Jürgen Zurheide: Die AfD hat im Wahlkampf Geld aus dem Ausland bekommen und zum Teil auch mindestens genutzt. Nach längerer Zeit wurde es dann allerdings zurücküberwiesen. Inzwischen ermittelt – wir wissen das alle – die Staatsanwaltschaft. Die Spendernamen sind unklar oder, muss man sagen, sind unklar gewesen, denn jetzt gibt es Namen, zumindest bei der Bundestagsverwaltung sind sie durch die AfD hinterlegt worden. Über all das wollen wir reden mit Britta Haßelmann, für die Grünen im Bundestag. Erst einmal guten Morgen, Frau Haßelmann!
Britta Haßelmann: Guten Morgen, Herr Zurheide!
"Das stinkt aus meiner Sicht wirklich zum Himmel"
Zurheide: Was ist denn davon gesichert, was wir da gehört haben? Haben Sie das auch nur gehört oder wissen Sie, dass die AfD Namen hinterlegt hat?
Haßelmann: Also ich habe davon auch gehört. Im Bundestag selbst sind wir natürlich damit erst mal nicht befasst, weil es nicht unsere Aufgabe ist, diese Prüfung vorzunehmen, sondern die des Bundespräsidenten, aber wir hören ja seit Monaten immer wieder einzelne Sachen, einzelne Vorwürfe auch illegaler Parteienfinanzierung stehen im Raum. Parteienfinanzierung und Verstöße gegen diese Parteienfinanzierung sind keine Lappalie, und deshalb sage ich ganz klar, es muss Schluss sein mit dieser Verschleierung. Diese Parteispenden, dieser Parteispendensumpf, der wird irgendwie auch immer abstruser bei der AfD.
Jetzt tauchen plötzlich 14 Einzelspender auf. Im November war es noch so, dass die Version aus AfD und aus dieser Schweizer Pharmafirma war, es gibt nur einen einzigen Großspender für diese Spende an Alice Weidel – namentlich war sie ja die Begünstigte – und den Kreisverband am Bodensee, und dieser Spender will nicht genannt werden. Er hat seine Spende gestückelt in 16 oder 18 Einzelspenden, 132.000 Schweizer Franken, aber er will nicht genannt werden.
Jetzt plötzlich soll es 14 Einzelspender geben, alle natürlich aus europäischen Ländern und aus Deutschland, um wahrscheinlich öffentlich glauben zu machen, damit wäre eine Spende nicht mehr verboten. Spenden aus dem Nicht-EU-Ausland sind ja verboten, und das klingt alles wirklich doch sehr abstrus. Dem wird man jetzt nachgehen auf der Ebene derer, die das prüfen, nämlich des Bundestagspräsidium und die Bundestagsverwaltung. Ich habe gestern gehört, dass die Staatsanwaltschaft Konstanz auch prüft. Also das wirkt alles - das stinkt aus meiner Sicht auch wirklich zum Himmel.
"Parteispendenverstöße sind keine Lappalie"
Zurheide: Was erwarten Sie konkret von der Bundestagsverwaltung, was ist wichtig?
Haßelmann: Die Bundestagsverwaltung als diejenigen, die zuständig sind für die Prüfung, muss natürlich diesen Fragen auch nachgehen. Diese Spenderlisten werden geprüft werden müssen. Es tauchte ja gestern auch die Vermutung auf, dass plötzlich auch der Zusammenhang mit diesem Verein, diese dubiose Vereinsfinanzierung steht ja schon lange in Rede, dass da die Listen und die Namensvorschläge ähnliche sind. Als ich gestern gehört habe, dass die Staatsanwaltschaft Konstanz dem nun auch nachgeht, glaube ich, das ist auch absolut notwendig in dieser Sache.
Also es stinkt zum Himmel. Parteispendenverstöße sind keine Lappalie, sondern Verstöße gegen Recht und Ordnung. Wir sind seit Langem hinterher, was da bei der AfD los ist in Sachen Parteispendensumpf, denn diese Vermischung und Vermengung zu diesem Unterstützungsklub und auch zu der Goal AG haben wir hier auch in Nordrhein-Westfalen in Bezug auf einen Abgeordneten oder einen Kandidaten jetzt für die Europawahl gesehen, und hier muss endlich Licht ins Dunkel, es muss Schluss sein mit der Verschleierung.
"Verzerrung im Ringen um Wähler"
Zurheide: Jetzt könnte man natürlich sagen, Sie als politischer Gegner sind einigermaßen schadenfroh, dass gerade bei der AfD sowas passiert, die sonst immer sich wie Saubermänner oder Sauberfrauen geriert. Wie schadenfroh sind Sie?
Haßelmann: Mir geht es da um Parteispenden, und die Akzeptanz von demokratischen Parteien hängt maßgeblich davon ab, dass wir transparent, dass wir darlegen, wie wir mit Dingen umgehen. Wir kriegen alle als Parteien eine staatliche Teilfinanzierung, und deshalb ist es aus zwei Gesichtspunkten ganz besonders bedeutend, dass hier viel Transparenz besteht und dass man sich an klare Regeln hält und Gesetze, denn wir genießen alle das Privileg, die staatliche Teilfinanzierung zu erhalten, und wir brauchen natürlich als Parteien auch die Akzeptanz für unsere Arbeit der Bürgerinnen und Bürger, und das Vertrauen darin wird massiv erschüttert durch solche Parteispendenaffären, wie sie jetzt hier bei der AfD auf dem Tisch liegen. Außerdem verzerrt es natürlich das Ringen um Wählerinnen und Wähler in Wahlkämpfen ganz massiv, und auch deshalb muss hier eine klare Prüfung rein, müssen alle Karten auf den Tisch vonseiten der AfD. Es ist wirklich also mies, wie jetzt im Moment die AfD immer versucht so zu tun, als haben sie nichts damit zu tun, als gäbe es keine Verquickung zwischen dieser dubiosen Vereinsfinanzierung und anderer Fragen, und deshalb ist klar, hier muss Schluss sein mit der Verschleierung.
"Es geht um das Vertrauen in die Demokratie"
Zurheide: Jetzt könnte man auf der anderen Seite, die Wählerinnen und Wähler der AfD scheint das eher weniger zu stören, denn die Umfragen deuten nicht darauf hin, dass die da möglicherweise betroffen sind, genauso wenig wie die Ermittlungen des Verfassungsschutzes oder die Vorermittlungen des Verfassungsschutzes, oder ist meine These falsch?
Haßelmann: Also was die Wählerinnen und Wähler der AfD oder manche von denen vermuten oder nicht, interessiert mich an der Stelle nicht. Wir haben uns alle an geltendes Recht und Gesetz zu halten. Hier scheinen massive Parteirechtsverstöße vorzuliegen gegen das Parteiengesetz, und wie gesagt, das ist keine Lappalie. Darum geht es zum einen, zum anderen geht es auch um das Vertrauen in die Demokratie und die gleiche Ausgangsposition von Parteien im Wettstreit um Wählerinnen und Wähler, und wenn das massiv verzerrt wird durch illegale Parteienfinanzierung, die hier im Raum steht, in Rede steht, dann muss das aufgeklärt werden.
Dazu gibt es klare Regeln, und dazu ist sozusagen die Bundestagsverwaltung und der Bundestagspräsident auf der Ebene des Bundestages verantwortlich, und auf anderer Seite dann Staatsanwaltschaften, wie das ja jetzt zum Beispiel anscheinend in Konstanz stattfindet.
Sichere Herkunftsstaaten: "Kein Instrument, was wirklich haltbar ist"
Zurheide: Dem wird ja niemand widersprechen, aber wenn ich, sage mal, politisch debattieren will, frage ich mich schon, die Debatte über sichere Herkunftsländer, die ja gerade auch in Ihrer Partei durchaus kontrovers, wie wir heute Morgen schon gehört haben, geführt wird, ist das nicht wieder Wahlkampfhilfe für die AfD und am Ende für die Wähler der AfD wichtiger als das, was wir hier haben, oder ist da auch meine Wahrnehmung falsch?
Haßelmann: Für mich geht hier an der Stelle um zwei völlig unterschiedliche Vorgänge. Das eine sind die Grundlagen der Parteienfinanzierung in unserer Demokratie, und die ist bedeutend und relevant, und Parteirechtsverstöße müssen geahndet werden. Das Zweite, die Frage der sicheren Herkunftsstaaten beschäftigt uns ja schon seit vielen Jahren. Wir glauben als Bundestagsfraktion und in der Mehrheit der Grünen, dass das kein Instrument ist, was wirklich haltbar ist an dieser Stelle für die genannten Länder.
Zurheide: Also sehen Sie das auch anders …
Haßelmann: Die Debatte haben wir gestern geführt. Wir sehen das anders als unser Land in Baden-Württemberg oder einzelne Grüne. In der breiten Mehrheit unserer Grünen haben wir hier für Ablehnung votiert. Das tun viele Grüne-regierte Bundesländer, und auch wir als Bundestagsfraktion haben gestern im Bundestag diesen Gesetzentwurf klar abgelehnt.
Zurheide: Also wir haben nur noch wenig Zeit. Das heißt klar, dass wenn die Baden-Württemberger eventuell zustimmen, ist das eine einzelne grüne Meinung.
Haßelmann: Ich weiß noch nicht, wie die grünen Länder insgesamt, die regierungsbeteiligt sind, sich verhalten werden. Mein Diskussions- und Informationsstand ist der, dass in der Mehrheit eine Ablehnung erfolgt von vielen, aber das wird in den Kabinetten jeweils in den Bundesländern zu diskutieren sein. Die breite Mehrheit der Grünen lehnt dieses Instrument der sicheren Herkunftsstaaten ab.
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