Stapfendes Knirschen von Schritten im Schnee. Winterwunderland. Dazu die Ton um Ton geschichteten Harmonien von Kofelgschroa: Herzerwärmend klingen sie in der klirrend kalten Abenddämmerung, in der der Atem kleine Wolken formt.
"Ich bin Michael von Mücke aus Oberammergau, spielberechtigt bei der Gruppe Kofelgschroa - Gitarre und Flügelhorn."
Kofelgschroa waren schon immer mehr Popband als Blaskapelle, nun sind sie auch noch in ihrem Heimatort Oberammergau Hoteliers - na ja, nicht wirklich, aber so ähnlich.
"Es ist jetzt kein Hotel in dem Sinn, dass wir da Gäste unterbringen, sondern wir laden halt Künstler ein."
Es ist also nur ein wenig die Idee von einem Hotel, mit der die vier Musiker der Band Kofelgschroa in ein unrenoviertes, beinahe baufälliges Gründerzeit-Haus in Oberammergau eingezogen sind. In der Ortsmitte, direkt hinter der Pfarrkirche, nicht weit vom weltberühmten Passionstheater steht ihr von der Gemeinde gepachtetes Gebäude mit mintgrünen Fensterläden, an denen die Farbe abblättert.
Hotellobby mit Klavier
"Das ist das Hotel Kovèl, ursprünglich ein Gästehaus von dem Schriftsteller Josef Roderer, ein Münchner Schriftsteller, der in Oberammergau seinen Landsitz hatte und als Gästehaus hat er das Haus gebaut."
Vom Hotel Kovèl blickt man auf den Kofel, den Hausberg in Oberammergau mit seinen 1.342 Metern. "Kovèl ist das Hotel. Es gibt auch noch den Kofel, aber den schreibt man ganz anders. Kofel wird K, O, F, E, L geschrieben und und das Hotel Kovèl schreibt man mit Vogel-V in der Mitte und E, Apostroph." - "Ja, gehen wir mal rein." – "Jetzt gehen wir gleich mal in die Hotellobby, in die Gaststube. Wir proben hier auch. Ein Klavier..."
"Holzdielen, schöne Wärme aus einem Ofen mit Sichtfenster."
"Man muss alles mit Holz heizen. Es gibt keine Heizung. Es gibt auch nur kaltes Wasser. Das Klavier haben wir jetzt stimmen lassen. Und das ist erstaunlich, weil im Winter ist es ja schon ganz schön kalt hier. Es ist aber trotzdem noch ganz gut beieinander. Ich bin kein Pianist, wie man hört."
Am Klavier sitzt dann auch meist Maximilian Pongratz, der Sänger und Akkordeonist von Kofelgschroa - hier probt er, hier schreibt er neue Stücke.
Mund-zu-Mund-Propaganda, Ankündigung in sozialen Netzwerken
Gegenüber dem Klavier knistert im Ofen das Holz, an dem durch das Sichtfenster das Feuer züngelt. Die Lobby im Hotel Kovèl sieht aus wie eine Wirtsstube ohne Mobiliar. Von massiven Sichtbalken an der Decke hängen Konzertboxen, im Erker steht eine Zimmerpalme, von den Wänden bröckelt der Putz in pastellfarbener Patina - hat was von schummrigem Wohnzimmer und schäbigem Proberaum einer Künstlerkommune. Und da sind noch die Salonabende, an denen etwa einmal im Monat befreundete Musiker im Hotel Kovèl ein Privatkonzert geben.
"Bis jetzt haben wir es so gemacht, dass wir herum erzählen: da ist was. Aber was kommt, das wissen die wenigsten. Also die Leute müssen sich ein bisschen überraschen lassen, wer heute gastiert, welcher Hotelgast heute da ist."
Werbung über Mund-zu-Mund-Propaganda, Ankündigung in sozialen Netzwerken. An diesem Abend sind Musiker aus München angereist. Das Line-Up bleibt geheim, die Stilrichtung geheimnisvoll.
"Es gibt No-Wave-French-Dirty-Folk-Tunes heute Abend."
Zum Soundcheck knistert das Feuer im Kaminofen noch, bevor die ersten Konzertbesucher kommen. Die alte Haustür knarzt. Über dem Hotel Kovèl: sternklarer Himmel. Und es knirscht der Schnee im winterkalten Oberammergau - dieser kleine Ort in den bayerischen Alpen, den jeder mit den Passionsspielen in Verbindung bringt. Doch die Bandmitglieder von Kofelgschroa erschaffen gerade in ihrer Heimat ein weltoffenes Zuhause für ihre Musik-Leidenschaft - das Hotel Kovèl.