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Pence auf Sicherheitskonferenz
"Erleichtert, dass die Signale so klar kamen"

Auf der Münchener Sicherheitskonferenz hat US-Vizepräsident Mike Pence der NATO Unterstützung durch die USA zugesichert. Darüber sei er erleichtert, sagte Karl-Heinz Kamp von der Bundesakademie für Sicherheitspolitik im DLF. Trotzdem müsse sich Europa zukünftig auf eine eigene Sicherheitsstrategie konzentrieren.

Karl-Heinz Kamp im Gespräch mit Ute Meyer |
    Karl-Heinz Kamp, Direktor Weiterentwicklung an der Bundesakademie für Sicherheitspolitik, aufgenommen am 26.02.2015 während der ZDF-Talksendung "Maybrit Illner
    Karl-Heinz Kamp plädierte im DLF dafür, dass sich Europa auf eine eigene Sicherheitsstrategie konzentriert. (picture alliance/dpa - Karlheinz Schindler)
    Ute Meyer: Mit dabei bei der Münchener Sicherheitskonferenz ist Karl-Heinz Kamp, Präsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik, einem Thinktank und Weiterbildungsinstitut der Bundesregierung für Sicherheitspolitik, jetzt bei uns am Telefon. Schönen guten Tag, Herr Kamp!
    Karl-Heinz Kamp: Schönen guten Tag aus München, grüße Sie!
    Meyer: Herr Kamp, auch Sie haben die Reden von Merkel und Pence mitbekommen. Die Worte von Pence: Wir stehen im Prinzip loyal zur NATO. Sind Sie erleichtert?
    Kamp: Ja, man ist natürlich schon erleichtert, dass diese Signale so klar kamen, und sie kamen in der Tat äußerst klar, sie kamen äußerst engagiert, sie kamen sehr klar von allen Seiten. Wo natürlich ein bisschen die Skepsis im Raume ist, ist immer die Frage, für wen spricht Pence, für wen sprechen die Vertreter der amerikanischen Administration.
    Sprich bei einem so sprunghaften Präsidenten, kann es nicht morgen sein, der wird wieder eine neue Twitter-Meldung herausschickt, wo genau das Gegenteil gesagt wird. Also, man ist sich nicht ganz sicher, ob sozusagen die Einheit zwischen Präsident und seinem Stab gerade in solchen Aussagen immer gegeben ist. Dafür hat es zu viele widersprüchliche Aussagen bisher gegeben.
    "Das ist etwas, worauf Europa reagieren muss"
    Meyer: Vielleicht auch deshalb ist in Europa ja im Moment die Devise ausgegeben, wir müssen verteidigungs- und sicherheitspolitisch mehr Verantwortung für uns selber übernehmen. Und Bundesverteidigungsministerin von der Leyen hat auch schon eine Steigerung der Wehraufgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts angekündigt. Ist das der richtige Weg?
    Kamp: Also das ist der einzige oder das ist einer der Punkte, wo die Amerikaner wirklich recht haben: Die europäische Sicherheit, und da geht es ja mehr als nur um Militärisches, wird seit Jahrzehnten von den USA subventioniert. Das war ein Teil des Nachkriegsdeals, zu sagen, die Amerikaner sorgen dafür, dass die Europäer sich nicht um ihre Sicherheit kümmern müssen, dafür können sie ihren wirtschaftlichen Aufbau wieder machen.
    Das ist nun eine ganze Weile her, und seit vielen Jahren sagen die Amerikaner, dieser alte Deal, dieses Geschäft, das muss irgendwann mal ein bisschen ausbalanciert werden, und die Europäer haben das viele Jahre ignoriert. Und jetzt ist ein Präsident – mag man oder mag man nicht mögen –, der einfach sagt, ich führe diese unausgesprochene Kritik nicht mehr weiter, sondern ich streiche einfach die Subventionen.
    Das ist auf jeden Fall die Drohung, die dahintersteht, und das ist etwas, worauf Europa reagieren muss, nicht weil der amerikanische Präsident das sagt, sondern weil Europa nicht in der Lage ist, seine eigene Sicherheit im Militärischen, aber auch darüber hinaus, zu gewährleisten.
    Meyer Zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts sollten in die Bundeswehr fließen. Im Moment sind es noch 1,2 Prozent. Was sollte denn mit diesem Geld getan werden konkret?
    Kamp: Man kann lange streiten, ob diese zwei Prozent eine gute Zahl sind, die halt eben allein die Tatsache, dass Griechenland Nummer Zwei in der NATO ist bei der Erfüllung dieser Prozentzahl, ist ja schon irgendwas, was einen eben skeptisch macht. Wir haben aber nun mal diese Zahlen, wir haben die lange versprochen, insofern wird man sie als Maßzahl geben. Deswegen hilft es auch jetzt nicht, zu sagen, wir nehmen jetzt ganz viele Milliarden in die Hand, um dieses Kriterium zu erfüllen, weil wir können ja gar nicht schnell gut ausgeben, vernünftig ausgeben, um Kapazitäten zu schaffen. Wir wollen nicht Geld ausgeben, sondern wir wollen Fähigkeiten, militärische Fähigkeiten schaffen. Das hat die Kanzlerin auch so gesagt.
    Insofern ist es eigentlich getan mit einer Verstetigung der Steigerung, die wir jetzt haben. Die Europäer um 3,8 Prozent insgesamt gesteigert in den letzten Jahren. Wenn man das noch mal erhöht und wenn man das verstetigt, nicht ein Jahr ganz viel und dann wieder ganz lange nichts, dann ist es etwas, wo auch Militärs mit planen können, weil wir einfach militärische Fähigkeiten haben müssen, die wir insgesamt in Europa nicht haben.
    Meyer Im Moment ist die Bundeswehr ja an Auslandseinsätzen eher als Schutzmacht beteiligt, auch zu Ausbildungszwecken in Mali, in Afghanistan und auf dem Balkan. Müsste die Bundeswehr dann auch strukturell mehr zur Verteidigungsarmee ausgebildet werden oder einfach schlagkräftiger werden?
    Kamp: Wir sind seit der Annexion der Krim durch Russland wieder in der Artikel-5-Welt, in einer Welt, in der der Artikel 5 der Nato, sprich gegenseitiges Schutzversprechen, nicht nur so etwas rhetorisch Dahergesagtes ist, was es viele Jahre war, sondern etwas, das durch militärische Fähigkeiten, Verteidigungsfähigkeiten untermauert werden muss. Das macht die NATO gerade, indem sie entsprechende Streitkräfte aufbaut in Osteuropa, und das kostet Geld.
    Und das wird noch sehr viel mehr Geld kosten, weil einfach über die letzten Jahrzehnte man sehr viele Fähigkeiten reduziert hat aus guten Gründen, weil man nicht glaubte, dass es diese Bedrohung wieder gibt, weil man nicht glaubte, dass ein Land wieder einmal Grenzen in Europa mit Gewalt ändert und damit die europäische Sicherheitsordnung zerstört. Genau das ist geschehen, und auf diese fundamentale Veränderung muss auch die Bundeswehr reagieren, und sie tut es ja auch.
    "Wir haben einen Modernisierungsstau"
    Meyer: Aber zurzeit ist die Bundeswehr doch keine besonders schlagkräftige Armee, und immer wieder gibt es mal so Schlagzeilen, Hubschrauber funktionieren nicht, Sturmgewehre funktionierten nicht. Wie lange würde es überhaupt dauern, die Bundeswehr wirklich verteidigungsbereit zu machen, wie es so schön heißt?
    Kamp: Also ich glaube nicht, dass das, was man in der Zeitung liest, wo es dann die Schlagzeilen von der Schrottarmee gibt, das stimmt nicht. Dann wäre die Bundeswehr nicht der zeitweise zweitgrößte oder drittgrößte Truppensteller in Afghanistan gewesen. Tatsache ist natürlich, dass die Strukturen, die wir heute haben, nicht auf die neue Lage angepasst sind, und ja, in der Tat, man hat viele Jahre sozusagen nicht investiert. Dann haben wir einen Modernisierungsstau, das ist, wie wenn Sie mit einem Auto halt lange nicht in die Werkstatt fahren, irgendwann geht nicht nur ein Teil kaputt, sondern alles kaputt, und so sind wir jetzt da auch, dass der Modernisierungsstau und der Investitionsstau so groß geworden ist. Nicht umsonst hat die Verteidigungsministerin vor einigen Monaten 130 Milliarden über zehn Jahre nur an Ausrüstung gefordert. Da hat niemand ernsthaft protestiert. Insofern, das ist die Größenordnung, über die wir reden.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.