo Ihres Kanzlerkandidaten Martin Schulz im Wahlkampf. Herr Rossmann, mal abgesehen von den eher, sagen wir mal, vagen Chancen auf die Kanzlerschaft, warum hat die SPD in vier Jahren in der Regierung das nicht schon längst getan?
Rossmann: Die SPD hat an der Regierung extrem viel durchgesetzt, was Ihnen nicht entgangen sein dürfte. Wir haben sechs Milliarden zusätzlich für die Bildung mobilisiert, es hat ganz zum Schluss dann noch mal zusätzlich zu diesen sechs Milliarden Gelder gegeben für die schulische Ausstattung, die Schulsanierung, Schulinvestitionen in finanzschwachen Kommunen in der Höhe von 3,5 Milliarden, nur für Schulbau, und auch bei dem anderen Teil des kommunalen Investitionsprogramms ist die Bildung privilegiert mit dabei. Also, zu sagen, da sei nichts passiert, heißt, dass man da nicht aufgepasst hat.
Götzke: Ich habe mir mal das Wahlprogramm von 2013 angeguckt. Da hieß es, ab 2014 sollen jährlich 20 Milliarden Euro zusätzlich in die Bildung investiert werden. Jetzt nur noch zwölf Milliarden in vier Jahren, haben Sie gesagt. Warum wird das jetzt alles billiger mit Ihnen?
Rossmann: Das wird nicht billiger, sondern das sind mit den 20 Milliarden ja auch mehrere Komponenten, die dort zusammengekommen sind. Es ist einmal die Entlastung für die Länder, und bei der Entlastung für die Länder indirekt auch die Unterstützung für die Entlastung für die Kommunen, was in diesen 20 Milliarden mit eingeschlossen war. Es ist etwas, was wir auch in dieser Legislaturperiode gemacht haben und was für die nächste Legislaturperiode natürlich erst recht relevant wird, weil wir den Bund-Länder-Finanzausgleich ja so ausgestattet haben, dass die Länder deutlich mehr Geld bekommen. Das ist deshalb auch wichtig, weil die Länder ja zu über 55 Prozent im Bereich der Bildungsausgaben sich engagieren. Es kommt dann die Wirtschaft, es kommen dann die Kommunen, es kommt zum Schluss der Bund.
Der Bund hat auch keine Allgemeinzuständigkeit zum Beispiel in der schulischen Finanzierung, sondern er soll dort Impulse setzen, und dieses werden wir mit dem, was wir über die zwölf Milliarden, die ja nur auf Schule bezogen sind, während die 20 Milliarden auf alles bezogen waren, was in der Bildungspolitik ansteht, entsprechend auch in den anderen Bereichen mit ergänzen. Wir hoffen, dass wir so stark werden, dass wir dies gegenüber der CDU/CSU stärker durchsetzen können als beim letzten Mal. Aber mit 25,7 darf man nicht erwarten, dass 100 Prozent von dem durchgesetzt werden, was in einem Programm steht. Das müssen alle Wählerinnen und Wählern auch wissen, weil sie ja nicht naiv sind.
Götzke: Trotzdem noch mal ganz kurz in Ihr altes Wahlprogramm. Gebührenfreie Bildung steht da drin ...
Rossmann: Wir können ja auch über das neue Wahlprogramm sprechen.
Götzke: Ja, das machen wir auch noch, keine Sorge. Kita-Gebühren abschaffen, Chancengerechtigkeit im Bildungssystem - ich spreche das an, weil all diese Dinge auch im neuen Wahlprogramm stehen. Ist ein bisschen Copy-Paste bei Ihnen.
Rossmann: Nein. Das ist so, dass das der lange Weg ist, den wir mitgehen. Und wenn wir im Bezug auf die Gebührenfreiheit den Einstieg ja gemacht haben über sozialdemokratische Länder, von Rheinland-Pfalz oder Hamburg - und das wollen wir gern fortsetzen. Und wenn wir immer wieder den Vorhalt bekommen, nun ist die SPD schon so lange dabei und streitet, und sie haben noch den Himmel auf Erden erreicht, dann sagen wir, ja, so ist das. Wir werden weiter streiten, und wir werden Schritt für Schritt die Fortschritte mitbekommen, und es hat keine Rückschritte im Bildungsbereich gegeben. Es hat Fortschritte gegeben, vielleicht nicht so groß, wie wir das, wenn wir allein hätten regieren können, gern gemacht hätten.
"Wir haben dieses Kooperationsverbot schrittweise aufknacken können"
Götzke: Es muss ja nicht immer der Himmel sein. Herr Rossmann, kommen wir zu einem der wichtigsten Themen in Ihrem Bildungspart im Wahlprogramm, Kooperationsverbot aufweichen, abschaffen, auch im Bereich Schule. Ihr Kanzlerkandidat spricht etwas schwammig von einem Aufbruch in einen neuen Bildungsföderalismus. Wie viel Kompetenzen wollen Sie den Ländern wegnehmen?
Rossmann: Den Ländern werden keine Kompetenzen weggenommen, aber die Länder werden mit unterstützt. Das ist ja die Absurdität, dass wir bisher durch eine Verfassungsreform leider die Länder nicht weiter unterstützen konnten, so wie das noch Edelgard Bulmahn, Gerhard Schröder mit den vier Milliarden für die Ganztagsschulen tun konnten. Weil wir immer beharrlich drangeblieben sind, haben wir dieses Kooperationsverbot schrittweise ja aufknacken können, unter anderem zu Beginn der letzten Legislaturperiode damit, dass der Bund dann die Hochschulen dauerhaft mitfördern kann.
Zum Ende der Legislaturperiode haben wir erreicht, dass der Bund dies bei finanzschwachen Kommunen auch im Schulbereich, im investiven Teil tun kann, und wir sind ganz zuversichtlich, dass die Einsicht auch bei CDU/CSU, bei den Grünen in Baden-Württemberg - Herr Kretschmann ist dort ja ein absoluter Blockierfaktor - mit wächst, sodass wir dann einen neuen Paragrafen 91b bekommen, der eine Gemeinschaftsaufgabe auch schulische Bildung mit vorsieht.
Götzke: Wenn ich das richtig gelesen habe, geht es aber nicht nur um Geld. Sie wollen ja auch gemeinsame Standards auf hohem Niveau für alle Schulen vereinbaren. Also, wollen Sie da mitreden oder nicht.
Rossmann: Das ist dann der große gemeinsame Ratschlag, wo der Bund sagen kann, von uns aus gibt es Unterstützung - Länder, was könnt ihr mit beibringen. Und dann wird verhandelt, dann wird geredet, dann ist das nicht nur ein Tagesereignis, sondern dann ist das eine feste Verabredung.
"Gemeinsame und bessere Lehrerbildung"
Götzke: Aber wie wollen Sie das machen? Momentan gibt es ja schon Bildungsstandards, die KMK hat sich da entsprechend festgelegt, die sollen von den Kindern in allen Ländern erreicht werden. Werden Sie aber nicht immer. Was wollen Sie da ändern?
Rossmann: Einmal, dass man sich gemeinsam verabredet, noch stärker gemeinsam verabredet, über alle Schulstufen hinweg. Zum Zweiten, dass wir die Lehrerbildung noch mehr so qualifizieren, weil ohne gemeinsame und bessere Lehrerbildung ist auch die Erreichung von Standards nicht so gegeben. Zum Dritten: Indem wir es wissenschaftlich mit begleiten und ausfüllen, dass man dann eine Evaluation, eine Überprüfung der verabredeten Standards mitbekommt. Das war nicht unbedeutsam, wenn Martin Schulz zusammen mit allen Ministerpräsidenten der SPD dieses vortragen konnte, weil natürlich die Ministerpräsidenten dann auch über ihre Kultusminister, über die Finanzminister wesentlich miteinwirken und dort auch eine Allianz aus den Ländern heraus mitgeschmiedet werden kann.
Götzke: Herr Rossmann, wie immer in unserer Reihe "Parteien zur Bildung" haben wir Akteure aus der Bildung gefragt, Lehrer, Schüler, Gewerkschaften gebeten, ihre Fragen an die Politik zu richten. Und die Frage von Matthias Anbuhl vom Deutschen Gewerkschaftsbund, die führt uns zum nächsten Thema, zum Thema Ganztagsschule:
Matthias Anbuhl, DBG
"Mein Name ist Matthias Anbuhl, ich leite die Abteilung Bildung beim DBG-Bundesvorstand und habe eine Frage zur Ganztagsschule an die SPD. Die SPD will einen Rechtsanspruch auf die Ganztagsgrundschule verankern, bisher darf der Bund aber nur Schulen in finanzschwachen Kommunen fördern, und dort auch nur die Schulgebäude finanzieren. Deshalb meine Frage, wie wollen Sie das Recht auf den Ganztag verfassungsgerecht flächendeckend umsetzen? Wollen Sie das Kooperationsverbot weiter streichen?"
"Mein Name ist Matthias Anbuhl, ich leite die Abteilung Bildung beim DBG-Bundesvorstand und habe eine Frage zur Ganztagsschule an die SPD. Die SPD will einen Rechtsanspruch auf die Ganztagsgrundschule verankern, bisher darf der Bund aber nur Schulen in finanzschwachen Kommunen fördern, und dort auch nur die Schulgebäude finanzieren. Deshalb meine Frage, wie wollen Sie das Recht auf den Ganztag verfassungsgerecht flächendeckend umsetzen? Wollen Sie das Kooperationsverbot weiter streichen?"
Rossmann: Was das Streichen des Kooperationsverbots angeht, volle Zustimmung. Da müssen wir die zwei Drittel gewinnen, und das heißt, wir müssen die grüne Seite dazu mitgewinnen in Baden-Württemberg, in Schleswig-Holstein ist die konservative CDU-Seite schon dazu gewonnen. Also das Spiel ist offen, und wir sind da guter Dinge, dass dies mit gelingen kann, wenn wir uns die national wichtigen Aufgaben angucken.
Wenn wir diese Gemeinschaftsaufgabe haben, dann kann der Bund nur zusätzlich mitfinanzieren. Und wir möchten gern verankert sehen analog dem, wie es bei den Krippen und im Kindertagesstättenbereich oder in der Elementarerziehung auch gewesen ist, dass es dort einen grundsätzlichen Rechtsanspruch gibt, der dann über ein gemeinsamen Ausbauplan als Erstes umgesetzt wird mit entsprechenden Fristen im Grundschulbereich.
Götzke: Wieso sind Sie so zuversichtlich, dass Sie die zwei Drittel bekommen? Bislang hat es ja nicht geklappt mit der Union.
Rossmann: Wir sind zuversichtlich, weil wir so überzeugende Argumente haben und weil wir die anderen auch nicht für dumm halten, sondern weil wir glauben, dass sie sich auch überzeugenden Argumenten nicht verschließen, und weil wir dort wegkommen müssen von dem Denken nur in den eigenen kleinen Ländergrenzen. Denn die Eltern, die Lehrkräfte, die Wirtschaft denkt schon längst nicht mehr in eigenen kleinen Landesgrenzen, sondern erwartet sich Standards, Mobilitätsvoraussetzungen, erwartet sich gute Qualität, und das schaffen wir nur in einer gemeinsamen Allianz.
Götzke: Herr Rossmann, ein großes Thema, das Schüler, Lehrer, auch Eltern bewegt, ist die Schulsozialarbeit, und unsere Kollegin Afanasia Zwick hat für uns den Schulsozialarbeiter Thomas Knorr in Wiesbach getroffen.
Große Pause. Thomas Knorr steht bereit. Vor dem Lehrerzimmer der Wiesbadener Albert-Schweitzer-Schule wartet er auf Schüler, die etwas auf dem Herzen haben. Der Schulsozialarbeiter sagt, mindestens ein Schüler sucht ihn täglich auf:
"Wir sind für viele Probleme Ansprechpersonen, manchmal auch für häusliche Probleme, gesundheitliche oder Angstsituationen. Das heißt, wir kennen nicht nur den Schüler, wir kennen auch die Persönlichkeit und auch die Familienverhältnisse."
Vom Elternhaus erfahren die Kinder und Jugendlichen meist wenig Unterstützung, sagt Knorr. Doch Schulsozialarbeit findet über alle Schularten hinweg statt: In Berlin beispielsweise sind die meisten Schulsozialarbeiter an Grundschulen tätig; in Niedersachsen hingegen unterstützen sie die Schüler vor allem bei der Berufsorientierung.
Fest steht: Alle Länder stocken seit Jahren die Stellen für Schulsozialarbeiter auf. Aber es mangelt oft an Räumlichkeiten und einer klaren Aufgabentrennung zwischen ihnen und den Lehrkräften. Was ihre Arbeit auszeichnet, sind Zeit und offene Ohren für die Schüler, so Knorr:
"Einmal in der Woche Klassenbetreuungen oder auch Kompetenzfeststellungen, die wir mit den Schülern machen. Das heißt, wir kennen die Fähigkeiten der Schüler, wir wissen aber auch, was ihnen nicht so liegt. Wir können sie also gezielt begleiten in der Praktikums- oder auch Berufsausbildungswahl."
Nadine Bianco wollte Bäckereifachverkäuferin werden. Mithilfe der Schulsozialarbeit hat sie die Ausbildung bekommen.
"Das hat einen halt so abgesichert. Wenn man Fragen hat, kann man die direkt fragen. Die haben es einem auch zehnmal erklärt, wenn man es nicht verstanden hat."
Ihr Chef Volker Schwind ist froh, dass sich Nadine bei ihm beworben hat. Sie sei zuverlässig und freundlich. Viele seiner Mitarbeiter waren keine guten Schüler und haben den Sprung ins Arbeitsleben nur mit Hilfe der Schulsozialarbeit geschafft, sagt er:
"Einer von denen hat sich inzwischen zu meinem Backstubenleiter gemausert. Die jungen Leute befinden sich in so einem Zwischenstadium und da halte ich es schon für wichtig, dass Betrieb und Schule enger zusammenarbeiten- mit den Sozialarbeitern versuche ich regelmäßig Kontakt zu halten, um einfach eine Entwicklung im Voraus zu sehen."
Schulsozialerbeiter seien ein guter Gradmesser für Betriebsleiter, so Schwind. Umso mehr bedauert er es, dass viele nur in Teilzeit und nur etwa zwei Jahre an den örtlichen Schulen beschäftigt sind.
"Wir sind für viele Probleme Ansprechpersonen, manchmal auch für häusliche Probleme, gesundheitliche oder Angstsituationen. Das heißt, wir kennen nicht nur den Schüler, wir kennen auch die Persönlichkeit und auch die Familienverhältnisse."
Vom Elternhaus erfahren die Kinder und Jugendlichen meist wenig Unterstützung, sagt Knorr. Doch Schulsozialarbeit findet über alle Schularten hinweg statt: In Berlin beispielsweise sind die meisten Schulsozialarbeiter an Grundschulen tätig; in Niedersachsen hingegen unterstützen sie die Schüler vor allem bei der Berufsorientierung.
Fest steht: Alle Länder stocken seit Jahren die Stellen für Schulsozialarbeiter auf. Aber es mangelt oft an Räumlichkeiten und einer klaren Aufgabentrennung zwischen ihnen und den Lehrkräften. Was ihre Arbeit auszeichnet, sind Zeit und offene Ohren für die Schüler, so Knorr:
"Einmal in der Woche Klassenbetreuungen oder auch Kompetenzfeststellungen, die wir mit den Schülern machen. Das heißt, wir kennen die Fähigkeiten der Schüler, wir wissen aber auch, was ihnen nicht so liegt. Wir können sie also gezielt begleiten in der Praktikums- oder auch Berufsausbildungswahl."
Nadine Bianco wollte Bäckereifachverkäuferin werden. Mithilfe der Schulsozialarbeit hat sie die Ausbildung bekommen.
"Das hat einen halt so abgesichert. Wenn man Fragen hat, kann man die direkt fragen. Die haben es einem auch zehnmal erklärt, wenn man es nicht verstanden hat."
Ihr Chef Volker Schwind ist froh, dass sich Nadine bei ihm beworben hat. Sie sei zuverlässig und freundlich. Viele seiner Mitarbeiter waren keine guten Schüler und haben den Sprung ins Arbeitsleben nur mit Hilfe der Schulsozialarbeit geschafft, sagt er:
"Einer von denen hat sich inzwischen zu meinem Backstubenleiter gemausert. Die jungen Leute befinden sich in so einem Zwischenstadium und da halte ich es schon für wichtig, dass Betrieb und Schule enger zusammenarbeiten- mit den Sozialarbeitern versuche ich regelmäßig Kontakt zu halten, um einfach eine Entwicklung im Voraus zu sehen."
Schulsozialerbeiter seien ein guter Gradmesser für Betriebsleiter, so Schwind. Umso mehr bedauert er es, dass viele nur in Teilzeit und nur etwa zwei Jahre an den örtlichen Schulen beschäftigt sind.
Götzke: Herr Rossmann, ist das nachhaltig - das ist jetzt eine rhetorische Frage -, wenn man den Sozialarbeitern sagt nach zwei Jahren, sorry, das war's?
Rossmann: Das ist überhaupt nicht nachhaltig, und zum Glück haben wir dort ja eine grundsätzlich neue Weichenstellung seit einiger Zeit vornehmen können. Den Durchbruch haben wir seitens des Bundes mit befördern können, als es damals um das Teilhabepaket ging, wie Kinder aus materiell schlechteren Verhältnissen nach Auflage des Bundesverfassungsgerichts auch in ihren Teilhabechancen gefördert werden sollten. Und dann sollte es Essenszuschüsse geben und Freizeitgutscheine und, und, und. Und Kurt Beck zusammen mit Manuela Schwesig hat durchgesetzt, dass es eben auch ein 500-Millionen-Paket geben sollte zum Ausbau der Schulsozialarbeit, und das war leider befristet. Und wir möchten gern, dass es dort einen neuen Schub gibt.
Götzke: Sie haben es ja schon angedeutet, momentan hängt es ja tatsächlich von den Kommunen, von den Ländern ab, ob es das gibt, wie lange et cetera. Sie wollen das mit reinnehmen sozusagen in die Verantwortung des Bundes und die Finanzierung auch.
Rossmann: Was wir tun können, ist zu sagen, wenn der Bund Geld gibt, dann müsst ihr auch das nachhaltig machen. Das sind die neuen Verabredungen, die wir in einer neuen Schulallianz für bessere Bildung haben wollen. Aber wenn der Bund nur sagt, ihr müsst das machen, aber wir lassen euch mit den Finanzaufwendungen dafür allein, ist die Bereitschaft entsprechend geringer. Das ist das, worauf wir auf den Punkt abzielen mit Martin Schulz und seinen Ideen dazu.
Götzke: Wir haben viel über den Bereich Schule gesprochen, Herr Rossmann. Kommen wir noch mal zum Ende unseres Gespräches zum Thema Duale Ausbildung und Matthias Anbuhl noch mal vom DGB.
Matthias Anbuhl, DGB
"Ein drängendes Problem, das wir sehen, ist die Frage der Ausbildungslosigkeit, und da habe ich eine Frage an die SPD. Mehr als 1,2 Millionen Menschen im Alter von 20 bis 29 Jahren haben keinen Berufsabschluss, sie befinden sich auch nicht in einem Studium, einer Ausbildung oder einer anderen Bildungsmaßnahme. Das heißt, unter dem Strich verlieren wir Jahr für Jahr 120.000 junge Menschen auf dem Weg von der Schule in die Ausbildung. Die Folgen sind dramatisch, häufig Langzeitarbeitslosigkeit oder prekäre Beschäftigung. Welche Maßnahmen will die SPD ergreifen, um dieses Problem anzugehen?"
"Ein drängendes Problem, das wir sehen, ist die Frage der Ausbildungslosigkeit, und da habe ich eine Frage an die SPD. Mehr als 1,2 Millionen Menschen im Alter von 20 bis 29 Jahren haben keinen Berufsabschluss, sie befinden sich auch nicht in einem Studium, einer Ausbildung oder einer anderen Bildungsmaßnahme. Das heißt, unter dem Strich verlieren wir Jahr für Jahr 120.000 junge Menschen auf dem Weg von der Schule in die Ausbildung. Die Folgen sind dramatisch, häufig Langzeitarbeitslosigkeit oder prekäre Beschäftigung. Welche Maßnahmen will die SPD ergreifen, um dieses Problem anzugehen?"
Rossmann: Das eine ist ja ein Instrumentarium, das wir Schritt für Schritt schon mit aufbauen konnten, von Jugendberufsagenturen über ausbildungsbegleitende Hilfen, assistierte Ausbildung, bis hin dann auch zu einer Ausbildungsgarantie, die über entsprechende schulische, vollzeitschulische Ausbildung angeboten wird, wenn der duale Partner nicht zu finden ist. Dies wird man in der Allianz für Aus- und Weiterbildung weiter ausbauen müssen. Ich sage auch ganz direkt, und wenn dann die dualen Partner nicht in der Lage sind, die entsprechenden jungen Leute für ein Ausbildungsverhältnis zu gewinnen, dann muss es außerbetrieblich stattfinden, damit wir jedem ein qualitativ sehr gutes Angebot machen können. Und da gibt es ja auch verschiedene Kombinationen.
Es gibt auch neue Ansätze. Vielleicht sind sie noch nicht so weit durchgedrungen, aber gerade für diejenigen, die keine abgeschlossene Berufsausbildung bis zum 25. Lebensjahr haben, öffnen wir dieses Jahr, dass auch das Förderinstrumentarium weitergehen kann, wenn man auch älter ist. Es gibt da ja sogar Prämien, dass diejenigen, die in einem höheren Alter eine Zwischenprüfung, eine Abschlussprüfung ablegen, dafür auch materiell belohnt werden, um den Anreiz zu verstärken.
Ich glaube, in dieser Breite haben wir schon viele gute Wege, vor allen Dingen auch, wenn es dann eine konzentrierte Begleitung gibt durch Ausbildungsbegleiter bei den jungen Menschen, die nicht von sich aus so an der Ausbildung dranbleiben können.
Aber das schließt dann auch zusätzliches Geld mit ein, was von letztlich auch den Sozialpartnern über die Arbeitslosenversicherung, die jetzt eine Arbeitsversicherung werden soll, mit bereitgestellt wird, dass die dualen Partner, der Wirtschaftspartner bereitstellen muss.
Wenn das Bewusstsein wächst, dass wir mit den 1,5 Millionen - jetzt sind es ja nur noch 1,2 Millionen zum Glück - ein Potenzial an Menschen haben, die es auch am Ende mit entsprechender Förderung in einen beruflichen Abschluss hineinbringen können, dann werden sich alle mehr anstrengen, und dann muss sich auch der Staat mehr anstrengen, und das heißt, den dualen Partnerbetrieb und den dualen Ergänzungspartner Berufsschule so stark machen und ergänzen und auch außerbetriebliche entsprechende Unterstützungsinstitution.
Götzke: Und damit sind wir am Ende unseres Gesprächs. Die Parteien zur Bildung, heute SPD, heute mit Ernst-Dieter Rossmann, Bildungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Ich danke Ihnen ganz herzlich!
Rossmann: Vielen Dank, alles Gute!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.