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Pessach-Fest in Israel
Für zehn Tage Millionär

Juden dürfen während des Pessach-Fests keine Lebensmittel essen oder besitzen, die gegorenes Getreide enthalten. Deshalb verkauft der Staat Israel seit 20 Jahren diese sogenannten Chametz an einen Araber. Waren im Wert von 240 Millionen Euro nennt er dann sein eigen - doch nach Pessach wird der Deal einfach annulliert.

Von Tim Aßmann | 09.04.2018
    Hussein Jaber vor einer Wand mit Fotos in seinem Büro
    Hussein Jaber ist jedes Jahr für ein paar Tage Millionär (ARD / Tim Aßmann)
    Hussein Jaber ist in Israel ein wichtiger Mann. Sein Büro in den Katakomben eines Jerusalemer Hotels, eingezwängt zwischen Großküche und Ausgang zum Hof, macht zwar nicht viel her – die Fotos, die zwei Wände bedecken sind aber eindrucksvoll. Hussein Jaber mit den Ex-Premierministern Rabin und Olmert, Hussein Jaber mit den einflussreichsten Rabbinern Israels und Hussein Jaber mit dem aktuellen Regierungschef Benjamin Netanjahu. In Israel kennt man Jaber, denn einmal im Jahr, immer am Tag vor dem jüdischen Pessach-Fest kauft er dem Staat Israel Lebensmittel im Wert von hunderten Millionen Euro ab.
    "Ich werde zum reichsten Mann des Landes. Wir reden von rund 300 Millionen Dollar, denn auf so viel wird das Chametz geschätzt. Dazu gehört das gesamte Mehl, der Weizen, Whiskey, Bier, Schokolade, einfach alles, das Chametz beinhaltet", erzählt Jaber.
    "Juden dürfen während Pessach kein Chametz besitzen"
    Chametz. So werden die Lebensmittel bezeichnet, die Getreide enthalten, das gegärt hat. Die Tora verbietet Juden während des Pessach-Festes den Verzehr und auch den Besitz solcher Lebensmittel. Gesäuertes Brot gibt es also während Pessach nicht zu kaufen. In den Geschäften werden ganze Regalzeilen mit Chametz-Lebensmitteln mit Planen abgehängt. Der Staat führt Buch über die Bestände schätzt den Wert und verkauft dann vor Pessach alles – an einen Mann. Hussein Jaber:
    "Juden dürfen während der Pessach-Tage kein Chametz bei sich zu Hause oder in ihrem Besitz haben. Sie müssen es los werden. Früher gab es keine so großen Mengen. Also hat man damals das übriggebliebene Chametz weggeschmissen oder verbrannt. Heute haben wir es mit Fabriken, zu tun, wo also von viel Geld die Rede ist. Das lässt sich nicht einfach wegschmeißen. Das wird während Pessach an einen Nichtjuden verkauft – für zehn Tage."
    Die Ware bleibt, wo sie ist, aber wechselt den Besitzer
    In diesem Jahr beläuft sich der Warenwert auf rund 240 Millionen Euro. Die Anzahlung von Hussein Jaber beträgt 11.500 Euro. Es gibt einen Vertrag – unterschrieben vom israelischen Finanzminister. Das Chametz bleibt zwar im ganzen Land, wo es ist, aber es gehört während der Feiertage eben keinem Juden, sondern dem Araber Hussein Jaber, der sich sein Eigentum in Stichproben anschaut:
    "Während der Pessach-Tage gehört natürlich alles mir. Dann muss ich rumfahren und die Ware begutachten. Ich muss sehen, was dazu gehört und wo es ist. Das tue ich bis zum Ende der Pessach-Feiertage. Nach Pessach, muss ich das Geschäft abschließen. Sollte ich dann das Geld zusammen haben, ist der Kauf gültig und wenn ich das Geld nicht aufbringe, dann wird der Deal annulliert."
    Bisher wurde das Geschäft noch jedes Mal annulliert. Vor rund 20 Jahren fragte ein befreundeter Chefrabbiner Hussein Jaber ob er die Aufgaben übernehmen könne. Seitdem kauft Jaber das Chametz, tritt es schließlich wieder ab und bekommt seine Anzahlung zurück. Nach Pessach ist er also auf dem Papier wieder um 240 Millionen Euro ärmer.