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Personenfreizügigkeit in der Schweiz
Zahl der ausländischen Profs und Studis reglementieren?

Die Schweiz ist auf dem Weg, sich von der europäischen Personenfreizügigkeit zu verabschieden. Ausländer dürfen sich künftig nur in bestimmten Kontingenten in der Schweiz niederlassen. Das konkrete Gesetz muss noch verfasst werden, doch vermutlich wird es nicht nur ausländische Arbeitnehmer betreffen - sondern auch Studenten und Professoren.

Von Thomas Wagner |
    Die Fahne der Schweiz weht vor blauem Himmel
    Der ETH-Rektor hat gefordert, dass die Kontingent-Regelung nicht für Studenten gelte. (picture alliance / dpa)
    "Also, wo sind wir stecken geblieben? Für dieses Treffen, zu dieser Nachhaltigkeitswoche müssen wir einfach noch etwas organisieren."
    Flora Märki und Luka Brunzini studieren an der eidgenössisch-Technischen Hochschule Zürich Umwelt-Naturwissenschaften - und sie haben ein Anliegen:
    "Für die Uni an sich ist es klar wichtig, dass ausländische Studierende hierher kommen können und dass sich die Kontingentierung nicht auf die Studenten bezieht."
    Im Februar fand der Volksentscheid statt
    Kontingentierung: Der Begriff steht für die im Februar per Volksentscheid beschlossene Änderung der Schweizer Bundesverfassung. Die Schweiz verabschiedet sich damit von der europäischen Personenfreizügigkeit; Ausländer dürfen sich zukünftig nur in bestimmten Kontingenten in der Schweiz niederlassen. Die Schweizer Parlamentarier müssen in den kommenden Monaten dies in ein konkretes Gesetz fassen. Dabei zeichnet sich ab: Nicht nur ausländische Arbeitnehmer werden betroffen sein.
    "Was für uns besonders beunruhigend ist, ist, dass Studierende ab einer Aufenthaltsdauer von mehr als vier Monaten, so die Diskussionen, die im Moment stattfinden, auch unter diese Kontingent-Lösung fallen sollen."
    So Professor Lino Guzella, Rektor der ETH Zürich. Kontingente für Studierende aus dem Ausland? Eigentlich undenkbar an einer international renommierten Spitzenhochschule wie der ETH: In den Master-Studiengängen kommen ein Drittel aller Studierenden aus dem Ausland.
    "Und im Doktoratsprogramm sind wir bei etwa zwei Drittel, also 66 Prozent aller Studierenden, die nicht Schweizerischen Ursprungs sind."
    Nicht auszudenken, so ETH-Rektor Guzella, wenn die Kontingent-Regelung einmal greift: Dann wäre der hohe Anteil von Nicht-Schweizern auf dem Campus wohl nicht mehr zu halten. Dasselbe Problem tritt auch bei der Berufung von Professoren zutage: Schweiz weit kommt bislang jeder zweite neu berufene Professor aus dem Ausland. Nun, nach der beschlossenen Abschaffung der Personen-Freizügigkeit, zeigen sich in den laufenden Berufungsverhandlungen manche Bewerber ziemlich irritiert, stellt Rektor Lino Guzella fest:
    "Ich spüre eine gewisse Unsicherheit, eine gewisse Zurückhaltung. Und wenn man die Besten haben will, dann muss auch das Gesamtpaket stimmen. Und das ist meine größte Sorge im Moment: Ich kann nicht mehr ein optimales Gesamtpaket anbieten."
    Zu diesem Gesamtpaket gehören bislang die sogenannten Dual-Career-Angebote. Das heißt: Die ETH kümmert sich dabei um Jobs auch für die Lebenspartnerin oder die Lebenspartner von Wissenschaftlern, die eingestellt werden.
    "Wir stellen nicht Hirne an, wir stellen Menschen an. Und Menschen haben Familien. Und diese Familien gehören einfach auch in diese Gesamtbetrachtung."
    Noch gibt es keine endgültige Regelung
    Doch Jobs für die Familienmitglieder zu finden, werde durch die Kontingent-Regelung erheblich schwieriger bis unmöglich. Allerdings: Das Schweizer Bundesparlament in Bern hat für das Ausführungsgesetz zwei Jahre Zeit. Wie genau die Regelungen ausfallen werden, ist noch nicht heraus. ETH-Rektor Guzella hofft aber auf eine Art neues Wunder von Bern, nämlich dass:
    "Erstens einmal, dass Studierende nicht unter die Kontingentregelung fallen."
    Und zweitens:
    "Dass der Bundesrat und das Parlament uns den Zugang zu den absoluten Spitzenkräften der Welt ermöglichen. Wir tun das ja nicht aus eigenem Interesse, sondern wir tun das, weil wir einen Auftrag haben, nämlich die intellektuelle Landesversorgung der Schweiz sicherzustellen. Und dazu brauchen wir die weltbesten Leute."
    Ob die Parlamentarier den Anliegen der Schweizer Hochschulen tatsächlich entgegenkommen, steht derzeit noch völlig in den Sternen. Gleichzeitig ziehen neue dunkle Wolken am schweizerischen Bildungshorizont auf, in Gestalt der sogenannten Ecopop-Volksabstimmung. Dabei werden die Schweizer Ende November darüber entscheiden, ob der Ausländer-Zuzug in Zukunft noch erheblich restriktiver als bisher gehandhabt werden soll. ETH-Rektor Lino Guzella will gar nicht daran denken, dass auch diese Initiative durchkommen könnte.
    "Also wenn diese Abstimmung angenommen wird, sehe ich drastische Konsequenzen auf die Bildungs- und auf die Forschungslandschaft in der Schweiz zukommen."