Die SPD hat sich als eine echte Schlangengrube erwiesen. Das findet zumindest die Schwester von Martin Schulz, Doris Harst, selbst Sozialdemokratin. Sie kritisiert in der "Welt am Sonntag": Andrea Nahles, Olaf Scholz und andere machten ihren Bruder zum Sündenbock für alles. Dies zeigt: Sollte Schulz geglaubt haben, dass eine Personaldebatte mit seinem Schritt, auf das Außenamt zu verzichten, schnell beendet werden könnte, dann hat er sich also ziemlich getäuscht.
So diskutieren die Sozialdemokraten auch, wie die Wahl des Parteivorsitzenden in Zukunft gestaltet werden könnte. Martin Schulz hatte angekündigt, seinen Posten an SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles abgeben zu wollen.
Vertreter der SPD-Linken forderten, den kommenden Parteivorsitzenden in einer Urwahl zu bestimmen. Die Parteilinke Hilde Mattheis verlangt im "Tagesspiegel am Sonntag" ein transparentes Verfahren. Es könne nicht sein, dass der SPD-Vorsitz quasi unter der Hand vergeben würde.
Mit einer Urwahl sympathisiert auch die geschäftsführende Familienministerin Katharina Barley. In diesem Modus wählen die Parteimitglieder direkt ihren Chef, nicht bloß die Delegierten auf einem Parteitag. Der SPD-Vizevorsitzende Ralf Stegner warnte heute im NDR-Hörfunk, dass dies etwas sei, was im Augenblick das Parteiengesetz gar nicht zulasse.
Debatte über die Koalitionsvereinbarung
"Ich glaube, wir sind alle klug beraten, wenn wir jetzt Personaldebatten sein lassen und dazu alle mal die Klappe halten."
Personaldebatte, hin oder her: Schwierig dürfte auch die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Koalitionsvertrag werden; eine Diskussion, die aus Sicht von Vogt auch noch nach dem Mitgliederentscheid fortgeführt werden müsse.
"Es geht jetzt auch nicht darum zu sagen, wir stimmen einmal einem Koalitionsvertrag zu und dann legen wir uns alle hin und warten vier Jahre bis alles besser wird. Sondern ich glaube, gerade die Bundestagsfraktion ist aufgefordert, in den nächsten vier Jahren an vielen Stellen deutlich zu machen, was die tatsächlichen sozialdemokratischen Kernforderungen sind".
Vor den Genossen steht also viel Arbeit. Der Reihe nach geordnet geht es jetzt zunächst um den Mitgliederentscheid.
Die Parteispitze will Anfang kommender Woche mit der Überzeugungsarbeit loslegen. Was nicht leicht werden könnte: Parallel dazu läuft die NoGroko-Kampagne von Jusochef Kevin Kühnert. Er wirbt deutschlandweit dafür, beim Entscheid Nein zu sagen.
CDU-Basis ist enttäuscht
Familienministerin Barley geht davon aus, dass die geplante Ressortaufteilung der SPD helfen wird, ihre Mitglieder von einer neuen Großen Koalition zu überzeugen. Der "Rheinischen Post" sagte sie, dass da die CDU eindeutig verloren habe.
Das sieht der CDU-Bundestagsabgeordnete Olav Gutting auch so. Er hatte einen Erleichterungstweet abgesetzt: "Puuh, Wir haben wenigstens noch das Kanzleramt!" Damit meint er, die schlechte Stimmung in der CDU gut abgebildet zu haben, wie er heute im Deutschlandfunk erläuterte:
"Die Stimmung an der Basis entspricht genau diesem Tweet. Die Menschen sind enttäuscht, frustriert und sehen das Wahlergebnis letztendlich verdreht."
Die CDU erhält das Landwirtschafts- und das Wirtschaftsministerium, die prestigeträchtigen Ressorts Innen- und Finanzen sollen die Christdemokraten jedoch abgeben.
"Das Finanzministerium ist der Dreh- und Angelpunkt und genau diesen Verlust, den kreide ich auch unserer Führung an. Denn das wäre aus meiner Sicht nicht notwendig gewesen und dieser Verlust, der wird uns noch schmerzen."
Scholz will keine neuen Schulden
Im "Interview der Woche" des Deutschlandfunks ruft Daniel Günther, Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, zur Mäßigung auf. Zwar sei auch er mit der Verteilung der Ressorts unzufrieden, jedoch "wenn herausgehobene Funktionäre sich in einer solchen Art und Weise äußern, dann finde ich das schon mehr als befremdlich. Wenn die Mittelstandsvereinigung die Ressortverteilung kritisiert an einem Tag, wo zum ersten Mal seit Ludwig Erhard die CDU endlich den Wirtschaftsminister stellt, hätte ich mir schon auch gewünscht, darauf mal einen Fokus zu legen."
Unterdessen bekannte sich der neue mögliche SPD-Finanzminister Olaf Scholz zu einem Bundeshaushalt ohne neue Schulden. "Die Sozialdemokraten stünden für solide Finanzen", sagte der SPD-Vize dem "Spiegel". Mehrausgaben seien möglich, wenn zusätzliches Wirtschaftswachstum und steigende Steuereinnahmen dies erlaubten.
Neue Akzente will Scholz in der Europapolitik setzen. So wolle man anderen europäischen Staaten nicht vorschreiben, wie sie sich zu entwickeln haben. Da seien in der Vergangenheit sicherlich Fehler gemacht worden", sagte Scholz. Wichtig sei auch, sich um die Folgen des Ausstiegs Großbritanniens aus der EU zu kümmern. Deutschland werde die entstehende Lücke in den Finanzen der Gemeinschaft maßgeblich mitfüllen müssen, aber ganz sicher nicht alleine.