Bei der Wahl des Berliner Abgeordnetenhauses schaffte die Piratenpartei 2011 erstmals den Sprung in ein deutsches Parlament. Mit dem Einzug in den Landtag des Saarlands, von Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen erlebten die Piraten 2012 gar ungeahnte Höhenflüge. Doch nun nach dem enttäuschenden Abschneiden bei der Bundestagswahl im Herbst geht es bei dem zweitägigen Parteitag in Bremen ums politische Überleben. Gesucht wird eine neue Führung: Bis auf zwei Mitglieder tritt die alte Piraten-Spitze nicht mehr an. Parteivorsitzende Bernd Schlömer verabschiedet sich nach anderthalb Jahren aus dem Amt. Genauso wie die politische Geschäftsführerin Katharina Nocun. Sie will sich nach knapp sechs Monaten im Bundesvorstand vor allem Job und Studium widmen.
Diskussion über Parteireform
Wer die Piraten aus ihrem anhaltenden Tief befreien soll, ist allerdings offen. Neun Piraten bewerben sich um Schlömers Nachfolge. Für den Vizeposten gibt es elf Bewerber, und vier Piraten stünden für die Nachfolge Nocuns bereit. Als aussichtsreiche Kandidaten für den Vorsitz werden Stefan Körner aus Bayern sowie Christiane Schinkel aus Berlin und Thorsten Wirth aus Hessen genannt.
Nocun: Keinen einzigen "Shitstorm" erlebt
Neben den Personalentscheidungen am Samstag wollen die Piraten am Sonntag auch eine Reform der Partei diskutieren und die Europawahlen 2014 vorbereiten. Katharina Nocun trat der immer wieder geäußerten Kritik, in der basisdemokratischen Partei würden die Vorstände durch ständige Anfeindungen förmlich zerrieben, entgegen. Bis zum Ende ihrer Amtszeit habe sie keinen einzigen "Shitstorm" erlebt. Der Paradigmenwechsel im Umgang miteinander sei längst passiert, die Piraten seien zur Ruhe gekommen und liefen "auf ruhige Gewässer der konstruktiven politischen Arbeit zu".
Europawahl im Blick
Die Hoffnungen vieler Spitzen-Piraten richten sich auf die Europawahl im Mai. Im Gegensatz zur Bundestagswahl gilt für das Parlament in Brüssel nur eine Dreiprozenthürde. Nocun glaubt, dass diese Hürde zu nehmen sei: Die EU werde von vielen Bürgern derzeit weniger als "Zentrum für Demokratie denn für Lobbyismus" wahrgenommen, sagte sie der Nachrichtenagentur AFP. In einer solchen Stimmungslage hätten die Piraten mit ihrem Einsatz gegen die gerade von der Großen Koalition beschlossene Vorratsdatenspeicherung sowie ihrem Engagement für Bürgerrechte, Mitbestimmung und Transparenz durchaus eine Chance. Die erwarteten 1000 Mitglieder sollen deshalb auch schon mal über einige Anträge für das Europa-Wahlprogramm beraten. Ob es dazu kommt oder die Debatte auf den nächsten Parteitag Anfang Januar in Bochum vertagt wird, ist allerdings offen.