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Paula White im US-Wahlkampf
Trumps fromme Cheerleaderin

Paula White ist Beraterin des US-Präsidenten in Glaubensfragen. Sie soll im Wahlkampf christliche Milieus an Donald Trump binden. Die Fernsehpredigerin ist Anhängerin des so genannten Wohlfahrts-Evangeliums. Doch selbst viele Evangelikale finden sie zu schrill.

Von Katja Ridderbusch |
3. Januar 2020: Pastor Paula White-Cain und US Präsident Donald J. Trump beten gemeinsam mit Trump-Anhängern bei einem Treffen der "Evangelicals for Trump Coalition" in Miami, Florida
Paula White (l. neben dem Präsidenten) und Donald Trump kennen sich seit Jahren (imago images / MPI04 / Media Punch)
Wohin auch immer sie gehe, da habe Gott das Sagen – und wenn sie im Weiße Haus sei, dann sei Gott ebenfalls da. Energisch fegt die Predigerin mit platinblonder Bob-Frisur und signalrotem Hosenanzug über die Kirchenbühne. Demut ist nicht ihre Sache – etwa, wenn sie das Weiße Haus zu einem heiligen Ort erklärt.
Paula White ist die spirituelle Beraterin von Präsident Donald Trump. Sie betete für ihn bei seiner Amtseinführung 2017. Seit Kurzem steht sie auch offiziell im Dienst der US-Regierung. Sie leitet die "Faith and Opportunity"-Initiative. Ihre Aufgabe: die Interessen von Kirchenvertretern zu unterstützen und evangelikale Anhänger zu mobilisieren. Wie zum Beispiel bei einer Wahlkampfveranstaltung der Graswurzelbewegung "Evangelikale für Trump" im Januar in Miami.
Donald Trump und Paula White: ein perfektes Team
Tatsächlich sind Evangelikale die treueste Wählerbasis des amtierenden Präsidenten. Mehr als 80 Prozent der weißen evangelikalen Christen stimmten bei den Wahlen 2016 für Trump, und Umfragen zufolge dürften die Ergebnisse bei den Wahlen im November ähnlich hoch ausfallen.
David Gushee ist evangelischer Theologe und Ethik-Professor an der liberalen Mercer University in Georgia. Donald Trump und Paula White passten perfekt zusammen, sagt er. Beide liebten den Glamour, den Pomp, das Scheinwerferlicht.
David Gushee vor der McAfee School of Theology der Mercer Universität in Atlanta, Georgia
David Gushee hält nichts von Paula Whites theologischer Professionalität (Deutschlandradio / Katja Ridderbusch)
Trump sei ein intellektuell undisziplinierter Mensch, der eine gute Idee nicht von einer schlechten unterscheiden könne, Verschwörungstheorien nicht von Fakten, so Gushee. Und Paula White sei eine intellektuell undisziplinierte Kirchenführerin, die sich nicht ernsthaft einer erkennbaren christlichen Theologie zuordnen lasse.
Trumps Predigerin ist Anhängerin der Wohlstandstheologie
Wer ist Paula White? Die 53-jährige Predigerin stammt aus dem US-Bundesstaat Mississippi. Ihr Vater nahm sich das Leben, als sie fünf war; die Mutter suchte Trost im Alkohol. Als Teenager wurde White schwanger, bekam einen Sohn. Mittlerweile ist sie zweimal geschieden, wie Trump, und in dritter Ehe mit Jonathan Cain verheiratet, dem Keyboarder der Rockband Journey.
Als sie 18 war, erzählt sie, habe Gott sie beauftragt, das Evangelium zu predigen. Das tut sie seither – und zwar erfolgreich: in ihrer eigenen Kirche, der City of Destiny Church in Florida, und in Mega-Kirchen überall im Land. In Büchern und auf DVDs und in ihrer eigenen TV-Show, Paula White Today. Unter ihren Anhängern sind Evangelikale, charismatische Christen und Pflingstler.
Immer wieder beschreibt sie in Interviews, wie sie vor 18 Jahren Donald Trump kennenlernte. Er habe eine ihrer Predigten im Fernsehen gesehen und sie spontan angerufen. "Du bist fantastisch", habe er gesagt.
Das war der Beginn einer wunderbaren – und äußerst lukrativen – Freundschaft. White ist eine Vertreterin des Prosperity Gospel, des sogenannten Wohlstandsevangeliums. Nach dieser theologischen Auffassung sind Wohlstand, geschäftlicher Erfolg und Gesundheit sichtbare Zeichen für ein gottgefälliges Leben. Paula White wäre demnach von Gott auserwählt, Trump sowieso. White hat ein Millionenvermögen, eine Villa in Florida, eine Eigentumswohnung im New Yorker Trump Tower, einen Privatjet. Und sie kam in der Vergangenheit immer wieder mit der Steuerbehörde in Konflikt.
Doch die recht junge evangelikale Wohlstandstheologie gilt unter traditionellen Evangelikalen als Ketzerei. Und auch Paula Whites schrille Rhetorik findet nicht bei jedem Anklang. Alle satanischen Schwangerschaften müssten in einer Fehlgeburt enden, wütete sie jüngst in einer Predigt – und erklärte später, sie habe das als Metapher gemeint.
Evangelikale stehen unbeirrt hinter Trump
Zwar dürfte die Ernennung vom Paula White zur offiziellen Glaubensbeauftragten einige evangelikale Christen irritieren, sagt Religionswissenschaftler David Gushee. Aber:
"Ändern wird das meiner Meinung nach gar nichts. Denn Trump gibt den weißen Evangelikalen, was sie wollen: Er verspricht eine christliche Vorherrschaft in Amerika anstelle von Glaubensvielfalt. Er beruft konservative Richter an den Obersten Gerichtshof, die das Abtreibungsrecht schon bald abschaffen könnten. Er hat dieselben Feinde, teilt denselben anti-liberalen Reflex. Das sind die großen politischen Ziele, und da dringt nichts anderes durch."
Evangelist Billy Graham überbringt seine Botschaft beim Billy Graham Crusade im Flushing Meadows Park am 24. Juni 2005 in Flushing Meadows, New York.
Der Baptistenpastor und Erweckungsprediger Billy Graham (AFP / Timothy A. Clary)
Präsident und Prediger: Dieses Duo hat in den USA eine lange Tradition. So beriet der legendäre Erweckungsprediger Billy Graham als Seelsorger demokratische wie republikanische Präsidenten. Besonders nahe stand er Richard Nixon. Dennoch habe sich Graham in erster Linie als Amerikas Pastor positioniert, sagt Gushee, als Pastor für alle. Das sei anders im Fall von Paula White. Sie sei eine theologische Cheerleaderin für einen zutiefst korrupten Präsidenten. Ihr Mangel an Unabhängigkeit sei offensichtlich.
Ein Symptom für die Krise der Demokratie in Amerika
Paula White macht daraus auch überhaupt keinen Hehl. So erklärte sie bei der Vorstellung ihres jüngsten Buches: Ihr Einsatz für den Präsidenten geschehe in göttlichem Auftrag. Ein Nein zu Trump wäre wie ein Nein zu Gott. Also: keine Option.
Es sind Aussagen wie diese, die den Theologen David Gushee zu dem Schluss kommen lassen: Paula White ist das Symptom einer tieferen Krise: einer Krise der evangelikalen Christen, der Republikanischen Partei – und der Demokratie in Amerika.
"Die Trump-ifizierung der Republikanischen Partei und Paula-White-ifizierung der christlichen Identität laufen parallel. Beides ist jeweils ein armseliger Ersatz für ehemals achtbare Traditionen. Ich habe großen Respekt vor den klassischen Evangelikalen und der klassischen Republikanischen Partei. Deren Niedergang begann lange vor Trump, hat sich aber unter Trump verschärft. Die Kultur des Widerspruchs ist kollabiert, abweichende Meinungen werden nicht mehr geduldet. Und ins Rampenlicht treten theologische Spinner wie Paula White."