Das Agieren der antiken Götter wurde von Claudio Monteverdi bei L’incoronazione di Poppea auf die Rahmenhandlung beschränkt: die fürs Glück zuständige Fortuna liegt zunächst im Streit mit Virtù (der vergötterten Tugend) – und beide werden von Amore in den Schatten gestellt. Denn in der Hauptsache geht es um Sex and Crime auf Erden. Dem Librettisten Giovanni Francesco Busenello gelang mit seinem Rückgriff auf die Biographien des römischen Kaisers und dessen zweiter Gattin Poppea, die von der Kurtisane an die Staatsspitze aufstieg, ein geschliffener Theatertext, der auch in gesprochener Form auf dem Theater seine Wirkung entfalten könnte. Erst recht aber mit der Musik Monteverdis.
Sie begleitet eine Geschichte, in der die Zeitgenossen sehr wohl die Anspielungen auf die mittelitalienischen Zustände im frühen 17. Jahrhundert wahrnehmen und insbesondere das Treiben jenes Herzogs Vincenzo I Gonzaga erkennen konnten, der in zwangsanonymisierter Form durch Giuseppe Verdis Rigoletto weltweit berühmt und berüchtigt wurde. Der Komponist war ja dem Dienstverhältnis bei den Gonzagas in Mantua glücklich entkommen und in der Republik Venedig zum 1. Kapellmeister an S. Marco aufgestiegen – selbst sein Sohn Massimi¬liano, der 1627 in die Fänge der Inquisition von Mantua geraten war, konnte freigekauft werden und nach Venedig fliehen. Die Krönung der Poppea dürfte, sehr subtil, ein Moment der Rache an den unsäglichen Verhältnissen in Mantua beinhalteten.
Der Regisseur Dietrich Hilsdorf konnte auf den kongenialen Umgang seines Bühnenbildners Dieter Richter mit dem Aufführungsort rechnen – und überließ der postfaschistischen Repräsentationsarchitektur die primäre Wirkung. Vor der ehemaligen Essensausgabe im Herzen der ehemaligen Konzernzentrale wurden handverlesene Gürzenich-Musiker und Gäste postiert, die von Konrad Junghänel mit intensiver Zeichengebung zur expressiver Wiedergabe des Arrangements angehalten werden (gleichsam "ausdrucksverstärkt"). Eine originale Version des Werks, das nur in zwei rudimentären Abschriften von Melodien und Basso continuo existiert, gibt es nicht – es muß also in jedem Fall auf eine Bearbeitung aus dem Geist unserer Gegenwart zurückgegriffen werden.
Auf der anderen Seite der durch einen Gazevorhang etwas auf Distanz gebrachten Spielfläche, in deren Mitte der große Gerling-Schreibtisch als einziges Requisit wartet, wurde eine zweite Continuo-Gruppe postiert. So entwickelt sich bei guter Aktustik ein Raumklang für die rings herum sitzenden rund 600 Zuschauer. Sie werden Zeuge von hochrangigen Sängerleistungen. Von denen sei namentlich die von Rominda Boscolo erwähnt, die die Partie der gedemütigten und hilflos intriganten, dann grandios in die Verbannung Abschied nehmenden Kaiserin Ottavia bestreitet. Auch Wolf Matthias Friedrich als kaiserlicher Erzieher und stoischer Philosoph Seneca sowie Claudia Rohrbach als aufopferungsvolle Geliebte des Gegenspielers Ottone. In erster Linie freilich Sandrine Piau und Franco Fagioli, das "hohe Paar": Sie zeichnet sich, auch stimmlich, durch kühles Kalkül aus und darstellerisch als glatte Schlange; er, der argentinische Counter, durch elegante Falschheit der Stimme, leicht hysterische Tücke. Die beiden, das ist das Musik gewordene Ich-Prinzip:
Weitgehend zurückgenommen und auf die genaueste Führung der Sängerdarsteller in dieser Intrige um Bettplätze im Zentrum der Macht beschränkt. Keine Deftigkeiten, keine Grausamkeiten – gezeigt wird einfach eine Party bei einem in der Gegenwart angekommenen absoluten Herrscher. Von denen springen auf dem Erdboden unterhalb der Götterebene noch genügend herum. Die Sache spricht und singt für sich.
Sie begleitet eine Geschichte, in der die Zeitgenossen sehr wohl die Anspielungen auf die mittelitalienischen Zustände im frühen 17. Jahrhundert wahrnehmen und insbesondere das Treiben jenes Herzogs Vincenzo I Gonzaga erkennen konnten, der in zwangsanonymisierter Form durch Giuseppe Verdis Rigoletto weltweit berühmt und berüchtigt wurde. Der Komponist war ja dem Dienstverhältnis bei den Gonzagas in Mantua glücklich entkommen und in der Republik Venedig zum 1. Kapellmeister an S. Marco aufgestiegen – selbst sein Sohn Massimi¬liano, der 1627 in die Fänge der Inquisition von Mantua geraten war, konnte freigekauft werden und nach Venedig fliehen. Die Krönung der Poppea dürfte, sehr subtil, ein Moment der Rache an den unsäglichen Verhältnissen in Mantua beinhalteten.
Der Regisseur Dietrich Hilsdorf konnte auf den kongenialen Umgang seines Bühnenbildners Dieter Richter mit dem Aufführungsort rechnen – und überließ der postfaschistischen Repräsentationsarchitektur die primäre Wirkung. Vor der ehemaligen Essensausgabe im Herzen der ehemaligen Konzernzentrale wurden handverlesene Gürzenich-Musiker und Gäste postiert, die von Konrad Junghänel mit intensiver Zeichengebung zur expressiver Wiedergabe des Arrangements angehalten werden (gleichsam "ausdrucksverstärkt"). Eine originale Version des Werks, das nur in zwei rudimentären Abschriften von Melodien und Basso continuo existiert, gibt es nicht – es muß also in jedem Fall auf eine Bearbeitung aus dem Geist unserer Gegenwart zurückgegriffen werden.
Auf der anderen Seite der durch einen Gazevorhang etwas auf Distanz gebrachten Spielfläche, in deren Mitte der große Gerling-Schreibtisch als einziges Requisit wartet, wurde eine zweite Continuo-Gruppe postiert. So entwickelt sich bei guter Aktustik ein Raumklang für die rings herum sitzenden rund 600 Zuschauer. Sie werden Zeuge von hochrangigen Sängerleistungen. Von denen sei namentlich die von Rominda Boscolo erwähnt, die die Partie der gedemütigten und hilflos intriganten, dann grandios in die Verbannung Abschied nehmenden Kaiserin Ottavia bestreitet. Auch Wolf Matthias Friedrich als kaiserlicher Erzieher und stoischer Philosoph Seneca sowie Claudia Rohrbach als aufopferungsvolle Geliebte des Gegenspielers Ottone. In erster Linie freilich Sandrine Piau und Franco Fagioli, das "hohe Paar": Sie zeichnet sich, auch stimmlich, durch kühles Kalkül aus und darstellerisch als glatte Schlange; er, der argentinische Counter, durch elegante Falschheit der Stimme, leicht hysterische Tücke. Die beiden, das ist das Musik gewordene Ich-Prinzip:
Weitgehend zurückgenommen und auf die genaueste Führung der Sängerdarsteller in dieser Intrige um Bettplätze im Zentrum der Macht beschränkt. Keine Deftigkeiten, keine Grausamkeiten – gezeigt wird einfach eine Party bei einem in der Gegenwart angekommenen absoluten Herrscher. Von denen springen auf dem Erdboden unterhalb der Götterebene noch genügend herum. Die Sache spricht und singt für sich.