Die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Paris sei für Sportbegeisterte ein Kulturspektakel gewesen. "Das war sehr bunt, sehr spektakulär, die Farben nur durch den Regen unterdrückt", sagt Peter Filzmaier. Er ist Professor für Demokratiestudien und Politikforschung an der Universität für Weiterbildung Krems und beschäftigt sich seit Langem mit Sport und Politik.
Céline Dion singt auf dem Eiffelturm
Hunderttausende säumten das Ufer der Seine und feierten bei strömendem Regen am Freitagabend die Bootsparade der Olympia-Teilnehmer und die spektakulären Show-Einlagen. Dazu gesellte sich reichlich Prominenz. US-Sängerin Lady Gaga trat in einer schwarzen Korsage auf, begleitet von Tänzern mit rosa Puscheln, passend zum Titel "Mon truc en plumes". Die erkrankte Céline Dion feierte unter den angestrahlten olympischen Ringen am Eiffelturm ihr triumphales Comeback. Auch zahlreiche Sportgrößen aus der Gegenwart und der Vergangenheit waren dabei, genauso wie Europas Königinnen und Könige.
Sicherheit: "Paris sieht aus wie in einem Kriegsfilm"
Relativ gesehen sei die Eröffnungsfeier das "größte Lagerfeuer der Welt". Allerdings werde einem auch bewusst, diese Welt sei sehr unsicher. "Die Eröffnungsfeier war ein Sicherheitsunternehmen gigantischen Ausmaßes, was man als Beobachter an den langen Schlangen einfach gemerkt hat. Aber es gab Kontrollen, und Paris sieht aus wie in einem Kriegsfilm", sagt Filzmaier, der sich das Spektakel vor Ort ansah.
Gute Punktzahl, aber keine 10 von 10
Auf zehn von zehn Punkten für die Eröffnungsfeier will sich der gebürtige Wiener aber nicht einlassen, "weil es rundherum zu viel nur Spektakel gab, aber eine hohe Punktzahl gibt es schon". Euphorische Kommentare sprachen am Freitagabend nach den Bildern aus Paris von "einer ganz neuen olympischen Ära". Ganz so weit will Filzmaier aber nicht gehen: "Das ist auf jeden Fall zu hoch gegriffen", sagt er.
Ehrung einflussreicher Frauen der französischen Geschichte
Der bekennende Sportfan sah aber zentrale Botschaften. Allen voran nannte er die Gleichheit der Geschlechter. Freiheit, Gleichheit - aber nicht Brüderlichkeit. Stattdessen hätten die Organisatoren bei der Eröffnungsfeier die Schwesterlichkeit beschworen, unterstreicht er. "Es waren prominente französische Sportlerinnen mit kleinem i. Genauso wie der Hinweis auf prominente französische Wissenschaftlerinnen, Literatinnen, Politikerinnen, auch alles mit kleinem i, der Geschichte", sagt Filzmaier.
Paris 2024: Die ersten Spiele mit Geschlechterparität
Die ersten Olympischen Spiele fanden noch ohne Frauen statt. 124 Jahre später stellen sie bei den Olympischen Sommerspiele von Paris erstmals die Hälfte des Olympia-Teilnehmerfeldes. "Das ist ein wichtiges Zeichen, dass das Internationale Olympische Komitee und Olympia nicht als das der weißen Männer reduzieren wird", sagt Filzmaier.
Politische Botschaft: Frieden und Völkerverständigung
Die Riesenshow in Paris sei aber nicht nur ein Kulturspektakel gewesen, sondern hätte auch eine politische Botschaft gehabt. Man hätte sich selbst politische Ziele wie Frieden und Völkerverständigung und die zentrale Botschaft der Gleichheit gesetzt. "Es ist nur schon aufgefallen, dass der Chef des Organisationskomitees in seiner Ansprache Diversität betonend viel politischer war als der IOC-Präsident, der eher allgemein über Frieden gesprochen hat", bemerkt Filzmaier.
Unvergessliche Bilder
Filzmaier beschäftigt sich schon lange mit der Macht der Bilder. Er ist sich sicher, von der Eröffnungsfeier in Paris werden Bilder wie der Ballon mit der Flamme und die besonderen Sportler aus der Vergangenheit und Gegenwert bleiben. Der Politikwissenschaftler fragt sich aber, ob diese Personen-Fokussierung nicht auch etwas überdeckt, nämlich die inhaltlichen Botschaften.
"Zisou, Zisou"-Rufe
Er selbst saß am Abend der Eröffnungsfeier auf der Tribüne an der Seine und hat mitbekommen, wie die Menschen dort "Zizou, Zizou" gerufen haben. Zinédine Zidane, Nationalheld und Fußball-Weltmeister von 1998, hatte die olympische Fackel am Trocadéro von einem mysteriösen Fackelträger übernommen und sie anschließend an den spanischen Tennisspieler Rafael Nadal weitergereicht. "Worum es da ging, war in der Zizou-Begeisterung gar nicht mehr so wichtig", sagt Filzmaier.
Mediale Inszenierung des IOC
Wie jedes Großereignis sei auch die Eröffnungsfeier eine mediale Inszenierung. "Was man daran verstehen kann, ist die Inszenierung für Frieden, für Gleichheit und für andere Werte. Aber es ist auch ein Inszenierung für sich selbst, wie das IOC, das undemokratische Aspekte ausblendet", sagt Peter Filzmaier.