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Parteitag
Britische Liberaldemokraten kämpfen um Stimmen

In Großbritannien kam es 2010 zu einer ungewöhnlichen Koalition aus den Konservativen und den bis dahin ewig oppositionellen Liberaldemokraten (LibDems). Der Wahltriumpf war nur von kurzer Dauer. LibDems-Chef Nick Clegg wird den Delegierten auf dem Parteitag heute Mut machen müssen - für die nächsten Wahlen im Mai 2015.

Von Jochen Spengler |
    Nick Clegg von den britischen Liberaldemokraten.
    Nick Clegg von den britischen Liberaldemokraten. (picture alliance / dpa - Andy Rain)
    Der Wahltriumpf 2010 war nur von kurzer Dauer für die Liberaldemokraten, die unter anderem die Abschaffung der Studiengebühren versprochen hatten. Denn ihre Stammwähler nahmen übel, dass Parteichef Nick Clegg nicht mit der linken Labour-Party koalierte, was er wegen fehlender Mehrheiten nicht konnte, sondern mit den verhassten Tories. Der zweite Schock folgte wenig später: Die Studiengebühren wurden verdreifacht und die LibDems stürzten in der Wählergunst ab - von 23 auf heute sieben Prozent.
    "Das wird der Kampf unseres Lebens, wieder einmal sind wir die Underdogs: abgeschrieben, abgewiesen, abgetan damit, dass es auf uns nicht ankommt. Wir haben das alles schon früher gehört und wir haben schon früher die Voraussagen Lügen gestraft und werden es wieder tun."
    Doch danach sieht es momentan nicht aus. Die rechtspopulistische UKIP unter ihrem stets mit Bier posierenden Chef Nigel Farage ist inzwischen Großbritanniens Protestpartei. Und Vizepremier Cleggs Rating liegt so niedrig wie die Zahl der Erstwähler, die sich heute für die Liberalen entscheiden würden. Ihre großen Ziele - ob Abschaffung des Mehrheitswahlsystems oder Reform des Oberhauses - hat die Partei nicht durchgesetzt und was sie durchdrückte, heften sich die Tories ans Revers: ob Umweltschutz, Lehrstellen oder die Steuerbefreiung für Geringverdiener.
    Abgrenzung von den Tories
    Also lautet die Strategie für die verbleibenden sieben Monate: Abgrenzung von den Tories. Nach deren Rechtsruck letzte Woche zeichnet Nick Clegg das Schreckensbild eines allein regierenden Koalitionspartners:
    "Eine Tory-Führung, verpfändet an den rechten Flügel, verzweifelt dem hässlichen Nationalismus von UKIP hinterherlaufend, ein Premierminister, gefangen darin entweder eine Margaret Thatcher für Arme oder ein Nigel Farage für Reiche zu sein."
    Ziel: starke Wirtschaft und faire Gesellschaft
    Eine faire und sozial gerechte Gesellschaft sei von den Konservativen nicht zu erwarten; umgekehrt werde die Labour-Partei, die unter Ed Miliband nach links gerückt ist, die wirtschaftliche Erholung aufs Spiel setzen. Gegenüber beiden Großen versuchen, sich die LibDems als Kraft der Mitte zu positionieren, als Partei für EU und Einwanderung, als Partei, die sowohl eine stärkere Wirtschaft als auch eine fairere Gesellschaft garantiere. Wirtschaftsminister Vince Cable:
    "Die Tories erfinden sich neu als UK Independence Party aber ohne das Bier. Labour stellt uns französischen Sozialismus in Aussicht, aber ohne Sex."
    Trotzdem gute Chancen auf Regierungsbeteiligung
    Trotz des Umfrageeinbruchs, stehen die Chancen, dass die LibDems - in welcher Koalition auch immer - weiter mitregieren, nicht schlecht. Was zum einen daran liegt, dass weder Tories noch Labour mit einer absoluten Mehrheit rechnen können.
    Und zum Zweiten ausgerechnet am von den Liberalen so vehement wie vergeblich bekämpften Mehrheitswahlrecht. Das nämlich ermöglicht es ihnen, sich ausschließlich auf jene Wahlkreise zu konzentrieren, wo sie traditionell stark sind. Und da UKIP auch dort den Konservativen etliche Wählerstimmen abjagen dürfte, könnte es für die Liberalen am Ende zu einigen Dutzend Abgeordnetenmandaten reichen.