Becker: Fiat Chrysler will sich mit Renault zusammenschließen. Was, Herr König, ist bisher bekannt? Was ist da genau geschehen?
König: Seit Wochen gibt es ja bereits Gerüchte über ein mögliches Zusammengehen der beiden Autohersteller. Jetzt hat Fiat Chrysler Renault offiziell eine Fusion vorgeschlagen. Renault hat das Angebot bestätigt. Dieses Angebot kommt nicht ganz unerwartet, entsprechende Vorgespräche hatte schon Carlos Ghosn geführt, der frühere Vorstandschef von Nissan und Renault, der derzeit in Japan in Untersuchungshaft sitzt, u.a. wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung. Und inzwischen sind die Gespräche zwischen Renault und FiatChrysler, laut Mitteilungen beider Unternehmen, offenkundig schon weit fortgeschritten.
Becker: Was für ein Konzern würde da entstehen?
König: Geplant ist, dass der neue Konzern dann je zur Hälfte Eigentümer von Fiat Chrysler und Renault wird und an den Börsen von Paris, Mailand und New York geführt werden soll. Der Firmensitz soll in Amsterdam sein, wo schon Fiat Chrysler angesiedelt ist. Geplant ist, zusammen jährlich rund 8,7 Millionen Autos zu bauen – damit würde nach Volkswagen und Toyota der drittgrößte Autokonzern der Welt entstehen.
Ziel der Fusion: Kosten sparen
Becker: Was verspricht sich Renault davon?
König: Renault verkauft seine Fahrzeuge bisher vor allem in Europa. Dagegen bilden die USA den größten Absatzmarkt von Fiat Chrysler. Die Angebote beider Konzerne ergänzen sich also. Hinzu kommt: Generell werden solche Bündnisse für Autokonzerne immer wichtiger. Herausforderungen sind oft nur noch gemeinsam zu meistern. wie im Bereich Elektroautos, Internetfähigkeit, Einsatz von künstlicher Intelligenz. Das spart Kosten. Renault und FiatChrysler versprechen sich von der Fusion Einsparungen von jährlich fünf Milliarden Euro. Arbeitsplätze sollen - laut Mitteilungen der Konzerne - durch die Fusion nicht in Gefahr sein, Werksschließungen seien nicht vorgesehen.
Enorme organisatorische Anstrengungen
Becker: Was bedeutet das für Renault? Welche Risiken birgt das Projekt? Immerhin – da hat der französische Staat als Anteilseigner mitzureden.
König: Das stimmt. Die französische Regierung hält 15 Prozent an Renault. Bruno Le Maire, der französische Wirtschafts- und Finanzminister ist derzeit eher skeptisch. Letzte Woche zumindest sagte er noch, nötig seien heute "solide, starke und gefestigte Industriekonzernen" - eine Äußerung, die er vor allem mit Blick auf die Allianz Renault-Nissan machte, die durch Verhaftung von Carlos Ghosn ohnehin schon schwer ins Schlingern geraten war.
Und diese Sorgen teilen viele. Denn: Käme in diesen Verbund Renault/Nissan – wobei zu Nissan wiederum noch Mitsubishi gehört – käme zu alledem nun auch noch FiatChrysler hinzu, dann würde das die Konsolidierung von Renault/Nissan zusätzlich erschweren, es würde ganz generell enorme organisatorische Anstrengungen bedeuten, noch unterschiedlichere Firmenkulturen kämen da dann zusammen - kann man ein solches Unternehmen noch managen? Wie wird sich der japanische Partner Nissan dazu verhalten? Das Verhältnis zu Renault ist seit der Verhaftung von Carlos Ghosn ohnehin schon abgekühlt. Nissan ist aber für Renault wieder wichtig, weil Nissan in China vertreten ist, Renault aber nicht – also das sind so die Fragen, die sich die Kritikern hier vor allem stellen.