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Peking und Katar
Warum es 2022 nicht nur um Sport gehen wird

Olympische Winterspiele in Peking und die Fußball-WM im Wüstenstaat Katar: Das Sportjahr 2022 hält zwei Sportgroßereignisse parat. Aber es wird ein Jahr, in dem nicht nur der Sport im Fokus steht - denn die Gastgeber und Organisatoren müssen sich heftiger Kritik stellen.

Von Marina Schweizer |
Doha ist die Hauptstadt Katars
Doha ist die Hauptstadt Katars (Anna Osius)
"Wir werden die beste Weltmeisterschaft aller Zeiten Ende 2022 in Katar sehen", so prognostiziert es FIFA-Chef Gianni Infantino. Viele Fans und Menschenrechtsorganisationen glauben genau das Gegenteil: Sie sorgen sich wegen der Menschenrechtslage im Emirat. Laut einem Bericht von Amnesty International sind seit der WM-Vergabe über 15.000 Gastarbeiter ums Leben gekommen. Auch die LGBTQ-Community muss nach katarischem Recht schwere Strafen fürchten.
Infantino glaubt aber, dass der Fußball etwas zum Positiven verändern kann: "Wir müssen auch anerkennen, dass ohne das Scheinwerferlicht der WM viele Verbesserungen nicht gekommen wären. Jetzt hat es einige Veränderungen gegeben. Das ist nicht von der FIFA anerkannt worden, sondern von Internationalen Organisationen, vor allem für die Arbeitenden."

In China ist die Lage noch drastischer

Aber die Umsetzung stagniert, befinden Menschenrechtler, die sich auf Berichte aus dem Land stützen. Zu Olympia-Gastgeber China ist ihr Urteil noch drastischer: Die Lage habe sich seit den Spielen in Peking 2008 verschlechtert - sagt etwa Human Rights Watch. Es geht dabei zum Beispiel um die Unterdrückung ethnischer Minderheiten und die Meinungsfreiheit. Das Internationale Olympische Komitee beharrt darauf, dass es "politisch neutral" sei.
"Unsere Verantwortung ist nicht und kann es auch nicht sein, die politischen Probleme dieser Welt zu lösen", so IOC-Chef Thomas Bach jüngst im ZDF. Man sei nur für die Durchführung der Spiele verantwortlich – auch im Sinne der Athletinnen und Athleten.

Verbände und Veranstalter kommen ihrer Verantwortung nicht nach

Doch gerade sie wollen nicht, dass ihr Sport bei Großveranstaltungen mit Menschenrechtsverletzungen in Verbindung steht, sagt Maximilian Klein von Athleten Deutschland: "Sie können keinen Einfluss auf die Vergabeentscheidung ausüben und haben auch keine Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte im weiteren Prozess. Und trotzdem sollen sie dann Jahre später die Fehler der Verbände ausbaden und Verantwortung für diese tragen. Und da kann man dann schon von Instrumentalisierung sprechen, ja, zumindest aber von einer vorgeschobenen Ausrede, wenn die Verbände und Veranstalter dann Jahre später um die Ecke kommen und ja nicht müde werden zu betonen, dass es ja vor allem um die Athletinnen und Athleten und deren Sport gehe."
Verbände und Veranstalter kämen ihrer Verantwortung nicht nach. Was sich schon an der Vergabe nach Katar oder China zeige. Das findet auch Andrea Florence – Direktorin der Sport and RightsAlliance – einer globalen Koalition von Gewerkschaften und NGOs.
"An einem Punkt sind diese beiden Länder vergleichbar: Menschenrechte sind nicht in Betracht gezogen worden, als die Großereignisse vergeben worden sind. Das muss aber mit einbezogen werden, wenn so ein großes Ereignis von Ländern ausgetragen werden soll, die Menschenrechte nicht respektieren. Und die Regeln, die sich Sportverbände jetzt geben müssen auch erst einmal implementiert werden. Und zwar für alle Ereignisse."

In Zukunft soll auf Menschenrechte geachtet werden

Sowohl das IOC als auch die FIFA haben sich in den vergangenen Jahren mit NGOs getroffen und wollen jetzt mehr auf Menschenrechte achten – schreiben sie. Die FIFA will das bei künftigen Vergaben berücksichtigen.
An dieser Ankündigung wird sich der Sport messen lassen müssen, sagt Andrea Florence: "Ich hoffe, dass 2022 das Jahr sein wird, in dem der Sport endlich aufwacht und sich der Menschenrechte annimmt – nicht nur, in dem er sich mit seiner Verantwortung befasst, diese zu respektieren. Sondern auch, in dem er seine Macht einsetzt, um Menschenrechte voranzubringen und die Werte, die der Sport aufzeigt."
2022 - ein Jahr, in dem der Sport nicht davon losgelöst werden kann.