Wir würden uns durch das Leben bewegen, wie durch einen Traum, sagte Peggy Guggenheim einmal. Wie durch einen surrealen Traum? In der Kunst fand die Amerikanerin eine Welt, die keine Gewissheiten versprach, aber Türen öffnete, um das Dasein mit anderen Augen zu betrachten. Anfangs interessierte sie sich eher für die Schriftsteller und Künstler als für deren Werke. Einer wurde später ihr wichtigster Berater: der die Kunstkonventionen und den Kunstbetrieb wie kein anderer durchschauende Marcel Duchamp.
Doch zunächst war sie nur eine junge Frau im Paris der 20er-Jahre, auf der Suche nach Intensität, nach Grenzüberschreitung, nach Schönheit.
Venedig, das sie schon um 1920 für sich entdeckt hatte, wurde ihre Zuflucht. 1948 erwarb Peggy Guggenheim einen einstöckigen Palazzo in Venedig, den sie für ihre Sammlung ausbaute. Zuvor hatte sie - noch keine 50 Jahre alt - ihre Memoiren verfasst: eine ironische Abrechnung mit ihrer Herkunft aus dem Guggenheim-Clan, ein nüchternes Protokoll ihrer Lebenspartner, ihrer Affären, ihres Entschlusses, etwas für die Künstler zu tun, denen sie viel verdankte.
Galerie-Eröffnung "aus Langeweile"
1898 als Tochter von Benjamin und Florette Guggenheim in New York geboren, hatte sie mit ihrer Volljährigkeit ein kleines Vermögen erhalten, von dessen Erträgen sie leben konnte. Das musste ausreichen:
"Ich interessierte mich für die moderne Kunst etwa vom Jahre 1938 an. Vorher hatte ich nicht viel über sie nachgedacht. Es sei denn, Marcel Duchamp oder Brancusi hätten mir von ihr erzählt. 1938 lebte ich auf dem Land in England und begann mich zu langweilen. Ich hatte mich von meinem ersten Mann getrennt, meine Kinder waren im Internat. Immer, wenn ich mich langweile, muss ich etwas tun. Jetzt kam ich auf die Idee, in London eine Galerie zu eröffnen, die ich Guggenheim Jeune nannte."
Das war 1937. Peggy zeigte Werke von Jean Cocteau, richtete Wassily Kandinsky seine erste Ausstellung in England aus, provozierte mit Bildern von Kindern, die sie wie etablierte Kunst präsentierte. Geld jedoch brachte ihr die Galerie nicht ein. So entstand die Idee, ein Museum moderner Kunst zu gründen, das es in London noch nicht gab. Sie engagierte den Kunsthistoriker Herbert Read, der ihr eine Liste wichtiger Künstler mit auf den Weg nach Paris gab, wo sie entsprechende Werke erwerben sollte.
"Brancusi ist einer der wenigen Künstler, die ich schon kannte, bevor ich zu sammeln anfing. In den 20er-Jahren besuchte ich ihn sehr oft in seinem Atelier, ohne es zu wagen, ihn um eine seiner Arbeiten zu bitten."
Zweiter Weltkrieg vereitelte Museumseröffnung in London
Für nur 40.000 Dollar soll Peggy Guggenheim von 1939 bis kurz vor Einmarsch der Deutschen in Paris den Grundstock ihrer legendären Sammlung erworben haben: Werke von René Magritte, Yves Tanguy, Alberto Giacometti, von Paul Klee und Fernand Léger. Doch vereitelte der Zweite Weltkrieg ihre Museumsgründung in London.
Von 1942 bis 1947 etablierte sie dafür in einem Loft in Manhattan ihr Museum "Art of this Century", dessen experimentelles Design in die Ausstellungsgeschichte einging: Die abstrakten Bilder hingen an langen Stangen und konnten individuell ins Licht gedreht werden, die Werke des Surrealismus waren eingebettet in konkave Wände und amorph geformte Sitzmöbel.
Von 1942 bis 1947 etablierte sie dafür in einem Loft in Manhattan ihr Museum "Art of this Century", dessen experimentelles Design in die Ausstellungsgeschichte einging: Die abstrakten Bilder hingen an langen Stangen und konnten individuell ins Licht gedreht werden, die Werke des Surrealismus waren eingebettet in konkave Wände und amorph geformte Sitzmöbel.
New Yorker Galerie als Treffpunkt der Avantgarde
Die Galerie wurde zum Treffpunkt der New Yorker Avantgarde. Peggy förderte vor allem Jackson Pollock, der wenig später mit seinen Dripping-Bildern zum Star der New Yorker Kunstszene wurde.
Als Peggy Guggenheim am 23. Dezember 1979 im Alter von 81 Jahren starb, war ihr Vermächtnis ein Schatz, um den sich führende Museen bemüht hatten. Ihre Rolle als unangepasste Sammlerin unter unangepassten Künstlern hingegen gilt es noch zu entdecken.