"Ich schätze, es gab damals in den USA vielleicht drei oder vier Computer. Mir war ein Buch mit dem Titel ‚Das gigantische Gehirn’ in die Hände gefallen, und ich hatte es mit großem Interesse gelesen. ... Ich sah, dass die Probleme dieser Welt immer komplexer wurden und fürchtete, dass der menschliche Verstand damit nicht würde Schritt halten können. Da schoss mir eines Tages der Gedanke durch den Kopf: Der Computer könnte helfen, diese großen, komplexen Probleme zu lösen!"
Als Douglas C. Engelbart Anfang der 50er-Jahre begann, sich mit dem Computer zu beschäftigen, war an die "Maus", mit der er Geschichte schreiben sollte, noch nicht zu denken. Computer kannte man damals nur als tonnenschwere Großrechner, die mit Hilfe von Lochkarten bedient wurden. "Es gab null Diskussion über die interaktive Nutzung von Computern", erinnerte sich Engelbart 2005 im Gespräch mit einem japanischen Fernsehsender.
Aber Engelbart, 1925 in Portland im US-Bundesstaat Oregon geboren, hatte sich in den Kopf gesetzt, der Menschheit einen Dienst zu erweisen. Er hatte im Krieg als Radartechniker bei der Marine gedient und dabei die Arbeit an einem Bildschirm kennengelernt. Etwas Ähnliches schwebte ihm nun auch für den Computer vor. Doch wo immer er mit seiner Idee einer Interaktion zwischen Mensch und Maschine vorstellig wurde, stieß er auf taube Ohren. "Sorry, nein, keine Chance", hieß es sogar von Seiten der Firma Hewlett Packard, einem der Jahrzehnte später größten Hersteller von Personal Computern.
1957 bekam Engelbart eine Stelle am Stanford Research Institute im kalifornischen Menlo Park. Er schrieb ein Konzept zur "Steigerung des menschlichen Intellekts" mit Hilfe von Computern und testete zusammen mit dem Ingenieur William English verschiedene Bildschirmanzeigegeräte. Eines davon bediente man mit dem Knie. Es funktionierte im Prinzip gut, hatte aber den Nachteil, dass es jedem Nutzer individuell angepasst werden musste. Am Ende machte die Maus das Rennen. Am 9. Dezember 1968 schlug ihre große Stunde.
"Ich weiß nicht mehr, warum wir ‚Maus‘ dazu gesagt haben"
Bei einer Computerkonferenz in San Francisco stellte Engelbart seine Erfindung zum ersten Mal öffentlich vor. Er saß an einem Monitor - vor sich eine Tastatur und in der rechten Hand ein hölzernes Kästchen, mit einem Kabel an einem Ende. Es hatte oben einen roten Knopf zum Klicken und unten zwei Rädchen, die Bewegungsimpulse übertrugen - der Prototyp der Computermaus. Aus dem knapp 50 Kilometer entfernten Menlo Park war ein Kollege per Video zugeschaltet, beschreibt Engelbart: "Hier sehen Sie die Hand von Don Andrews drüben in Menlo Park. Und hier seinen Bildschirm mit einem Punkt darauf, der sich genauso bewegt wie die Maus – egal ob aufwärts, abwärts oder zur Seite.
"Ich weiß nicht mehr, warum wir ‚Maus‘ dazu gesagt haben. Aber irgendwann haben wir damit angefangen, und dann ist es dabei geblieben."
Am 17. November 1970 bekam Engelbart ein Patent auf seine Computermaus, die in der Patentschrift noch als "X-Y-Positions-Anzeiger für ein Bildschirmsystem" firmierte. Engelbarts Technik steckte zwar noch in den Kinderschuhen. Aber, so Andreas Hentschel vom Computermagazin "Chip": "Dieses einfache System und dieses intuitive System eigentlich - ich nehme etwas in die Hand und bewege es, und dann bildet sich diese Bewegung auf diesem Monitor ab - das hat er damals schon vorausgegriffen."
Der Siegeszug der Computermaus begann erst sehr viel später, Mitte der 80er-Jahre, als die Firma Apple ihre ersten PCs auf den Markt brachte – mit einer grafischen Benutzeroberfläche und einer Maus als Bedienelement.