Die USA, ein Land im Krisenmodus: Fünf Millionen Corona-Infizierte, mittlerweile 177.000 Tote. Eine Wirtschaftskrise mit demnächst vielen weiteren hunderttausend Obdachlosen. Anhaltende Polizeigewalt. Und soziale Unruhen im Zeichen des allgegenwärtigen Rassismus. Das wäre Stoff genug für jeden Parteitag, um nach Konzepten zu fragen, um darüber zu streiten, welche Antworten angemessen sind und welche Strategien so einem riesigen Land heraushelfen könnten.
Anders bei den Republikanern: Ihr virtueller Parteitag hat auch an diesem dritten Tag keine Antworten gefunden – er hat inmitten der multiplen Krisenlage noch nicht einmal Fragen gestellt. Es blieb bei der Parole der Selbstvergewisserung: Four more years. Vier weitere Jahre für Donald Trump. Und: auf keinen Fall die Demokraten. Sonst werden noch alle Städte in den USA vom gewalttätigen Mob überrannt.
Sicherheit für die Polizeikräfte
Die Gouverneurin von South Dakota sagte das, Kristi Noem. Die Gouverneurin, die sich in der Coronakrise weigerte, irgendwelche Auflagen zu verordnen, sei es Abstandsregeln oder Maskenpflicht. Kristi Noem war Vorkämpferin des Trump‘schen Credos: Öffnung der Wirtschaft vor Infektionsschutz.
Auch mit Blick auf die demokratische Herausforderung vertritt Kristi Noem Radikalpositionen: Noem behauptete allen Ernstes, dass inmitten des Chaos, der Plünderungen, des Mordens und Brandschatzens auf den Straßen schon alle geflohen seien, die aus den Städten fliehen konnten.
Das Thema Sicherheit definieren die Republikaner als: Sicherheit für die Polizeikräfte. Kein Wort darüber, dass die Polizeikräfte immer wieder zur Gefahr für die Bürger werden – besonders für Afroamerikaner. Am Sonntag schoss ein weißer Polizist einem schwarzen Familienvater vor den Augen seiner Kinder unter bisher nicht ganz geklärten Umständen siebenmal aus nächster Nähe in den Rücken – daraufhin kam es dort, in Kenosha/Wisconsin, zu Unruhen. Ein 17-jähriges Mitglied einer weißen Miliz erschoss in der Nacht zum Mittwoch zwei Black-Lives-Matter-Demonstranten und verletzte einen dritten schwer.
Michael McHale, der Präsident der Nationalen Vereinigung der Polizeiorganisationen, fand auf dem Parteitag der Republikaner kein Wort des Bedauerns. Stattdessen erklärte er, dass die Gewalt des linken Mob kein Zufall sei: Sie sei das Ergebnis der Weigerung, den Sicherheitskräften den Schutz der Gemeinden zu ermöglichen.
Hurrikan "Laura" droht im Süden
Auch Mike Pence, der Vizepräsident, der an diesem Abend zu Wort kam, stieß in dieses Horn: Die Gewalt muss aufhören. Aber wie? Das sagte er nicht.
Doch in Wisconsin war das ein Thema. Der Generalstaatsanwalt dieses Bundesstaates, Joshua Kaul, ein freundlicher, etwas rundlicher Herr, sagte: Die Gesellschaft ist gespalten. Für die Politiker ist es ein Leichtes, die Polarisierung immer weiter voranzutreiben – aber wir müssen in unseren Gemeinden dann mit den Folgen umgehen.
Als Mike Pence das Rednerpult im Fort McHenry in Baltimore/Maryland betrat, raste gerade Hunderte Meilen weiter südlich der Hurrikan "Laura" auf die US-Küste zu. Seine Gedanken seien bei den Familien in den betroffenen Bundesstaaten Texas und Louisiana, sagte Mike Pence.
Hurrikan Laura werde bei seinem Auftreffen auf dem Festland stärker sein als Hurrikan Katrina im Jahr 2005, hieß es in Prognosen.