Jürgen Liminski: Der neue Vorsitzende der FDP kommt aus der jungen Garde, wie sein Vorgänger Westerwelle die nachrückende Führungsgeneration nennt, aber er ist im Vergleich zu anderen dennoch ein Neuling, nicht so gut vernetzt und hat vor allem ein Manko: Er hat kein Bundestagsmandat und kann deshalb im Bundestag nicht so ohne Weiteres in Debatten eingreifen, nur dann, wenn sie sein Ministerressort betreffen. Das ist für die Darstellung des Vorsitzenden einer Partei ein Handicap. Ist er auch deshalb eher eine Notlösung als ein Hoffnungsträger? Ist das überhaupt ein überzeugender Neuanfang? – Diese Frage stellte mein Kollege Gerd Breker gestern Abend dem FDP-Abgeordneten Johannes Vogel.
Johannes Vogel: Ja, das ist es. Ich bin vor allem froh, dass wir mit Philipp Rösler in meinen Augen einen ganz exzellenten Kandidaten für den Bundesvorsitzenden – das ist ja nun das zentrale Amt in einer Partei – haben, der in meinen Augen übrigens für einen Liberalismus steht, der ein unglaublich sympathischer Typ ist auch und für einen Liberalismus steht, der einen einfach sozialen Zugang hat, der da insofern auch einen neuen Ton und auch eine neue Gewichtung reinbringt, die mir persönlich sehr gefällt, die ich sehr unterstütze. Aber ein Neustart besteht ja übrigens nicht nur aus Personal. Der Bundesvorsitzende, der neue Designierte, wenn der Parteitag ihn denn wählt, was ich hoffe, wird ja auch ein neues Präsidium vorschlagen, da wird es weitere personelle Veränderungen geben. Aber er hat sich sehr bewusst entschieden zu sagen, im Kabinett will er keine Veränderung vornehmen, weil er eben auch nicht nur die FDP mit jungen Leuten zwischen 30 und 40 führen will, sondern mit einem breiten Generationenmix. Das halte ich für richtig. Das Entscheidende werden jetzt die Inhalte sein. Bei einem Neustart geht es ja auch darum, inhaltlich jetzt die FDP neu aufzustellen, und da wird er Vorschläge machen.
Gerd Breker: Auf den Inhalt kommen wir gleich noch, Herr Vogel. Es geht vor allen Dingen ja um die verlorene Glaubwürdigkeit der FDP.
Vogel: Ja!
Breker: Kann man diese Glaubwürdigkeit mit dem alten Personal zurückgewinnen?
Vogel: Ich glaube, Glaubwürdigkeit, das muss man sagen, deswegen wird das auch ein langer Prozess sein im Übrigen. Ich glaube, wir sollten uns nicht der Illusion hingeben, wir tauschen den Vorsitzenden aus und die Krise der FDP ist überwunden. Glaubwürdigkeit ist schnell verspielt, man gewinnt sie Schritt für Schritt zurück und ich glaube, man gewinnt sie dadurch zurück, indem man inhaltliche Glaubwürdigkeit untermauert und eben sozusagen auf die Probleme der Menschen eine Antwort gibt und Schritt für Schritt liberale Politik umsetzt. Damit waren die Menschen im letzten Jahr unzufrieden. Teilweise ist auch, glaube ich, in den Augen vieler Bürger verschwommen geworden, wofür die FDP steht, und deshalb ist es richtig, hier Schritt für Schritt auch zu liefern, was wir versprochen haben vor der Wahl - da sind ja auch noch viele Punkte offen, ich sage mal zum Beispiel Entlastung der Mittelschicht -, aber dann eben auch sich neue Themen zu erarbeiten aus der liberalen Grundhaltung heraus, die eben auf aktuelle gesellschaftliche Fragestellungen eine Antwort geben. Und ich glaube, wenn man das liefert, dann gewinnt man Schritt für Schritt Glaubwürdigkeit zurück.
Breker: Wenn es um Glaubwürdigkeit geht, Herr Vogel, ist es dann klug, wenn der neue Parteivorsitzende ein nicht klassisches FDP-Ministeramt bekleidet?
Vogel: Er hätte sich ja auch anders entscheiden können. Also ich bin mir ganz sicher, die Partei wäre einem neuen Vorsitzenden gefolgt, wenn er personelle Veränderungen im Kabinett hätte vornehmen wollen. Aber er hat sich bewusst dagegen entschieden. Ich habe es eben schon gesagt. Er sagt, er will verschiedene Richtungen der Partei, auch verschiedene Altersstufen der Partei, verschiedene Persönlichkeiten einbinden, und er hat gesagt, er will in seinem Ressort weiter Verantwortung übernehmen - da gibt es ja auch noch was zu tun, ich nenne nur die Reform der Pflegeversicherung, ein wichtiges Thema -, will aber auch aus einem eingearbeiteten Ministeramt sich auf die sozusagen Neuaufstellung der FDP konzentrieren können als Parteivorsitzender. Und in der Summe dieser Beweggründe hat er seine Entscheidung getroffen, und ich glaube, dass sozusagen er diese Entscheidung treffen musste und wir aber eine gute Chance haben, auch in dieser Konstellation natürlich uns jetzt aus der Krise hervorzuarbeiten.
Breker: Philipp Rösler sprach von einem ersten Schritt zu einer inhaltlichen und personellen Erneuerung der Freien Demokratischen Partei. Weitere Schritte müssten und weitere Schritte würden auch folgen. Um welche personelle Erneuerung kann es denn auf dem nächsten Parteitag gehen?
Vogel: Es wird ja ein gesamtes Präsidium neu gewählt, und da wird er jetzt Vorstellungen entwickeln, gemeinsam mit der gesamten Partei und aus den Landesverbänden heraus, wer das neue Führungsteam der FDP sein soll. Also in der Tat ist die personelle Neuaufstellung nur mit der Position des Bundesvorsitzenden noch nicht durch. Wir werden da wie gesagt die Parteiführung, die gesamte Parteiführung auf dem nächsten Parteitag neu wählen. Und er hat auch angekündigt, eben einen inhaltlichen, strategischen Antrag vorzulegen, um auch klar zu definieren, was sind die Leitmotive und zentralen Projekte der FDP für die zweite Hälfte der Legislaturperiode. Und das zusammen kann in meinen Augen eine Grundlage bilden, wie gesagt, sich Vertrauen zurückzuerarbeiten.
Breker: Dass eine Partei die inhaltliche und personelle Erneuerung in der Regierung versucht, in einer Koalition mit dem dazugehörigen Koalitionsvertrag, das geht doch eigentlich nur, wenn der große Partner mitspielt. Sprich: Die FDP ist auf die Hilfe von Angela Merkel angewiesen.
Vogel: Na ja, Angela Merkel ist auch auf die Hilfe von uns angewiesen. In einer Koalition ist man, weil kein Partner alleine eine Mehrheit hat, und deshalb muss man immer gemeinsam entscheiden, was man tut. Insofern, glaube ich, gibt es da für – wie soll ich sagen? – Abhängigkeitsgefühle keinen Anlass. Man muss Kompromisse schließen, das ist richtig. Aber auch Angela Merkel und die Union werden nicht ignorieren können, welche Wünsche die FDP hat. Das werden ja auch nicht nur neue sein. Ich habe ja gesagt, wir haben auch viele Wahlversprechen noch offen, die wir noch umsetzen müssen. Aber wenn wir uns weitere Themen vornehmen für diese Legislaturperiode, wird sich die Union der Diskussion natürlich nicht verschließen können. Dafür ist eine Koalition ja da!
Breker: Herr Vogel, die inhaltliche Neuausrichtung der Partei, bedeutet das nicht eigentlich die Rückbesinnung auf die alten liberalen Werte?
Vogel: Das bedeutet die Besinnung auf einen ganzheitlichen Liberalismus, der drei Dinge zusammenbringt. Der bringt Bekenntnis zur Marktwirtschaft, wirtschaftspolitische Kompetenz, die wirtschaftliche Seite der Freiheit zusammen. Da gehört zum Beispiel auch die Konsolidierung der Haushalte übrigens dazu, Verhinderung von Verschuldungswahnsinn. Der bringt Schutz der Bürgerrechte gerade auch in Zeiten neuer Technologien im Internet und gesellschaftspolitische Liberalität zusammen als zweiten Block und als dritten Block in meinen Augen das Thema Chancengerechtigkeit. Wir haben doch in unserer Gesellschaft auch die Situation, dass wir das Aufstiegsversprechen erneuern müssen. Diesen Dreiklang, wirtschaftspolitische Seite, Bürgerrechte, gesellschaftspolitische Liberalität und das Aufstiegsversprechen, die Chancengerechtigkeit, die müssen wir zusammenbringen. Das ist der klassisch liberale Dreiklang, da haben Sie recht, aber es war sicherlich ein Fehler und ein Problem, ein Grund für die Lage der FDP ist, dass wir in der öffentlichen Wahrnehmung uns zu sehr auf einen Bereich konzentriert haben. Das müssen wir korrigieren.
Liminski: Zum Neuanfang der FDP war das der FDP-Abgeordnete Johannes Vogel im Gespräch mit meinem Kollegen Gerd Breker.
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Gerd Breker: Auf den Inhalt kommen wir gleich noch, Herr Vogel. Es geht vor allen Dingen ja um die verlorene Glaubwürdigkeit der FDP.
Vogel: Ja!
Breker: Kann man diese Glaubwürdigkeit mit dem alten Personal zurückgewinnen?
Vogel: Ich glaube, Glaubwürdigkeit, das muss man sagen, deswegen wird das auch ein langer Prozess sein im Übrigen. Ich glaube, wir sollten uns nicht der Illusion hingeben, wir tauschen den Vorsitzenden aus und die Krise der FDP ist überwunden. Glaubwürdigkeit ist schnell verspielt, man gewinnt sie Schritt für Schritt zurück und ich glaube, man gewinnt sie dadurch zurück, indem man inhaltliche Glaubwürdigkeit untermauert und eben sozusagen auf die Probleme der Menschen eine Antwort gibt und Schritt für Schritt liberale Politik umsetzt. Damit waren die Menschen im letzten Jahr unzufrieden. Teilweise ist auch, glaube ich, in den Augen vieler Bürger verschwommen geworden, wofür die FDP steht, und deshalb ist es richtig, hier Schritt für Schritt auch zu liefern, was wir versprochen haben vor der Wahl - da sind ja auch noch viele Punkte offen, ich sage mal zum Beispiel Entlastung der Mittelschicht -, aber dann eben auch sich neue Themen zu erarbeiten aus der liberalen Grundhaltung heraus, die eben auf aktuelle gesellschaftliche Fragestellungen eine Antwort geben. Und ich glaube, wenn man das liefert, dann gewinnt man Schritt für Schritt Glaubwürdigkeit zurück.
Breker: Wenn es um Glaubwürdigkeit geht, Herr Vogel, ist es dann klug, wenn der neue Parteivorsitzende ein nicht klassisches FDP-Ministeramt bekleidet?
Vogel: Er hätte sich ja auch anders entscheiden können. Also ich bin mir ganz sicher, die Partei wäre einem neuen Vorsitzenden gefolgt, wenn er personelle Veränderungen im Kabinett hätte vornehmen wollen. Aber er hat sich bewusst dagegen entschieden. Ich habe es eben schon gesagt. Er sagt, er will verschiedene Richtungen der Partei, auch verschiedene Altersstufen der Partei, verschiedene Persönlichkeiten einbinden, und er hat gesagt, er will in seinem Ressort weiter Verantwortung übernehmen - da gibt es ja auch noch was zu tun, ich nenne nur die Reform der Pflegeversicherung, ein wichtiges Thema -, will aber auch aus einem eingearbeiteten Ministeramt sich auf die sozusagen Neuaufstellung der FDP konzentrieren können als Parteivorsitzender. Und in der Summe dieser Beweggründe hat er seine Entscheidung getroffen, und ich glaube, dass sozusagen er diese Entscheidung treffen musste und wir aber eine gute Chance haben, auch in dieser Konstellation natürlich uns jetzt aus der Krise hervorzuarbeiten.
Breker: Philipp Rösler sprach von einem ersten Schritt zu einer inhaltlichen und personellen Erneuerung der Freien Demokratischen Partei. Weitere Schritte müssten und weitere Schritte würden auch folgen. Um welche personelle Erneuerung kann es denn auf dem nächsten Parteitag gehen?
Vogel: Es wird ja ein gesamtes Präsidium neu gewählt, und da wird er jetzt Vorstellungen entwickeln, gemeinsam mit der gesamten Partei und aus den Landesverbänden heraus, wer das neue Führungsteam der FDP sein soll. Also in der Tat ist die personelle Neuaufstellung nur mit der Position des Bundesvorsitzenden noch nicht durch. Wir werden da wie gesagt die Parteiführung, die gesamte Parteiführung auf dem nächsten Parteitag neu wählen. Und er hat auch angekündigt, eben einen inhaltlichen, strategischen Antrag vorzulegen, um auch klar zu definieren, was sind die Leitmotive und zentralen Projekte der FDP für die zweite Hälfte der Legislaturperiode. Und das zusammen kann in meinen Augen eine Grundlage bilden, wie gesagt, sich Vertrauen zurückzuerarbeiten.
Breker: Dass eine Partei die inhaltliche und personelle Erneuerung in der Regierung versucht, in einer Koalition mit dem dazugehörigen Koalitionsvertrag, das geht doch eigentlich nur, wenn der große Partner mitspielt. Sprich: Die FDP ist auf die Hilfe von Angela Merkel angewiesen.
Vogel: Na ja, Angela Merkel ist auch auf die Hilfe von uns angewiesen. In einer Koalition ist man, weil kein Partner alleine eine Mehrheit hat, und deshalb muss man immer gemeinsam entscheiden, was man tut. Insofern, glaube ich, gibt es da für – wie soll ich sagen? – Abhängigkeitsgefühle keinen Anlass. Man muss Kompromisse schließen, das ist richtig. Aber auch Angela Merkel und die Union werden nicht ignorieren können, welche Wünsche die FDP hat. Das werden ja auch nicht nur neue sein. Ich habe ja gesagt, wir haben auch viele Wahlversprechen noch offen, die wir noch umsetzen müssen. Aber wenn wir uns weitere Themen vornehmen für diese Legislaturperiode, wird sich die Union der Diskussion natürlich nicht verschließen können. Dafür ist eine Koalition ja da!
Breker: Herr Vogel, die inhaltliche Neuausrichtung der Partei, bedeutet das nicht eigentlich die Rückbesinnung auf die alten liberalen Werte?
Vogel: Das bedeutet die Besinnung auf einen ganzheitlichen Liberalismus, der drei Dinge zusammenbringt. Der bringt Bekenntnis zur Marktwirtschaft, wirtschaftspolitische Kompetenz, die wirtschaftliche Seite der Freiheit zusammen. Da gehört zum Beispiel auch die Konsolidierung der Haushalte übrigens dazu, Verhinderung von Verschuldungswahnsinn. Der bringt Schutz der Bürgerrechte gerade auch in Zeiten neuer Technologien im Internet und gesellschaftspolitische Liberalität zusammen als zweiten Block und als dritten Block in meinen Augen das Thema Chancengerechtigkeit. Wir haben doch in unserer Gesellschaft auch die Situation, dass wir das Aufstiegsversprechen erneuern müssen. Diesen Dreiklang, wirtschaftspolitische Seite, Bürgerrechte, gesellschaftspolitische Liberalität und das Aufstiegsversprechen, die Chancengerechtigkeit, die müssen wir zusammenbringen. Das ist der klassisch liberale Dreiklang, da haben Sie recht, aber es war sicherlich ein Fehler und ein Problem, ein Grund für die Lage der FDP ist, dass wir in der öffentlichen Wahrnehmung uns zu sehr auf einen Bereich konzentriert haben. Das müssen wir korrigieren.
Liminski: Zum Neuanfang der FDP war das der FDP-Abgeordnete Johannes Vogel im Gespräch mit meinem Kollegen Gerd Breker.
"Die Marke FDP ist etwas verblasst" - FDP-Urgestein Klaus Kinkel will seiner Partei Mut machen
Rösler kandidiert für FDP-Vorsitz
Westerwelle gibt auch den Vizekanzler ab
Reaktionen auf den Rücktritt des Parteivorsitzenden Westerwelle
CSU-Politiker Hans Michelbach empfiehlt den Liberalen einen "Policy-Mix" aus bewährten und neuen Kräften
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