Nolte, Professor für Neuere Geschichte an der Freien Universität Berlin, erinnerte an die Zeit vor der Agenda 2010. Damals habe ein mindestens ebenso rauer Ton geherrscht wie heute, so der Historiker im Deutschlandfunk. Die "Sozis", wie es damals hieß, und die "Schwarzen" hätten sich nichts geschenkt. Seit einem guten Jahrzehnt könne man aber Züge einer "Hyper-großen Koalition" beobachten: Die Parteien hätten sich in die Mitte bewegt, neben den Unionsparteien und der SPD seien immer wieder auch Grüne und Linke einbezogen worden. Da sei es für viele Menschen schwierig, nachzuvollziehen, was sich politisch vollziehe.
Diffuse Haltung der Ängste und des Verdachts
Inzwischen spielten sich politische Auseinandersetzungen seltener zwischen den Parteien ab, sondern innerhalb von ihnen: "Die SPD ist sich nicht einig, wie es in der Flüchtlingspolitik weitergeht, die CDU auch nicht." Populismus sei aber keinesfalls die Lösung, betonte Nolte: "In dem, was wir jetzt erleben, geht es gar nicht darum, dass bestimmte politische Positionen besetzt werden. Es geht um eine diffuse Haltung der Ängste und des Verdachts und des Misstrauens." Ein solcher Populismus, der in der Falle der Angst sitze, sei gefährlich und nicht notwendig.
Es gebe einen Verdacht, von den Eliten nicht verstanden zu werden, so Nolte. Dabei lasse man es allerdings gar nicht erst darauf ankommen, mit den Menschen, die sich politisch engagierten, ins Gespräch zu kommen. "Meine Befürchtung ist, dass sich die Ängste und das Misstrauen gegen die Elite schon so tief eingefressen haben, dass das Problem eines Verstandenwerdens gar nicht mehr zur Debatte steht."
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