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Personaldebatte in der CSU
"Das ist ein ganz normaler Gärungsprozess"

Die CSU stehe vor einem ganz schwierigen Jahr und müsse deshalb eine optimale Aufstellung ohne inneren Zwist finden, sagte der ehemalige CSU-Vorsitzende Erwin Huber im Dlf. Was jetzt gesucht werde, sei eine Zukunftsmannschaft. Dass dieser Prozess nicht ohne Reibungen verlaufe, sei völlig normal.

Erwin Huber im Gespräch mit Tobias Armbrüster |
    Der frühere CSU-Chef Erwin Huber (CSU) spricht am 09.11.2017 während einer Landtagssitzung im Plenarsaal vom Maximilianeum in München.
    "Aufstände" sei übertrieben, aber Diskussionen gebe es in der Partei "natürlich nach so einem schlimmen Wahlergebnis wie am 24. September", sagt der CSU-Politiker Erwin Huber im Dlf. (dpa / Matthias Balk)
    Tobias Armbrüster: Bei der CSU, da ist zurzeit einiges in Schieflage. Horst Seehofer ist so eine Art Parteichef und Ministerpräsident auf Abruf, und in der Partei, da werden die Rufe nach einer Ablösung immer lauter. Gestern, da sollte es nun eigentlich eine Entscheidung geben in dieser Top-Personalfrage, aber die wurde jetzt erst mal wieder um zehn Tage verschoben. – Am Telefon ist jetzt der ehemalige CSU-Vorsitzende Erwin Huber, heute Mitglied des bayerischen Landtags. Schönen guten Morgen nach München!
    Erwin Huber: Guten Morgen, Deutschland!
    Armbrüster: Herr Huber, warum tut sich die CSU mit dieser Entscheidung so schwer?
    Huber: Ja weil es nicht nur darum geht, einen Vorsitzenden zu bestimmen, sondern wir wollen eine Zukunftsmannschaft gleich installieren, weil wir ja im September 2018 Landtagswahlen haben, weil natürlich ein Generationenwechsel ansteht und weil wir uns damit längerfristig aufstellen wollen.
    Armbrüster: Jetzt hatte die CSU ja damit einige Wochen Zeit. Das sind ja alles Termine, die jetzt nicht spontan vom Himmel fallen. Eigentlich sollte es gestern eine Entscheidung geben. Wir haben jetzt heute Morgen schon gehört: Die Entscheidung ist nicht gefallen. Stattdessen soll es jetzt erst noch mal eine Findungskommission geben, haben wir gehört, und außerdem noch mal möglicherweise eine Wahl im Vorstand. Was ist denn da jetzt der genaue Zeitplan für die nächsten Tage?
    "Es geht darum, dass wir uns längerfristig aufstellen"
    Huber: Die Entscheidung fällt natürlich am Parteitag. Der ist am 15., 16. Dezember in Nürnberg. Alles was vorher an Beratungen und an Beschlussempfehlungen durch den Vorstand ist, sind natürlich nur Vorschläge. Horst Seehofer hat gestern gebeten, dass er noch Zeit bekommt für weitere Gespräche. Es geht also nicht nur um diese Gruppierung der erfahrenen Politiker, sondern es geht natürlich auch um viele Gruppierungen innerhalb der CSU. Es geht um die Landesgruppe, es geht um die Landtagsfraktion, und er will einen breiten Konsens herbeiführen. Durch die Sondierungsgespräche war dafür nicht ausreichend Zeit. Deshalb hat der Vorstand seinem Vorschlag zugestimmt, dann am 4. Dezember erst die Liste für den Parteitag zu beschließen.
    Armbrüster: Aber es geht doch eigentlich konkret nur um zwei Namen: Horst Seehofer und Markus Söder. Warum kann man da nicht eine Entscheidung treffen?
    Huber: Es geht natürlich schon um mehr Namen. Natürlich sind die zwei im Vordergrund, aber für einen Parteivorsitzenden werden auch andere Namen genannt. Ich sage jetzt nicht, dass das eine offizielle Benennung ist durch mich, aber im Gespräch sind natürlich Manfred Weber und Alexander Dobrindt, Joachim Herrmann. Das heißt, es geht darum, dass wir uns insgesamt, was Europa, was Bund, was Land angeht, doch längerfristig aufstellen mit Politikern dieser Generation so um die 40, 50 Jahre, und das braucht noch etwas Zeit.
    Armbrüster: Aber dass Markus Söder Ministerpräsident wird, das ist klar?
    Huber: Nein, klar ist gar nichts. Solange noch beraten wird, ist noch nichts klar. Auch spekulativ wird das zwar verbreitet, ist aber nicht entschieden. Da ist es nämlich auch so, dass Horst Seehofer bis zum September 2018 gewählt ist als Ministerpräsident. Das steht einmal und zunächst sind die Parteientscheidungen zu treffen. Aber man wird ein Gesamttableau machen und dass wir uns da ein bisschen mehr Zeit nehmen und nichts übers Knie brechen, das ist eigentlich schon logisch, wobei ich mir durchaus erhofft hätte, dass Horst Seehofer etwas schneller seine persönliche Entscheidung trifft. Aber auf zehn Tage hin oder her kommt es jetzt ja nicht an.
    Armbrüster: Warum kann er denn diese Entscheidung nicht treffen?
    "Ein Tableau mit möglichst viel Harmonie und Einigkeit"
    Huber: Das kann er nur selber sagen. Er sagt, er will ein Tableau mit möglichst viel Harmonie und Einigkeit in der CSU, damit der Streit nicht weitergeht oder versteckt weitergeht. In Berlin ist unsere Handlungsfähigkeit gewährleistet und deshalb können wir uns natürlich mit dieser Entscheidung auch noch ein paar Tage mehr Zeit lassen. Die Sorgen, wie geht es weiter mit der CSU, die muss man in Deutschland nicht haben. Wir werden rechtzeitig die Entscheidungen gut treffen.
    Armbrüster: Herr Huber, das klingt jetzt alles so ein bisschen, als sei Horst Seehofer der Alleinbestimmer in Ihrer Partei.
    Huber: Das wollte ich gerade nicht sagen. Die Tatsache, dass man mit vielen Gruppierungen spricht, heißt auch, dass es nicht eine Regelung von oben gibt. Horst Seehofer kann natürlich auch nicht den Vorsitz oder andere Ämter vererben wie einen Bauernhof, sondern das wird in einer demokratischen Partei demokratisch entschieden. Und dass man doch vorher austariert, was ist konfliktfrei und mit möglichst hoher Geschlossenheit möglich, das braucht ein bisschen Zeit. Denn wir sind vor einem ganz schwierigen Jahr und deshalb muss eine optimale Aufstellung ohne inneren Zwist und ohne Hader gefunden werden.
    Armbrüster: Herr Huber, vielleicht können Sie uns das noch etwas genauer erklären, auch den Hörerinnen und Hörern, die jetzt vielleicht nicht unbedingt so vertraut sind mit der bayerischen Innenpolitik. Was genau steht denn eigentlich zwischen diesen beiden Kontrahenten, zwischen Horst Seehofer und Markus Söder, abgesehen davon, dass sie möglicherweise aus unterschiedlichen Landesteilen von Bayern kommen?
    "Jedenfalls ist es kein Richtungsstreit"
    Huber: Das ist eine schwierige Frage, ja. Einmal: Die unterschiedlichen Landesteile, Franken und Oberbayern, glaube ich, spielen da keine entscheidende Rolle. Das ist ja auch keine Demarkationslinie in Bayern. Wir sind ein Land. Vielleicht kann man sagen, es ist wie in der Natur die Frage alter Löwe, junger Löwe, aber da begebe ich mich auf ein schwieriges Feld. Jedenfalls ist es kein Richtungsstreit. Es ist keine weltanschauliche ideologische Auseinandersetzung. Vielleicht kann ich das noch für unsere Anhänger außerhalb Bayerns sagen. Wir sind nicht eine zerrissene Partei in einen linken oder in einen rechten Flügel, sondern wir sind weltanschaulich und vom Programm her geschlossen. Aber es gibt natürlich den Generationenwechsel, der in den Unternehmen, der in Parteien, der in Organisationen natürlich immer etwas auch mit Unruhe und mit Irritationen verbunden ist. In einem solchen Prozess sind wir. Aber wenn der Mitte Dezember abgeschlossen ist, ist die CSU in voller Kampfkraft wieder verfügbar.
    Armbrüster: Aber ist das wirklich geschlossen, wenn wir uns das vor Augen führen, was da in den vergangenen Wochen in München passiert ist? Wir hören ständig Rücktrittsrufe gegen Horst Seehofer. Wir hören, dass es da Aufstände gibt in verschiedenen Gremien, dass gleichzeitig aber Horst Seehofer und sein Lager fest an diesen Posten festhalten. Geschlossenheit sieht doch eigentlich anders aus.
    "Wir müssen mit einer gewissen Unruhe leben"
    Huber: Aufstände ist natürlich schon übertrieben. Aber dass es natürlich nach so einem schlimmen Wahlergebnis wie am 24. September zu Diskussionen kommt, ist ja ganz normal in einer lebendigen Partei, wo sich auch bis hin zu den Orts- und Kreisverbänden die Leute kümmern und sorgen. Wenn man sich dann eine Phase von zwei, drei Monaten gibt, um das Ganze zu klären, ist das eher ein ganz normaler Gärungsprozess. Aber eines muss am Ziel sein, nämlich dann wieder die legendäre Geschlossenheit der CSU. Zwischendrin müssen wir mit einer gewissen Unruhe leben.
    Armbrüster: Live hier bei uns in den "Informationen am Morgen" im Deutschlandfunk war das Erwin Huber, der ehemalige Parteivorsitzende der CSU. Vielen Dank für das Interview heute Morgen.
    Huber: Schönen Tag.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.