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Parteiprogramme zur Bundestagswahl
Wen die Wahl reicher oder ärmer machen könnte

Bei der Bundestagswahl am 26. September geht es auch ums finanzielle Eingemachte. Volkswirte haben errechnet, welche Bevölkerungsgruppen von den Wahlprogrammen der Parteien profitieren könnten.

Von Sebastian Engelbrecht |
Volkswirte haben die Auswirkungen der Parteiprogramme aufs Portemonnaie errechnet
Volkswirte haben die Auswirkungen der Parteiprogramme aufs Portemonnaie errechnet (IMAGO / Kirchner-Media)
Drei Volkswirte vom Leibniz-Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim haben es gewagt. Sie rechneten die trockenen Paragraphen der Parteiprogramme in konkrete Zahlen um. Sie versuchten, eine Antwort auf die Frage zu geben: Was habe ich im Portemonnaie, je nach dem, welche Partei regiert?

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Florian Buhlmann gehört zu den drei Volkswirten, die bei ihren Berechnungen mit der "Süddeutschen Zeitung" kooperierten: "Einmal haben wir uns die Wahlprogramme angeschaut, und zwar im Hinblick eben auf Steuerpolitik, Sozialversicherungsbeiträge und Familienpolitik, also alles, was im Prinzip die privaten Haushalte betrifft."

Unterschiede zwischen den Parteien

Das Ergebnis lässt sich kurz zusammenfassen: Grüne und SPD wollen Haushalte mit schwachen und mittleren Einkommen entlasten. Ein Paar etwa, das 40.000 Euro im Jahr verdient und zwei Kinder hat, hätte 3000 bis 4000 Euro mehr in der Geldbörse als jetzt. Besserverdienende Haushalte mit mehr als 150.000 Euro Jahreseinkommen dagegen würden von den Mitte-links-Parteien stärker belastet. Die wichtigsten Faktoren für die Berechnung sind die Steuerpläne der Parteien, zudem Größen wie Minijobs, Kindergeld und die Kindergrundsicherung.
"Ansonsten fällt auf bei FDP und Union, dass höhere Einkommen stärker entlastet werden mit den von uns berechneten Vorschlägen aus den Parteiprogrammen", sagt Buhlmann.
Die Union will den Solidaritätszuschlag für alle streichen. Der Spitzensteuersatz soll erst bei höheren Einkommen greifen. Zudem sollen Gewinne von Unternehmen niedriger besteuert werden. Grundsätzlich gilt bei den Programmen von CDU und FDP: Je mehr ein Haushalt verdient, desto größer wäre der Betrag, den er künftig mehr bekommt. Bei der SPD, den Grünen und bei den Linken verhält es sich genau umgekehrt: Je ärmer ein Haushalt ist, desto größer das finanzielle Plus.

Besteuerung von Topverdienern

Wie aber wollen die Parteien den Geldsegen nach den Wahlen finanzieren – bei Rekorden in der Neuverschuldung, die wegen der Pandemie ohnehin zu Buche schlagen?
SPD und Grüne wollen Topverdiener finanziell stärker belasten. Der Linken schwebt gar ein Spitzensteuersatz von 75 Prozent vor – und eine Vermögenssteuer von fünf Prozent. CDU und FDP würden der Studie des Leibniz-Zentrums für europäische Wirtschaftsforschung zufolge eine zusätzliche Verschuldung des Staates in Kauf nehmen, um die Entlastung der Bürgerinnen und Bürger zu finanzieren.
Buhlmann: "Das liegt einfach daran, dass CDU und FDP die Steuern nur senken, so zumindest die Einkommensteuer und durch die Soli-Abschaffung, aber halt keine Gegenfinanzierung in dem Sinne haben, dass sie halt für manche auch die Steuern erhöhen, was eben SPD und Grüne und auch Linke in ihren Programmen haben."
Politiker der bürgerlichen Parteien argumentieren anders: Die Entlastung von Unternehmern und Haushalten mit höheren Einkommen dient aus ihrer Sicht vor allem dazu, das Wachstum anzukurbeln und damit indirekt die Steuereinnahmen des Staates zu erhöhen.