Der Auftritt des Wirtschaftsbosses hatte den Parteitag von Beginn an begleitet: Eingeladen wurde Zetsche von Co-Parteichef Cem Özdemir und dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, sie gelten als die Realos der Partei. Mithilfe zweier Anträge sollte die Einladung noch wieder rückgängig gemacht werden, doch beide wurden von den Delegierten abgelehnt. Was sie am Tag der Rede dann aber nicht davon abhielt, ihrem Unmut mit Buh-Rufen Ausdruck zu verleihen. Die Grünen, so schien es, waren sich "nicht sicher, ob Zetsche Teil oder Lösung des Problems ist", wie Reporterin Nadine Lindner im Deutschlandfunk feststellte.
Den Vorwurf, sein Konzern habe den Trend zur Elektromobilität verschlafen, wies der Daimler-Boss dann auch gleich zurück: Sein Unternehmen habe schon seit zehn Jahren Elektroautos im Programm, sagte er in seiner Rede. Die Abkehr von Kohlenwasserstoffen als Antrieb sei notwendig, man stelle sich seiner klimapolitischen Verantwortung.
Vertreter der Grünen Jugend hielten während der Rede Plakate hoch mit Losungen wie "Rüstungsexporte für Diktatoren". Auch Co-Parteichefin Simone Peter vom linken Flügel hatte zuvor das militärische Engagement des Autobauers kritisiert: Dass dieser eine "halbe Milliarde Umsatz mit Militärfahrzeugen" mache, seien "immer noch 500 Millionen zu viel".
Özdemir: "Wovor habt Ihr Angst?"
Der Chef der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Jürgen Resch, begrüßte grundsätzlich die Forderung der Grünen nach einem Verbot für Neuzulassungen von Autos mit Verbrennungsmotoren ab 2030. Resch verwies außerdem auf strengere Regeln in den USA beim Thema Abgasmanipulationen hin - woraufhin Cem Özdemir auf Twitter fragte: "Und wir?"
Mit Blick auf den Auftritt Zetsches fragte Özdemir die Delegierten, wovor sie Angst hätten. Es sei ein Kompliment für die Grünen, wenn einer der wichtigsten Konzernlenker zu ihnen komme, um über die Zukunft zu reden.
Am Tag zuvor war Özdemir in der Frage der Vermögenssteuer gescheitert. Özdemir war gegen das Votum für eine Einführung gewesen - eine Entscheidung, die Parteiurgestein Hans-Christian Ströbele am Tag darauf auf Twitter lapidar so kommentierte:
Absage an Islam-Verbände
Das zweite Thema am dritten Tag des Partei-Treffens war Religions- und Weltanschauungsfreiheit. Hierzu sprachen unter anderem die islamische Theologin Hamideh Mohagheghi und Heiner Bielefelt, Sonderberichterstatter für Religions- und Weltanschauungsfreiheit des UNO-Menschenrechtsrats.
In der Frage beschlossen die Grünen, die vier großen Islamverbände in Deutschland derzeit nicht als Religionsgemeinschaften anerkennen zu wollen. Ditib, Islamrat, Zentralrat der Muslime und VIKZ seien religiöse Vereine. "Die gläubigen Muslime und ihre Gemeinschaften haben den rechtlichen Anspruch auf Gleichstellung", stellte der religionspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Volker Beck, zwar klar. Doch habe eine Struktur von Verbänden, die ihre Identität nicht der Religion, sondern der Politik der Heimatländer verdanke, mit Religionsgemeinschaft nichts zu tun.
(bor/dk/ps)