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Perillasäure: Schwieriger Dressurakt im Bioreaktor

Das Molekül dieser Woche heißt Perillasäure. Ein heute noch weitgehend unbekannter Naturstoff aus Pflanzen. Das könnte sich aber ändern. Biotechnologen haben einen Weg gefunden, um das Molekül von Bakterien produzieren zu lassen, und das aus Lebensmittelabfällen. Karriere machen könnte Perillasäure als natürlicher Konservierungsstoff in Kosmetika.

Von Volker Mrasek |
    Das Technikum der BRAIN AG in Zwingenberg bei Darmstadt. Es klingt, als plätscherten Regentropfen aufs Dach.

    "Das sind Membranventile, die hier schalten in einer gewissen Frequenz."

    In der Mitte des Raumes ein meterhoher Metallbottich.

    "Das ist ein großer Fermenter, ein Bioreaktor, wo Sie halt Bakterien kultivieren im großen Maßstab."

    Wie gut, dass Mikroben nicht schwindelig werden.

    "Wir fahren gerade die Drehzahl des Rührers hoch. Sie müssen eben möglichst homogen im Behälter verteilt werden. Dazu brauchen wir den Rührer."

    In solchen Fermentern produzieren Biotechnologen neuerdings auch Perillasäure. Bisher zwar nur in kleinen Laborreaktoren. Doch erfolgreich genug, um demnächst Versuche im Technikumsmaßstab zu starten. In einem gemeinsamen Projekt der BRAIN AG mit der DECHEMA, der Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie.

    Perillasäure ist ein Molekül mit einem Gerüst aus zehn Kohlenstoff-Atomen, ein sogenanntes Monoterpen. Es komme unter anderem in Schwarznessel-Arten vor, sagt Stefan Pelzer, Mikrobiologe beim Biotechnologieunternehmen BRAIN. Der besondere Reiz der Substanz:

    "Sie wirkt sowohl gegen Mikroorganismen, die Bakterien sein können, wie auch gegen Pilze und Hefen."

    Deswegen sehen die Forscher in dem Naturstoff eine Alternative zu den heute gängigsten Konservierungsmitteln in kosmetischen Erzeugnissen:

    "Sie alle kennen das Formaldehyd. Sie kennen Parabene."

    Konservierungsstoffe, von denen einige Kontaktallergien auslösen können und die bei Verbrauchern keinen guten Ruf genießen. Deshalb gibt es einen Bedarf für natürliche Ersatzstoffe.

    "Wenn das gelbe Licht hier auf Grün umschaltet, dann geht's los."
    Ein anderes Labor in Zwingenberg. Ein Gas-Chromatograph bestimmt den Reinheitsgrad der frisch produzierten Perillasäure.

    Die Mikrobe, mit der die Forscher arbeiten, ist eine Pseudomonas-Art, ein Bodenbakterium mit einer besonderen Enzym-Ausstattung. Sie erlaubt die Perillasäure-Produktion aus Abfällen der Zitrusfrüchte-Industrie. Jens Schrader, Biotechnologe bei der DECHEMA:

    "Der Ausgangsstoff, den wir hier einsetzen, das ist das Limonen. Und das ist ein Hauptbestandteil des ätherischen Öls von Orangenschalen. Und wenn die ganze Welt Orangensaft trinkt, dann bleibt halt auch sehr viel von diesen Orangenschalen übrig. Und aus diesem Stoff sucht man schon seit vielen Jahrzehnten intelligente Produkte zu machen."

    Mit dem Limonen verwertenden Bodenbakterium scheint jetzt ein Weg gefunden zu sein.

    Doch wie kann die Dressur der Mikrobe überhaupt gelingen? Der Stoff, den sie produziert, wirkt schließlich gegen Keime. Er müsste das Bakterium eigentlich umbringen. Der Trick: Die Perillasäure wird ständig abgeführt:

    "Da benutzen wir ein spezifisches Harz. Und können sozusagen die Perillasäure am Harz gebunden aus dem Prozess entfernen."

    Ursprünglich war geplant, das Molekül aus dem Bioreaktor im kommenden Jahr als Konservierungsstoff registrieren zu lassen. Das könne noch knapp werden, sagt Stefan Pelzer. Aber:

    "Wenn es 2012 nicht klappt, dann ist es halt das Jahr 2013."