Nachdem sich entscheidende DFB-Funktionäre heillos zerstritten und in unterschiedliche Affären verstrickt hatten, gab der DFB am Dienstagabend bekannt: Präsident Fritz Keller wird kommende Woche von seinem Amt zurücktreten und der Vertrag mit Generalsekretär Friedrich Curtius aufgelöst. Vizepräsident Rainer Koch und Schatzmeister Stephan Osnabrügge werden bei einem vorgezogenen DFB-Bundestag nicht mehr für ihre Ämter antreten.
"Sportpolitische Bankrotterklärung"
Ein kompletter Neustart sei das nicht, sondern eine "sportpolitische Bankrotterklärung", sagte der Sportpolitik-Experte von der Süddeutschen Zeitung, Thomas Kistner. Dass Generalsekretär Curtius und Schatzmeister Osnabrügge "von der Bühne des deutschen Fußballs verschwinden werden, ist ohne Frage zu begrüßen", so Kistner im DLF-Gespräch. Präsident Keller habe zwar eine größere Integrität als andere Fußball-Funktionäre, aber: "Er hat leider auch das Talent, in Fettnäpfchen zu treten – sogar in solche, die es gar nicht gibt." Darüber sei er mit dem Vergleich des DFB-Vizepräsidenten Rainer Koch mit dem Nazi-Richter Roland Freisler weit hinaus gegangen. Kistner ist sicher: "Wäre das nicht passiert, hätte Keller da die Contenance bewahrt, dann würde er heute als strahlender Sieger dastehen." Keller hätte dann anders als seine Widersacher Koch, Curtius und Osnabrügge die Krise beim DFB überstehen können.
Keller habe – ebenfalls anders als andere Funktionäre beim DFB – "keine Leichen im Schrank, die man finden könnte, wenn er weg ist". Kistner vermutet, dass der Stress der vergangenen Monate nicht spurlos an dem Präsidenten vorbeigegangen ist: "So etwas belastet ja auch gesundheitlich." Keller gibt sein Amt allerdings erst am kommenden Montag ab. Das wiederum hänge mit dem Urteil des DFB-Sportgerichts zusammen, das vor dem Wochenende erwartet wird, erklärte Kistner. Wenn Keller vorher sein Amt abgebe, gebe es das Urteil im Verfahren um Kellers Freisler-Zitat nicht mehr. Seine Gegner im Verband könnten dann behaupten, dass Keller über dieses Urteil ohnehin gestolpert wäre: "Wenn es ein Urteil gibt, dann kann es auch keine neuen Legenden geben."
Koch als kommissarischer DFB-Präsident: "Ein Skandal im Skandal"
Vizepräsident Rainer Koch übernimmt zum dritten Mal kommissarisch die Führung des Verbandes - dieses Mal gemeinsam mit dem anderen Vizepräsidenten Peter Peters. Koch sei allerdings ein "Kernbestandteil der vorhandenen Probleme und keinesfalls ein Teil der Lösung", analysierte Kistner: "Koch ist aber Koch und ein mit allen Wassern gewaschener Funktionär."
Er bewege sich seit 15 Jahren an der Spitze des Verbandes und sei auch mit Funktionären auf den unteren Ebenen gut vernetzt. Intern könne der Vizepräsident immer noch die Strippen ziehen, obwohl er im Profilager kein Ansehen mehr genieße und auch im eigenen Amateur-Lager die Stimmung gespalten sei. Das ausgerechnet Koch den DFB interimsmäßig führen werde, sei "ein Skandal im Skandal".
Der DFB-Bundestag soll auf kommenden Januar vorgezogen werden. Dort werden Neuwahlen des Präsidiums stattfinden. Für Kistner ist aber nicht sicher, dass Koch "die kommenden Monate übersteht". Kistner erwartet dass "die Informationslage" rund um Koch weiter zunimmt.