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Parteitag in Augsburg
AfD will Rentenkonzept im kommenden Jahr vorlegen

Bei der Rentenpolitik klafft weiter eine programmatische Lücke bei der AfD. "Wir wissen nicht, wie die Zukunft des Rentensystems aussehen wird", sagte Georg Pazderski, stellvertretender Bundessprecher, im Dlf. Es sei besser, hier keinen Schnellschuss zu machen.

Georg Pazderski im Gespräch mit Sandra Schulz |
    Georg Pazderski, Landesvorsitzender der AfD Berlin
    AfD-Bundessprecher Pazderski: "Rentenkonzept ist sehr brüchig" (dpa-Bildfunk / Hauke-Christian Dittrich)
    Sandra Schulz: Dass die EU sich in dieser Woche so deutlich bewegt hat, das sehen in der CDU viele als politischen Verhandlungserfolg ihrer Parteichefin, von Bundeskanzlerin Merkel. Gleichzeitig will sich die CSU als treibende Kraft präsentieren, und den gleichen Anspruch erhebt auch die AfD für sich. Die Partei trifft sich heute in Augsburg zum Parteitag. Mitgehört hat der stellvertretende Parteichef Georg Pazderski in Berlin, auch AfD-Chef. Wie es unsere Art ist, fragen wir anlässlich von Parteitagen gerne nach den strittigen Themen, die eine Partei beschäftigen. Warum hat die AfD noch kein Rentenkonzept?
    Georg Pazderski: Ja, die AfD ist natürlich eine junge Partei, und wenn ein Rentenkonzept einfach wäre, hätten die anderen Parteien ja auch eins. Also wir sind gerade in der Phase, wo wir tatsächlich jetzt Ideen und Informationen austauschen, es sind mehrere Konzepte mit unterschiedlichen Ausrichtungen vorgelegt worden, und wir sind jetzt in der Phase, wo wir uns damit intensiv beschäftigen. Und ich fest davon aus, dass wir im nächsten Jahr tatsächlich auch etwas vorlegen können, und zwar etwas Zukunftsweisendes. Das ist unsere Absicht.
    Schulz: Ja, diese Herangehensweise, jetzt zu sagen bei einem Thema wie dem Rententhema, das perspektivisch ja jeden Menschen im Land betrifft, würden Sie das der Bundesregierung auch durchgehen lassen, zu sagen: Ja, Flüchtlingsthema ist für viele interessant, wir legen im nächsten Jahr einen Lösungsvorschlag vor.
    Pazderski: Ja, sehen Sie, die Bundesregierung regiert ja dieses Land, und die Bundesregierung hat Vorschläge zu machen. Die AfD scheut sich nicht davor, auch hier Vorschläge zu machen, aber Sie wissen, dass gerade das Rentenkonzept beziehungsweise alles, was sich mit der Rente befasst, im Moment sehr brüchig ist. Und wir wissen nicht, wie die Zukunft dieses Rentensystems aussehen wird, und deshalb denke ich, dass es besser ist, hier keinen Schnellschuss zu machen, sondern hier wirklich intensiv zu diskutieren, auch festzustellen, ob das, was man vorschlägt, auch finanzierbar ist. Und da ist die AfD seriös und versucht auch hier, einen Vorschlag zu machen, der tatsächlich auch nicht eine Halbwertzeit von einigen Jahren hat, sondern lange Zeit tatsächlich auch durchgeführt werden kann.
    "Wir können uns keine Konzeptlücken leisten"
    Schulz: Ja, wir haben aber auch die Stimme vom Brandenburger Landeschef, von Herrn Kalbitz, der sagt, er kann dieses Gerede von der jungen Partei nicht mehr hören. Er sagt, eine Partei, die Oppositionsführer ist im Bundestag, die kann sich solche Konzeptlücken nicht leisten. Was ist Ihre Antwort?
    Pazderski: Da sage ich, hat er vollkommen recht, natürlich können wir uns keine Konzeptlücken leisten. Das bedeutet ja, dass wir aber tatsächlich daran arbeiten. Und wissen Sie, auch mit dem Einzug in den Bundestag haben wir natürlich auch den großen Vorteil, dass wir mittlerweile auch über Ressourcen verfügen, auf den Wissenschaftlichen Dienst zurückgreifen können, auf andere Ressourcen zurückgreifen können, das spielt natürlich auch eine Rolle. Und wir werden uns sicherlich damit intensiv befassen, und wir werden sicherlich nächstes Jahr auch ein Konzept vorlegen.
    Schulz: So, und im Moment ist der Stand der, dass es zwei prominentere Vorschläge gibt, die in der Diskussion stehen. Es gibt den Vorschlag des Thüringers Björn Höcke, der schlägt die Erhöhung des Rentenniveaus auf 50 Prozent vor, und Ihr Parteichef Meuthen, der sich nachher ja auch mit seinen Ideen äußern wird, der will künftig nur noch die unterstützen, die sich nicht selbst helfen können. Das sind ja nun Positionen, die gegensätzlich nicht sein könnten. Wie sollen da jetzt die Verhandlungen oder Gespräche über einen Kompromiss, einen Mittelweg laufen?
    Pazderski: Die AfD hat einen ganz klaren Prozess. Wir haben Bundesfachausschüsse, die sich mit diesem Thema beschäftigen, wir haben eine Bundesprogrammkommission, die sich mit diesem Thema beschäftigt, und da werden sicherlich die Konzepte vorgestellt, die Vor- und Nachteile werden abgewogen, und letzten Endes kommt es darauf an: Was können wir finanzieren? Wir müssen natürlich auch darüber nachdenken, dass so ein Konzept einfach auch eine lange Dauer haben muss. Es kann nicht sein, dass wir heute und morgen darüber reden und vielleicht in fünf Jahren schon wieder. Also von daher kann ich nur sagen, wir müssen seriös rangehen, wir müssen vor allen Dingen auch das ganze Problem in der Tiefe bearbeiten, und das wird in den Fachausschüssen passieren und auch in der Bundesprogrammkommission.
    Schulz: Also verstehe ich Sie da richtig, was Björn Höcke vorschlägt, eine Erhöhung des Rentenniveaus auf 50 Prozent, das ist eigentlich unseriös?
    Pazderski: Nein, das habe ich nicht gesagt, ich hab gesagt, das ist ein Vorschlag. Man muss die Vorschläge gegeneinander abwägen, und dann muss man die Vor- und Nachteile herausstellen, die Finanzierbarkeit muss man überprüfen, und dann wird sicherlich auch ein tragfähiges Rentenkonzept dabei rauskommen.
    Keine Versprechungen zur Rente
    Schulz: Wir wissen schon lange um den demografischen Wandel im Land. Wir haben im Moment ein Rentenniveau von 48 Prozent, Experten gehen davon aus, dass es absinken wird bis 2030 auf 43 Prozent. Wie soll es denn finanziert werden?
    Pazderski: Ja, genau dadrüber machen wir uns ja Gedanken, und da werden wir drüber reden und da werden wir uns auch miteinander auseinandersetzen. Das ist genau die Diskussion, die wir jetzt führen. Und da will ich auch gar keine, irgendwelche Versprechungen machen, wie hoch die Rente sein wird, sondern es geht darum, jetzt tatsächlich ein solides Konzept auf die Beine zu stellen, das auch tatsächlich dann tragfähig ist, und zwar über die nächsten Jahre tragfähig ist.
    Schulz: Herr Pazderski, das klingt jetzt so, als komme es vollkommen überraschend, dass die AfD sich zum Thema Rente äußern muss. Björn Höcke, der hat ja auch einen Vorschlag schon gemacht zur Finanzierbarkeit, diesen sogenannten Staatsbürgerschaftsaufschlag. Ist das eine glückliche Idee?
    Pazderski: Das wird sich in den Diskussionen zeigen, ob das auch durchhaltbar ist. Wir werden das sehen. Letzten Endes ist es ja so: Die Vorschläge müssen wir ausarbeiten, und dann werden die Vorschläge dem Bundesparteitag vorgelegt, und der wird darüber entscheiden.
    Schulz: Was ist denn Ihre Meinung?
    Pazderski: Ich gehe davon aus, wir werden … Ja, ich sage, wir müssen alle Faktoren berücksichtigen, ob das möglicherweise eine Lösung ist, kann ich derzeit nicht sagen. Es wird sicherlich tief und ernsthaft diskutiert werden, aber letzten Endes wird sich wie überall auch bei der AfD der Pragmatismus durchsetzen.
    "Parteinahe Stiftung wichtig für AfD"
    Schulz: Da würde ich gern jetzt noch aufs zweite Thema schauen, das diesen Parteitag ja mitbestimmt, oder den Konflikt, der das Treffen mitbestimmt, nämlich den Konflikt über die Zusammenarbeit mit parteinahen Stiftungen. Sollte die AfD das tun?
    Pazderski: Ich denke, es ist wichtig, dass die AfD eine parteinahe Stiftung hat. Und dabei geht es mir gar nicht so sehr um die staatlichen Gelder, sondern es geht mir dadrum, dass eine parteinahe Stiftung eigentlich ganz, ganz wichtige Aufgaben übernimmt, beispielsweise die Ausbildung der kommunalen Mandatsträger, beispielsweise politische Bildung, beispielsweise die Vergabe von Stipendien und, und, und. Also eine ganze Menge von Aufgaben, die wichtig sind, und ich denke, dafür ist eine Stiftung auch gedacht. Ich gehe davon aus, dass die staatliche Teilfinanzierung oder die Parteienfinanzierung, die wir kriegen, also für die Stiftung, die ja derzeit 560 Millionen Euro beträgt, also in den nächsten Jahren wahrscheinlich nicht greifen wird bei der AfD. Wir sind natürlich guter Dinge, aber es ist wichtig, dass wir eine Stiftung haben und eine Stiftung, die die Aufgaben wahrnehmen kann. Mit geht es darum …
    Schulz: Also das wollen Sie im Prinzip so angehen wie die von Ihnen ja immer so kritisierten Altparteien?
    Pazderski: Nein, wir werden es … Also mein Vorschlag ist, das auf jeden Fall anzugehen, auch wenn wir keine staatlichen Gelder im Moment kriegen sollten. Wir müssen eine Stiftung haben, die diese ganzen Aus- und Weiterbildungsaufgaben auch wahrnimmt, und zwar sowohl für die AfD als auch gesamtstaatlich.
    Schulz: Also die Stimme noch mal von dem Brandenburger Kalbitz, der sagt, es geht da für uns um potenziell 60 Millionen Euro – wie wollen Sie dieses Argument, es gehe jetzt auch der AfD ums Geld, wie wollen Sie das aus der Welt schaffen?
    Pazderski: Also zunächst mal haben wir ja immer deutlich gemacht, dass wir das Stiftungswesen, das staatlich finanzierte Stiftungswesen eigentlich für falsch halten, weil wir sagen, hier wird viel, viel Geld ausgegeben, und das Geld wird im Moment unter den Altparteien verteilt.
    Schulz: Und von dem Kuchen wollen Sie jetzt auch was abhaben?
    Pazderski: 560 Millionen im Jahr. Ja, ich denke, die AfD ist eine demokratische Partei, sie ist jetzt in der Bundesrepublik von fast sechs Millionen Menschen gewählt worden. Und die AfD würde doch einen Fehler begehen, wenn sie nicht sagen würde, ja, wir wollen natürlich, solange die anderen Parteien das tun, wollen wir natürlich auch in diesem Bereich mitarbeiten. Wir sind gerne bereit, auf das ganze staatliche Geld zu verzichten, wenn die anderen Parteien verzichten auf das staatliche Geld. Aber ich denke, das werden die anderen Parteien leider nicht tun. Ich würde diese 560 Millionen Euro im Jahr lieber für andere Dinge ausgeben, für wichtigere Dinge als Parteien- und Stiftungsfinanzierung.
    Schulz: Der AfD-Vize und Berliner AfD-Landeschef Georg Pazderski heute Mittag bei uns zum Interview. Ganz herzlichen Dank Ihnen!
    Pazderski: Gerne!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.