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Pegida-Demonstration
Hartmann: Absage bleibt Ausnahmesituation

Die Pegida-Demonstration in Dresden abzusagen war richtig, findet der innenpolitische Sprecher der CDU in Sachsen, Christian Hartmann. Im DLF erklärte er, dass die Zeit zu knapp gewesen sei, um ein Sicherheitskonzept zu erarbeiten. Die Absage werde aber eine Ausnahme bleiben.

Christian Hartmann im Gespräch mit Friedbert Meurer |
    Der sächsische CDU-Politiker Christian Hartmann.
    Der sächsische CDU-Politiker Christian Hartmann hält die Absage der Pegida-Demonstration in Dresden für richtig. (imago / Sven Ellger)
    Friedbert Meurer: Die Pegida-Veranstaltungen heute Abend und auch geplante Kundgebungen dagegen, sie fallen aus. Der Polizei liegen offenbar konkrete Anschlagsdrohungen vor. Deswegen sind alle Veranstaltungen unter freiem Himmel heute bis Mitternacht in Dresden von den Sicherheitsbehörden abgesagt worden. Die Macher von Pegida haben dieser Absage zugestimmt, aber wohl nur schweren Herzens.
    Christian Hartmann ist innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im sächsischen Landtag und von Beruf Polizist. Guten Tag, Herr Hartmann.
    Christian Hartmann: Einen wunderschönen guten Tag.
    Meurer: Ist die Entscheidung Ihrer alten Polizeikollegen richtig?
    Hartmann: Im vorliegenden Erkenntnisprozess halte ich sie für richtig.
    Meurer: Warum gab es keine Alternative angeblich?
    Hartmann: Wir sind in der Situation, dass es am Freitag Hinweise gab konkret eines Anschlages auf einen Organisator der Pegida bei einer Pegida-Demonstration. Diese Informationen haben am Freitag die Polizei erreicht, sind am Samstag bestätigt und verdichtet worden, insbesondere auch durch das BKA. Die Hinweise waren ernst zu nehmen im Blick auf die Tatsache, dass am Montag die Demonstration stattfinden sollte. Dass die Zeit sowohl für den Veranstalter als auch für die Polizei, ein besonderes Sicherheitskonzept für diese Situation zu erstellen, sehr kurzfristig war, ist aus meiner Sicht diese Entscheidung verständlich und in Abwägung auch zu der Frage der Sicherheit der Öffentlichkeit auch notwendig gewesen.
    "Mehr als eine allgemeine Ansage aus dem Internet"
    Meurer: Es gibt im Internet jede Menge Wortdrohungen gegen Pegida-Leute, gegen AfD-Leute, gegen Pro Köln hier bei uns in Köln. Was war die besondere Qualität hier, dass man gesagt hat, selbst so eine allgemeine Ansage reicht, die Kundgebungen abzublasen?
    Hartmann: Ich glaube, es ist mehr wie eine allgemeine Ansage aus dem Internet. Es gibt konkrete Hinweise. Dass die jetzt nicht öffentlich diskutiert werden, dafür muss man auch Verständnis haben, als dass die Bekanntgabe von Quellenhinweisen und Informanten natürlich immer in sich birgt, dass damit auch die Informationsquellen und die Informationswege freigegeben werden. Klar ist, dass aus dem mir zumindest vorliegenden Kenntnisstand die Informationen mehr waren wie eine bloße Drohung im Internet, sondern klar verifizierbare Drohungen auf eine konkrete Person an einem konkreten Ort, und die sind ernst zu nehmen.
    Meurer: Und die Polizei hat offenbar gesagt, da haben wir nicht genug Leute, das alles zu schützen und abzusichern.
    Hartmann: Ich glaube, dass das ein Unterschied ist. Den muss man klar herausarbeiten. Die allgemeine Sicherheitssituation war für die Landeshauptstadt Dresden auch durch die Polizeikräfte beherrschbar. Dass die Herausforderungen für die Polizeidirektion groß sind, ist unbenommen so, aber wir wären in der Lage gewesen, unter allgemeiner Situation die Demonstrationen von Demonstrationsteilnehmern der Pegida und der Gegendemonstration zu beherrschen. Die Terrordrohung, die konkrete Drohung eines Anschlages auf eine Person bei der Demonstration durch einen Terroristen, möglicherweise in Form eines Sprengstoffattentates, unterscheidet sich erheblich von der allgemeinen Sicherheitssituation.
    "Auch die Pegida-Demonstration war ein Ziel"
    Meurer: Und wenn man dann gesagt hätte, man bittet Herrn Bachmann, wegzubleiben?
    Hartmann: Es gibt zwei Aspekte, die eine Rolle spielen: einmal die Drohung auf die konkrete Person und zum anderen die konkrete Drohung auf den Veranstaltungsort. Das heißt also, auch die Pegida-Demonstration war ein Ziel. Es gab den Gleichklang zwischen der Person und dem Ziel und es war nicht ausschließbar, und ich möchte deutlich sagen, dass die Diskussion sicherlich berechtigt ist, weil die Meinungsfreiheit ein hohes Gut ist. Aber man möge sich überlegen, was heute die Diskussion oder morgen die Diskussion wäre, wenn es tatsächlich zu einem Anschlag gekommen wäre, und ich glaube, es gibt einen in diesem Prozess, den man wirklich keine Politisierung der Entscheidung vorwerfen kann, und das ist die Polizei.
    Meurer: Wie soll die Polizei in den nächsten Wochen sich verhalten?
    Hartmann: Ich glaube, das ist eine Beurteilung der tatsächlichen Gefährdungs- und Bedrohungslage, ganz klar, und dazu stehen auch wir. Die Versammlungs- und die Demonstrationsfreiheit muss gewährt werden. Und wir gehen davon aus, dass sie auch in der nächsten Woche, auch in dieser Woche schon gewährleistet wird. Wir haben eine besondere Situation gehabt, als dass die Informationen Freitag/Samstag uns erreicht haben, heute die Demonstrationen stattfinden sollten, und sowohl der Veranstalter als auch die Polizei auf Grundlage der konkreten, aber im Detail nicht verifizierbaren Sicherheitssituation keine abschließende Sicherheitskonzeption erarbeiten konnte.
    "Schutz der Öffentlichkeit gefordert"
    Meurer: Es lag sozusagen an der knappen Zeit. Bis nächsten Montag hätte man Zeit für ein Sicherheitskonzept und kann dann das Risiko eingehen?
    Hartmann: Ich gehe davon aus, dass wir die Gefährdungssituation jetzt beurteilen werden, uns auf diese Situation einstellen werden. Ich werde jetzt keine abschließende Prognose wagen, aber ich bin sehr davon überzeugt, dass die Demonstrationsfreiheit in den nächsten Tagen auch gewährleistet wird und dass das, was wir heute erlebt haben, eine Ausnahmesituation bleiben wird.
    Meurer: Ist, Herr Hartmann, Ihrer Kenntnis nach darüber diskutiert worden zu sagen, okay, Pegida-Kundgebung kann leider nicht stattfinden, aber die Gegenkundgebung? Gegen die richtet sich ja nicht die Terrordrohung.
    Hartmann: Mir ist bekannt, dass die Polizei - und dazu ist sie auch gesetzlich verpflichtet - eine Abwägung des Gesamtprozesses vorgenommen hat, und das heißt, es sind auch diese Fragen besprochen und bewertet worden. So hat man mir gestern auch bestätigt und ich gehe davon aus, dass das heute auch im Innenausschuss noch einmal dargestellt wird. Aber auf Grundlage der Unbestimmtheit auch des Vorgehens möglicher Täter war die Gefährdungsanalyse so hoch, dass nicht auszuschließen war, dass es trotzdem zu einem Anschlag oder einem entsprechenden Handeln kommt, und hier ist ganz klar auch der Schutz der Öffentlichkeit und der Bevölkerung gefordert.
    "Es wird in den nächsten Wochen eine erhöhte Sicherheitspräsenz da sein"
    Meurer: Trotzdem die Frage: Werden Polizisten auch aus anderen Bundesländern herangezogen, nächsten Montag, übernächsten Montag?
    Hartmann: Die werden auch heute herangezogen. Es wird auf Grundlage der aktuellen Situation das volle Sicherheitsprogramm weiter aufrecht erhalten. Das heißt, es ist auch keine Kräfteminimierung erfolgt, sondern man nimmt die Situation sehr ernst. Es ist nicht so, dass jemand Angst und Sorge haben muss, aber die Sicherheitsstruktur ist sensibilisiert und es wird auch in den nächsten Wochen mit Sicherheit eine erhöhte Sicherheitspräsenz da sein. Das erwartet man zu Recht auch von der Polizei, dass hier der Schutz auch gewährleistet wird.
    Meurer: Noch ganz kurz: Heute Nachmittag Sondersitzung des Innenausschusses. Was wird da Ihre wichtigste Frage sein?
    Hartmann: Meine wichtigste Frage wird genau die Abwägung des Grundrechtseingriffes sein, weil es ist ein sehr, sehr hohes Gut in unserer Gesellschaft und das steht im Mittelpunkt des Entscheidungsprozesses. Nur können wir den nicht losgelöst betrachten von den Entwicklungen, die wir mit Paris, die wir in Belgien, auch in Berlin erlebt haben, und deswegen ist der Schutz der Bevölkerung hier wichtig abzuwägen, und das wird meine zentrale Frage sein, ob diese Abwägung im Detail auch dieser Tiefenprüfung standhält.
    Meurer: Alle Kundgebungen in Dresden sind heute aus Sicherheitsgründen von der Polizei abgesagt worden. Christian Hartmann ist der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im sächsischen Landtag. Herr Hartmann, danke und auf Wiederhören nach Dresden.
    Hartmann: Bitte! - Auf Wiederhören.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.