Der kanadische Premier Justin Trudeau sprach von einer Tragödie, die nicht nur Kanada in Schock versetze, sondern die ganze Welt. Er müsse sich an die Öffentlichkeit wenden, sagte Trudeau sichtlich bewegt, weil Informationen der eigenen Geheimdienste, aber auch der Verbündeten, den Verdacht nahelegten, dass die Maschine von einer iranischen Boden-Luft-Rakete abgeschossen wurde.
Umfassende Untersuchung gefordert
Dabei sei nicht auszuschließen, dass es sich um ein Versehen gehandelt haben könnte. Deshalb müsse eine umfassende und gründliche Untersuchung die Ursachen dieser Katastrophe lückenlos aufklären. Trudeau forderte von der iranischen Regierung den ungehinderten Zugang zu allen Informationen und die umfassende Beteiligung an den Untersuchungen.
Irans Außenminister Sarif habe sich bereits auf einen engen Dialog mit der kanadischen Regierung verpflichtet, sagte Trudeau. Allerdings werde es der Iran nicht zulassen, die Blackboxes mit allen Informationen über das Geschehen aus der Hand zu geben, teilte Trudeau mit. Den ukrainischen Ermittlern sei jedoch der Zugang zu den Flugschreibern zugesagt worden. Trudeau versprach den Angehörigen, nicht zu ruhen, bis das schreckliche Geschehen in allen Einzelheiten aufgeklärt sei.
Auch Trump vermutet Absturz
Für den Iran bedeutet diese Entwicklung eine erneute politische Belastungsprobe. Jedoch werden auch Fragen laut, ob das Geschehen nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der extralegalen Tötung des iranischen Generals Kassem Sulaimani durch die Trump-Administration stehe. Justin Trudeau wich dieser Frage nach der Mitverantwortung der USA aus, indem er erklärte, für derartige Rückschlüsse und Einschätzungen sei es noch zu früh.
Nur wenige Stunden vor dem öffentlichen Auftritt des kanadischen Premiers hatte US-Präsident Trump erste Verdachtsmomente geäußert. Er glaube nicht an technisches Versagen – eher an einen verhängnisvollen Fehler auf iranischer Seite, erklärte er im Weißen Haus. Das Flugzeug habe sich in einer ziemlich rauen Umgebung bewegt, so Trump wörtlich.
Trump muss sich mit dem Kongress auseinandersetzen
Trump steht wegen seines Vorgehens im Iran auch innenpolitisch in der Kritik. Selbst zwei republikanische Senatoren kritisierten den Präsidenten für den Anschlag auf Sulaimani und die gefährliche Eskalation am Golf. Den Kongress nicht zu informieren und eine Diskussion über die Angemessenheit der militärischen Intervention im Iran zu unterbinden, sei unamerikanisch, mit der Verfassung nicht zu vereinbaren und schlichtweg falsch, klagte der republikanische Senator Mike Lee.
Die Demokraten wollen deshalb dem Präsidenten beim militärischen Vorgehen gegen den Iran Grenzen setzen. Die Resolution dürfte aber an der republikanischen Mehrheit im Senat scheitern.