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Peer Steinbrück als Kabarettist auf Tournee
Mehr Zuschauer als Wähler

Jetzt macht er auch noch Humor: Ex-Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat a.D. Peer Steinbrück tourt derzeit mit Satiriker Florian Schröder auf den Comedybühnen. Als Komiker beweist er vor allem Schlagfertigkeit.

Von Klaus Pokatzky |
    Peer Steinbrück auf einer Wahlkampfveranstaltung
    Peer Steinbrück auf einer Wahlkampfveranstaltung (dpa/Carmen Jaspersen)
    "Mein Eindruck ist, dass wir uns in Deutschland wirklich häufig sehr zu ernst nehmen."
    Ja, mein Eindruck ist auch, dass wir uns in Deutschland viel zu ernst nehmen. Und der Mann hat gut reden. Der Mann hat das drauf: das nicht so Ernste. Der Mann hat uns ja zu Lachorgien gebracht, als er 2013 Kanzlerkandidat war: Der Sozialdemokrat Peer Steinbrück, der zwar keine Stimmen abzockt - aber umso schönere Summen, wenn er Vorträge vor Managern hält. Und das als Sozi!
    Lachen und Applaus. Sechs und setzen! Und nach verlorener Wahl schnell ins politische Abseits, Kandidat Steinbrück. Aber mal ehrlich: Für den satirischen Wochenrückblick war der Mann einfach nur eine Granate. Selten hat ein Politiker mir in den letzten Jahren die Arbeit so leicht gemacht. Nur der konnte unseren Peer Steinbrück übertreffen:
    Ich gestehe: Ich hatte Vorurteile
    "Aber wir haben es mit einer losen Kanone plötzlich im Weißen Haus zu tun."
    Die Kanone im Weißen Haus, der Donald als US-Präsident, bewegt sich aber auf anderem intellektuellem Niveau als Sie, mein lieber Peer - wenn ich mal etwas hanseatische Nähe herstellen darf: Vorname und "Sie". Das war schon sehr klug, wie Sie am Samstagabend im Berliner Admiralspalast vor 1.600 Leuten begründet haben, warum Sie einst, vor vier Jahren, in einem aussichtslosen Wahlkampf weitergemacht haben - und warum jetzt Ihr Nachfolger Martin Schulz genauso aussichtslos gegen Angela Merkel weitermachen sollte:
    "Wenn Sie vorzeitig aufgeben, verlieren Sie noch mehr. Wenn Sie Ihren eigenen Leuten nicht das Gefühl geben, dass Sie an sich selber glauben, dass Sie die Verantwortung spüren, die Sie für die eigene Partei haben, für diejenigen, die Sie unterstützen, und auch die Verantwortung gegenüber denjenigen, die bereit sind, Sie zu wählen. Wenn Sie das preisgeben, dann rutschen Sie noch weiter weg. Also müssen Sie kämpfen. Sie müssen als Herausforderer herausfordern."
    Der Kabarettist Florian Schroeder (l) und der Politiker und ehemalige Finanzminister Peer Steinbrück bei der Aufzeichnung der "NDR Talk Show" in Hamburg.
    Der Kabarettist Florian Schroeder (l) und der Politiker und ehemalige Finanzminister Peer Steinbrück in einer Talkshow (picture alliance / dpa / Georg Wendt)
    Ich gestehe: Ich hatte Vorurteile gegen Sie, als ich Sie vor zwei Jahren auf der Leipziger Buchmesse zu Ihrem Buch "Vertagte Zukunft" interviewt habe. 40 Minuten lang vor Publikum am Messestand des Deutschlandradios. Ich hatte vorher befürchtet: Der Mann hat Vorurteile gegen Journalisten. Der wird kratzbürstig gegen mich, vielleicht sogar verbal aggressiv. Und dann waren Sie ganz anders: Kleine Kabbeleien haben wir uns beide geliefert. Das war ein respektvolles gegenseitiges Frotzeln - auf hohem Niveau. Kann ich ja einfach so unbescheiden sagen, weil Journalisten ja nicht eitel sind. Seitdem weiß ich: Sie sind ein Alleinunterhalter allerhöchsten Grades - mit Witz und Geist. Ihnen gönne ich jedes Honorar. Sie können die größten Säle füllen. Aber machen Sie mir bitte keine Konkurrenz! Wobei ich mich sowieso nicht mit so vielen Zitaten von Politikern rausreden könnte, wie Sie die draufhaben.
    "Machen Sie das eigentlich leidenschaftlich, sich mit Zitaten rauszureden? - Gregor Gysi hat mal gesagt …"
    Unglaublich schlagfertig
    Wenn jetzt also der Florian Schroeder mit Ihnen seine "Satireshow Spezial" abzieht, nehme ich für mich in Anspruch, dass ich Sie auf der Leipziger Buchmesse vor zwei Jahren dafür trainiert habe. Wenn Sie dem Kollegen Schroeder noch sagen könnten, dass er nicht so wahnsinnig schnell sprechen sollte, wäret Ihr beide ein noch besseres Paar. Wie Ihr beide als Paar wäret in Zeiten der "Ehe für alle", haben Sie dem Florian ja klargemacht, als Sie ihm die Bedeutung des Nadelgeldes in der Ehe erläutert haben.
    "Ja, Sie wissen nicht, was das ist, ne? - Natürlich weiß ich das. Möchten Sie es mir erklären? - Also früher wurde den Frauen, die geheiratet haben, von den Eltern ein Nadelgeld gegeben, damit sie nicht nur auf das Einkommen des Ehemannes angewiesen sind. Zum Sticken, Stricken, Stopfen und dergleichen. Das heißt, wenn ich jetzt mit Harald Schmidt zum Beispiel auf die Tournee nach Las Vegas gehe - Sie müssen zu Hause bleiben als mein angetrauter Partner -, dann sollen Sie ein bisschen Geld haben, damit Sie sticken, stricken und stopfen können."
    Lieber Peer. Da werde ich jetzt langsam etwas eifersüchtig. Sie waren unglaublich schlagfertig. Das war nicht einstudiert. Das habe ich gemerkt, wenn Sie den Kollegen Schroeder mal missverstanden haben. Vielleicht, weil der wieder so schnell geredet hat. Das wäre bei uns beiden nicht passiert, lieber Peer. Auf jeden Fall würde ich Sie wählen. Wenn Sie so Ihren Wahlkampf gemacht hätten 2013 und so durch Deutschland gezogen wären, dann wären Sie Kanzler geworden. Aber nicht mit dieser Partei. Lieber so wie Emmanuel Macron in Frankreich. Als Ein-Mann-Show. Die legen Sie ja jetzt auch Martin Schulz ans Herz:
    "Eine, die er bringen könnte und wo sein komparativer Vorteil ist, ist Europa. So wie Macron auch einen solchen Wahlkampf für Europa gemacht hat."
    Also lieber Peer. Schade, dass ich Sie jetzt nicht wählen kann. Und das ist keine Satire.