IGeL-Leistungen
Patientenbeauftragter fordert Verbot bestimmter Selbstzahler-Angebote - Bundesverband der Frauenärzte widerspricht Kritik

Mehrere Gesundheitspolitiker fordern die Einschränkung bestimmter Selbstzahler-Angebote in Arztpraxen, sogenannter IGeL-Leistungen. Die Abkürzung steht für Individuelle Gesundheitsleistungen, die von den Patientinnen und Patienten selbst bezahlt werden müssen. 

    Ein Untersuchungsstuhl in einem Behandlungszimmer einer Frauenarztpraxis
    Schwartze kritisiert unter anderem überflüssige gynäkologische Leistungen. (picture alliance / dpa / Klaus Rose)
    Dazu sagte der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Schwartze, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, die große Mehrheit des IGeL-Angebots habe keinen erkennbaren Nutzen. Einige schadeten sogar, weil sie häufig falsch-positive Befunde lieferten und dann unnötige weitere Untersuchungen und Eingriffe folgten.
    Konkret nannte Schwartze die Ultraschalluntersuchung zur Krebsfrüherkennung der Eierstöcke und der Gebärmutter. Diese Untersuchung sei eine der am meisten verkauften Leistungen. "Hier werden junge Frauen ohne Not in Angst und Schrecken versetzt." Deshalb werde dieser Ultraschall auch von den gynäkologischen Fachgesellschaften abgelehnt.

    "Ultraschall zeigt auch Veränderungen ohne Symptome"

    Der Berufsverband der Frauenärzte wies in einer Stellungnahme Kritik an der Methode zurück. Der Ultraschall könne auch Veränderungen zeigen, die noch keine Symptome verrsachten. Vorteilhaft sei die Methode auch, wenn eine Tastunterschung "aufgrund körperlicher Disposition schwierig ist. Also bei übergewichtigen Mädchen und Frauen und bei solchen, bei denen durch die Anspannung der Bauchdecke kein eindeutiger Tastbefund möglich ist".
    Der Grünen-Politiker Dahmen nannte es gegenüber der Nachrichtenagentur dpa "besorgniserregend", in welchem Umfang einzelne Praxen sich auf lukrative IGeL-Leistungen fokussiert hätten. Es sei mehr "Schutz vor nicht evidenzbasierten Behandlungen" nötig, forderte der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion. Gemeint sind Behandlungen, deren Wirksamkeit nicht erwiesen ist. Dahmen betonte: "Es braucht unübersehbar ein Update des in die Jahre gekommenenen Patientenrechtegesetzes".

    Forderung nach mehr Transparenz

    Verbraucherzentralen warnen schon seit längerem vor IGeL-Leistungen. Der Markt hier sei unübersichtlich, die Leistungen könnten ohne Qualitätsprüfung angeboten werden. Auch solche Methoden, die vom höchsten Beschlussgremium des Gesundheitswesens (dem Gemeinsamen Bundesausschuss) negativ bewertet worden seien, seien als IGeL erlaubt. "Informieren Sie sich vor einer Entscheidung", heißt es in einer Übersicht zu den Selbstzahler-Angeboten.
    Eine Untersuchung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK ergab 2019, dass vor allem Gutverdienenden IGeL-Leistungen angetragen werden. Bei einem Haushaltseinkommen unter 2.000 Euro waren knapp 22 Prozent der Befragten auf entsprechende Untersuchungsmethoden angesprochen worden, bei Personen mit einem Einkommen von über 4.000 Euro waren es 35 Prozent. Die Kosten für die zusätzlichen Methoden sind unterschiedlich; insgesamt kam 2019 laut AOK ein Volumen von rund einer Milliarde Euro zusammen.
    Diese Nachricht wurde am 04.04.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.