Das Thema Pestizide wird in der EU gerade auf unterschiedlichen Ebenen behandelt. Zum einen gibt es einen Vorstoß der EU-Kommission, die Verordnung über das allgemeine Lebensmittelrecht zu ändern. Die Kommission reagierte damit im Frühjahr auf den Druck einer Europäischen Bürgerinitiative zu Glyphosat: Die Unterzeichner hatten gefordert, dass die Studien, die zur Risikobewertung herangezogen werden, unabhängig und umfassend sein sollen.
Das Ergebnis dieses Vorstoßes soll sein, den Prozess der Risikobewertung transparenter zu machen. Vorgesehen ist ein Register der in Auftrag gegebenen Studien. Außerdem sollen die Untersuchungen früher veröffentlicht werden. Anhand dieser Studien soll dann die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA ihre Beurteilung vornehmen. Und falls es um die Wiederzulassung von bereits genehmigten Stoffen gehen soll, soll die Behörde systematisch die Interessensträger konsultieren sowie in besonderen Fällen, auch eigene Untersuchungen vornehmen. An diesem Dossier arbeitet gerade das Parlament, eine Entscheidung wird Ende des Jahres erwartet.
Umweltschützer: Pestizid-Regeln in der Realität zu lasch
Deswegen nutzen Umweltschützer jetzt auch noch die Möglichkeit, Einfluss auf die Debatte zu nehmen. Sie sehen in diesem Vorstoß als einen ersten Schritt. Im Bündnis "Citizens for Science in Pesticide Regulation", das heute ein Manifest herausgebenen hat, sind mehr als 100 Organisationen vertreten - darunter auch BUND, NABU, der Deutsche Naturschutzring, aber auch Einzelunterstützer. Die Umweltschützer sagen, dass die Regelungen zum Gebrauch von Pestiziden in der Theorie zwar streng seien, aber in der Praxis zu wenig wirkmächtig.
Helmut Burtscher-Schaden von der Organisation "Global 2000" aus Österreich: "Die Studien, auf denen die Zulassungsentscheidungen basieren, müssen erstens öffentlich einsehbar sein - und dadurch kontrollierbar. Und zweitens müssen sie unabhängig beauftragt werden - und nicht in den Industrielabors oder von der Industrie bezahlten Labors gemacht werden. Der Kommissionsvorschlag hat die erste Forderung nicht beantwortet!" Damit zusammenhängend wurde auch grundsätzlich Kritik an der Risikoeinschätzung geäußert. Nämlich, dass das Vorsorgeprinzip zu wenig zur Geltung komme, dass also bereits beim Verdacht und nicht nur auf Grundlage eines wissenschaftlichen Nachweises Stoffe stärker reglementiert werden sollten.
Durch die Forderung, die Studien bereits früh für jedermann zugänglich zu machen, will das Bündnsi erreichen, dass noch vor der Zulassung oder Wiederzulassung von Stoffen Einfluss auf die Entscheidung genommen werden kann. Und überhaupt soll die Gesetzgebung den Geist atmen, dass Pestizide nur als allerletztes Mittel zum Einsatz kommen können.
Ein neues Zulassungsrecht schon 2019 möglich
Wann es ein neues Zulassungsrecht geben wird hängt davon ab, wie der legislative Prozess nun weitergeht. Die Umweltschützer haben die Sorge geäußert, dass die Beschlussfassung verschleppt werden könnte. Doch wenn alles planmäßig läuft, dann könnte das Zulassungsrecht noch bis Ende der ersten Jahreshälfte 2019 fertig werden.
Im EU-Parlament wird außerdem noch der Bericht des Pestizid-Sonderausschusses erwartet, es werden gerade die Änderungsanträge zusammengefasst. Mehr als 1.100 sind es, das Parlament steckt mitten in der Arbeit. Was am Ende herauskommt, ist noch nicht klar.
Bei einigen Punkten zeichnet sich ein Konsens ab, man hört in Brüssel, dass Abgeordnete der Meinung sind, dass die Zulassung in der Tat neu geregelt werden müsse, dass die Industrie sich in Zukunft nicht mehr die Behörde aussuchen kann, die über ihren Antrag auf Zulassung entscheidet, dass Pflanzenschutzmittel mit moderneren Mitteln überprüft werden müssten - und dass der Zugang zu Studien transparenter und besser gestaltet werden muss.