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Perlen der Pressefreiheit: Ghana
Erzielte Erfolge verteidigen

Das westafrikanische Land Ghana ist eines der wenigen Länder Afrikas, in denen die Presse relativ frei berichten kann. Die Organisation "Reporter ohne Grenzen" verortet Ghana beim Grad der Pressefreiheit aktuell immerhin auf Platz 27 weltweit. Zu Recht?

Von Marc Dugge |
Fahnen vor einem Flutlichtmast in Ghana.
Fahnen vor einem Flutlichtmast in Ghana. (Imago Images / Photothek)
Wer in Ghana auf dem Laufenden sein will, kommt um den Radiosender "Joy FM" nicht herum. "Joy FM" klingt vom Namen her nach leichter Popwelle. Dabei ist es der führende Radiosender für politische Debatten und Informationen in Ghana. Moderator Evans Mensah leitet dort die Politikredaktion. Rote Linien für Journalisten gebe es kaum, sagt er:
"In Ghana kann ein Journalist normalerweise über alles berichten, ohne Repressalien fürchten zu müssen – entweder vom Staat oder von Privatorganisationen. Dafür sind wir bekannt – und das war auch einer der Gründe dafür, warum der Tag der Pressefreiheit im vergangenen Jahr offiziell in Ghana gefeiert wurde. Damals wurde immer wieder gesagt, dass wir auf dem afrikanischen Kontinent die Nummer Eins in Sachen Pressefreiheit sind."
Kratzer am guten Image
Der Glanz hat allerdings ein paar Kratzer bekommen: Im Vergleich zum Vorjahr ist Ghana um vier Plätze abgerutscht. Ein Grund dafür ist die Affäre um den Investigativreporter Ahmed Hussein-Suale. Er wurde Anfang des Jahres getötet, als Unbekannte auf Motorrädern das Feuer auf ihn eröffneten. Suale war gerade in seinem Auto unterwegs. Andrew Danso von der Vereinigung der unabhängigen Rundfunkanbieter:
"Der Fall hätte genauer untersucht werden müssen. Es ist uns nicht mitgeteilt worden, was er genau getan hat – und warum er so viel Ärger erregt hat, dass jemand ihn töten wollte. Man hätte den Bürgern danach auch noch einmal erklären können, was die Arbeit der Presse ist. Oder dafür sorgen können, dass wir Journalisten uns besser geschützt fühlen können."
Beides sei nicht passiert, sagt Andrew Danso. Im vergangenen Jahr hatte der getötete Ahmed Suale an einer Dokumentation über Korruption im ghanaischen Fußball mitgearbeitet - an der Seite des Starjournalisten Anas Aremeyaw Anas. Auch Anas bekam Drohanrufe und einschüchternde Textnachrichten. Ein Parlamentsabgeordneter nannte ihn einen "Erpresser", der, so wörtlich, "gehängt" werden müsse. Das sorgte in Ghana für Empörung. Anas kann über all das nur den Kopf schütteln:
"Warum willst du einen Journalisten tätlich angreifen? Was hast du davon? Wenn du als Politiker in der Opposition bist, sind wir Journalisten deine Freunde. Aber wenn du an die Regierung kommst, ändert sich das plötzlich. Das hilft nicht gerade."
Sein Name "Anas" ist ein Pseudonym. Wie er wirklich heißt, ist unbekannt – und auch sein Gesicht haben nur wenige gesehen. Anas verschleiert es in der Regel mit Fäden, auf denen Plastikperlen aufgereiht sind. Eine Sicherheitsmaßnahme, die längst sein Markenzeichen geworden ist:
"Ich denke, unser Volk hat in Sachen Pressefreiheit beeindruckende Erfolge erzielt. Mutige Journalisten wie der Herausgeber Thommy Thomson waren in den 90er-Jahren Vorkämpfer für die Pressefreiheit. Damals gab es in Ghana eine Kultur des Schweigens. Wir sind da weit gekommen – jetzt müssen wir diese Errungenschaften festigen."
Große Erfolge, aber noch Luft nach oben
Ein bemerkenswerter Schritt in diese Richtung sei das Informationsfreiheitsgesetz, so Anas. Es wurde Ende März vom ghanaischen Parlament verabschiedet. Behörden sind damit gesetzlich verpflichtet, den Bürgern Auskunft zu erteilen. Ein Gesetz dieser Art gibt es beispielsweise auch in Deutschland. Der Politikredakteur von "Joy FM", Evans Mensah, sieht das Gesetz allerdings noch mit Skepsis:
"Das Gesetz ist jetzt verabschiedet worden – es tritt aber erst in einem Jahr in Kraft. Die nötigen Voraussetzungen müssen erst dafür geschaffen werden. Es ist noch zu früh zu sagen, ob das wirklich die Pressefreiheit stärkt. Bisher jubelt jedenfalls keiner."
135 Zeitungen, knapp 130 Fernseh- und 390 Radiosender werben in Ghana um Leser, Zuschauer und Hörer. Dazu kommt noch eine große Zahl von Nachrichtenportalen im Internet. Evans Mensah sagt: Viele Journalisten in Ghana sind weder materiell noch technisch ausreichend ausgestattet. Sie liefen damit Gefahr, von reichen Politikern beeinflusst, ja gekauft zu werden. Auch der Investigativjournalist Anas sieht die eigene Zunft kritisch. Viele Journalisten nähmen die Pressefreiheit in Ghana als gegeben hin, ihnen fehle es an Berufsethos:
"Journalisten machen oft Stories, die nicht sauber recherchiert sind – das macht Menschen wütend. Aber das eigentliche Problem liegt bei der Regierung. Wenn sie Journalisten nicht angemessen behandelt, wenn sie sie wegen ihrer Haltung angreift – dann kann einem das Sorgen machen. Wir müssen zusammenstehen und sagen: Das dürfen wir nicht zulassen. Menschen haben ihr Leben gelassen, damit wir heute Pressefreiheit in Ghana genießen können. Dieser Kampf darf nicht umsonst gewesen sein."