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Peter Sagan
"Natürlich will ich versuchen, das grüne Trikot wieder zu gewinnen"

Das deutsche Team Bora-hansgrohe mit seinem Fahrer Peter Sagan wurde zum Saisonauftakt auf Mallorca vorgestellt. Der Slowake bezweifelt im Dlf-Sportgespräch, dass er noch einmal eine Karriere im Radsport beginnen würde, "denn ich habe schon viel gelitten während meiner Karriere."

Peter Sagan im Gespräch mit Matthias Friebe |
    SAGAN Peter von Bora - Hansgrohe im grünen Trikot währed der 83. Tour den France
    Radprofi Peter Sagan möchte bei der Tour de France 2019 wieder das grüne Trikot gewinnen (imago sportfotodienst)
    Matthias Friebe: Sie haben ihren Vertrag bis 2021 verlängert – so wie Emanuel Buchmann, Pascal Ackermann und einige andere. Warum fühlen Sie sich bei Bora-hansgrohe so wohl?
    Peter Sagan: Ich fühle mich sehr gut hier: das Umfeld um mich herum und die Möglichkeit, in einer neuen Struktur zu arbeiten. Die haben wir jetzt schon zwei Jahre. Aber das geht alles sehr schnell. Ich fühle mich sehr gut hier. Das war die Erwartung, die ich hatte, als ich herkam. Jetzt fühle ich mich viel besser, weil ich länger mit den Menschen zusammen bin – mit den Fahrern und den anderen Mitarbeitern. Ich fühle mich auch gut, weil Bora-hansgrohe mir erlaubt hat, meine eigenen Leute mit ins Team zu bringen und es zu vergrößern.
    Friebe: Das, was Sie "Team Peter" nennen. In ihrem neuen Buch "Meine Welt", das Sie vor ein paar Wochen herausgegeben haben, schreiben Sie, es könne mit dem Körper und der Form jederzeit bergab gehen. Hat denn Ihr körperlicher Niedergang bereits begonnen?
    Sagan: Nein, ich glaube nicht. Warum? Warum fragen Sie mich das? Na ja, ich denke, die besten Jahre für einen Fahrer oder einen Profi-Sportler sind von 27 bis 32, 33.
    Friebe: Also sind sie genau in Ihren besten Jahren.
    Sagan: Ich denke, ich habe jetzt die besten Jahre.
    Friebe: Ich habe nur diesen Satz gelesen und mich gefragt, wie Sie das meinten, dass es manchmal so schnell gehen kann, dass der Körper nicht mehr in der Form ist, in der man ihn haben möchte.
    Sagan: Nein, es ging eher darum, dass man die gute Form oder die Topform für die Tour de France oder die Weltmeisterschaft hat. Und danach macht man zwei Wochen Pause. Aber man verliert drei Monate an Trainingsarbeit in diesen zwei Wochen.
    Danach kann man vielleicht wieder schneller werden. Aber wenn du dein Rad für zwei Wochen nicht berührst, dann wirst du dich danach ziemlich mies fühlen, wenn du wieder drauf sitzt. Zumindest an den ersten fünf Tagen, der ersten Woche oder sogar wieder zwei ganze Wochen, wenn man seine Form zurückgewinnen muss. Wenn du einen Monat ohne Rad bist, dann musst du danach drei Monate arbeiten, um wieder ein gewisses Level zu erreichen.
    Friebe: Das bedeutet also, dass man jeden Tag aufs Rad muss.
    Sagan: Oh ja, Wenn man eine harte Rennperiode hat, oder Training und solche Dinge, dann kann man auch mal zwei Tage nicht aufs Rad steigen, ohne das etwas passiert. Aber wenn du zwei Wochen nicht auf dem Rad bist, dann ist das schon eine lange Periode und wir müssen auf jeden Fall jeden Tag trainieren.
    Peter Sagan steht mit einem Dlf-Mikro auf Mallorca. Es ist Dezember 2018. 
    Peter Sagan hat für sich für das Dlf-Sportgespräch mit Matthias Friebe getroffen. (Matthias Friebe / Deutschlandfunk)
    Wenn man zwei Tage lang jeweils fünf, sechs Stunden gefahren ist, dann kann man auch mal an einem Tag nur zwei Stunden machen. Am nächsten Tag muss man dann aber sofort wieder vier, fünf Stunden aufs Rad.
    Friebe: Viele Fahrer sprechen über eine besondere Beziehung zu ihrem eigenen Rad. Was denken Sie, ist es die Liebe zu dem Gerät, mit dem Sie arbeiten? Oder hassen Sie es manchmal? Was ist Ihre Beziehung zum Rad?
    Sagan: Es ist einfach etwas, das ich mache, seit ich neun Jahre alt bin. Ich dachte nie, dass ich Profi werden könnte. Ich habe mehr übers Mountainbikefahren nachgedacht. Doch dann fuhr ich ein Jahr auf der Straße und gewann später drei Mal den Weltmeistertitel. Davon hätte ich nicht mal geträumt. Das ist einfach passiert. Ich bin also sehr glücklich und das Rad hat mir im Leben sehr viel gegeben.
    Friebe: Mit den drei Weltmeistertiteln verdienten Sie sich drei Mal das Regenbogentrikot. Da konnte man das Bild bekommen, dass es fest zu Ihnen gehört. Jetzt werden wir aber eine Saison haben mit Alejandro Valverde in diesem Trikot. Was bedeutet das für Sie, dass Sie in dieser Saison nicht der Weltmeister sind?
    Sagan: Ach, na ja, ich nehme das positiv: Ich hoffe, dass es dieses Jahr ein bisschen ruhiger wird.
    Friebe: Ruhiger in Sachen Medien, ruhiger in Sachen Fans?
    Sagan: Ja, das hoffe ich. Dann kann ich mich entspannen und vielleicht fahre ich noch ein paar Jahre, dann würde ich es gerne zurückgewinnen.
    Friebe: Sie fahren für ein deutsches Team, in Deutschland gilt die Tour de France als großes Rennen, dass alle anderen Rennen überragt. Wegen Erik Zabel kennt man auch hier das grüne Trikot sehr gut. Mit diesem grünen Trikot sind auch Sie in Deutschland berühmt geworden, denke ich. Es gehört so fest zu Ihnen wie das Regenbogentrikot. Ist das die Trophäe, das Trikot, dass Sie im kommenden Jahr gewinnen wollen?
    Sagan: Ja klar. Wenn nicht, was soll ich sonst bei der Tour? Natürlich will ich versuchen, es wieder zu gewinnen. Aber jeder Jahr muss man ein bisschen härter trainieren, und dann noch härter. Außerdem kommen junge Fahrer dazu. Aber hey, ich versuch’s.
    Friebe: Aber das ist auch 2019 das Ziel Nummer 1 für Sie?
    Sagan: Die Saison besteht aus drei Teilen: Am Anfang kommen die Klassiker. Da will ich erfolgreich sein und einen Klassiker gewinnen. Ich weiß nicht welchen, aber ich werde es versuchen und mein Bestes geben. Der zweite Teil ist die Tour de France. Und dann am Ende der Saison haben wir die Weltmeisterschaften. Es gibt also viele Höhepunkte während der Saison.
    Friebe: Wenn man Ihr Buch liest, dann kann man eine Idee davon bekommen, wie wichtig die Weltmeisterschaften sind. Für ihre Karriere sind diese Titel wirklich wichtig.
    Sagan: Für alle, denke ich.
    Friebe: Meine Frage ist: Können Sie das mit der Tour de France vergleichen?
    Sagan: (denkt nach) Nein. Denn die Tour de France ist das größte Drei-Wochen-Rennen und das Weltmeisterschaftsrennen ist nur ein Tag. Die Tour de France wird nie von einem Sprinter gewonnen werden. Aber bei der Weltmeisterschaft kann man in seiner Karriere eine Chance bekommen. Da kann ein Sprinter gewinnen oder ein Kletterer oder ein Klassiker-Fahrer. Da gibt es mehr Variation und mehr Chancen zu gewinnen. Deshalb ist es auch so ein besonderes Rennen.
    Denn wenn du ein guter Klassiker-Fahrer bist, dann kannst du dich auf die Flandern-Rundfahrt und Paris-Roubaix konzentrieren. Aber diese Art Fahrer wird nie die Lombardei-Rundfahrt gewinnen. Okay Philipp Gilbert hat das geschafft. Aber es gibt kleine Chancen für die Klassiker-Fahrer, denn es gibt Kopfsteinpflaster oder ein anderes Mal viele Anstiege. Sie konzentrieren sich auf diese Tradition. Die Weltmeisterschaft kann sich jedes Jahr ändern. Es ist einfach so, dass derjenige, der bei der Weltmeisterschaft gewinnt, das Regenbogentrikot für ein Jahr trägt. Und das ist schön.
    Friebe: Ist das der wichtigste Titel für einen Radfahrer?
    Sagan: Ja. Aber es ist auch für jeden etwas anderes. Man kann versuchen, verschiedene Rennen zu gewinnen. Und es kann auch ein großer Erfolg für einen Fahrer sein die Flandern-Rundfahrt, Paris-Roubaix, die Lombardei-Rundfahrt oder Lüttich-Bastogne-Lüttich zu gewinnen. Bei diesen Monumenten ist es schon so, dass man etwas Großes gewonnen hat. Die Weltmeisterschaft ist auch etwas ähnliches, aber vielleicht ist es für jemanden persönlich wichtiger, ein anderes Rennen als die Weltmeisterschaft zu gewinnen. Jemandem sind die Olympischen Spiele wichtiger. Ich weiß nicht, ich denke, das ist auch eine persönliche Sache. Für manche ist es auch wichtiger Mountainbikerennen zu fahren, für manche ist es Bahnrad.
    Friebe: Sie haben eben gesagt, Sie sind im besten Alter: 27 bis 32, das Alter, in denen Radfahrer ihre beste Form haben. Wenn ich ihr Buch gelesen haben, ist mir aufgefallen, dass Sie viele Erinnerungen an Details von den Weltmeisterschaften haben. Sind diese detaillierten Erinnerungen gut, um in den nächsten Rennen besser zu werden? Oder ist es manchmal etwas, dass ein Hindernis ist, weil Sie sich nicht nur auf das Rennen konzentrieren können.
    Sagan: Ich habe keinen klaren Kopf?
    Friebe: Nein, nein. Ist es gut, dass Sie sich so genau erinnern oder manchmal auch ein Hindernis?
    Sagan: Ich habe viele Details im Kopf, weil ich mir viel ausrechne und viel riskiere. Wenn man sich fragt, ob man etwas gut oder schlecht gemacht hat, erinnert man sich schon an den Moment und man wird sich für lange Zeit erinnern oder vielleicht für immer. Denn du machst dumme Sachen oder gute Sachen aber das findest du erst hinterher raus, nicht in dem Moment. Und wenn du etwas riskierst, dann ist es auf jeden Fall ein wichtiger Moment für dich. Und hinterher machst du dann etwas und überlegst dir, 'Ok, in dem Moment habe ich mich gut entschieden, weil ich Energie gespart habe, vielleicht hatte ich mir das anders ausgerechnet oder vielleicht habe ich an dem Punkt das Rennen verloren. ' Das sind einfach viele Dinge, derer man sich bewusst sein muss.
    Friebe: Aber das ist ein sehr spannender Punkt, finde ich, wenn Sie sagen, dass sie die Situationen berechnen. Beim Radfahren gibt es viele Momente, die in Sekundenbruchteilen passieren. Wie hilft ihnen denn Ihre Erfahrung?
    Sagan: In jedem Moment des Lebens hat man eine andere Erfahrung. Und entweder nimmt man den Moment und verwahrt ihn für den nächsten Moment in seinem Leben oder man vergisst ihn einfach und ist immer noch am selben Punkt wie vorher.
    Friebe: Und sie haben direkt präsent, dass Sie das in einer bestimmten Sekunde im Rennen brauchen werden. Vielleicht an einem entscheidenden Punkt 500 Meter vor der Ziellinie.
    Sagan: Ja, oft denke ich in schlechten Situation: 'Das ist mir schon mal passiert und es ist nicht risikoreich für mich oder gefährlich, weil wir sowieso zurückkommen werden. Es ist noch weit.' Oder: ‚Es ist nichts passiert, wir haben noch 150 Kilometer, ich wechsle ein Rad oder so etwas und entspanne mich. Ich komme schon zurück zum Feld.' Es gibt viele verschiedene dieser Situationen, aber ich kann ihnen diese Dinge nicht alle erklären, es ist einfach zu viel.
    Friebe: Aber es ist eine Art Berechnung. Sie können das berechnen und sie können sich selbst in eine Position bringen, in der sie sein müssen.
    Sagan: Nicht immer, man kann sich einen Anfangsplan überlegen, aber dann kommt später auch Improvisation dazu. Denn es ist nicht möglich am Morgen aufzuwachen und zu sagen: 'Ok, ich werde die letzten zwanzig Kilometer so und so machen. Und danach fahre ich dann alleine und dann gewinne ich. Und was mache ich im Finale? Mache ich irgendwas bestimmtes, weil ich dann feiere?' Nein, so ist das nicht. Man kann einen Basisplan für das Rennen haben. Aber hinterher muss man die Dinge im richtigen Moment und am richtigen Ort entscheiden. Und man muss auch Glück haben.
    Friebe: Ist es also eine Frage des Instinkts?
    Sagan: Ja. Instinkt, aber du wirst auch nicht alle Rennen mit Instinkt gewinnen. Du kannst Glück haben, aber du kannst auch viele Rennen wegen deines Instinkts verlieren. Weil du dachtest, dass es anders laufen würde, aber es wurde eine Niederlage. Man kann sich einfach nicht einhundert Prozent sicher sein.
    Friebe: Sie haben ein ganzes Kapitel der Disziplin des Sprintens beim Radfahren gewidmet. Ist das für Sie die höchste Disziplin – Kopf an Kopf, Lenker an Lenker zu sein und das Rennen in diesen Momenten im direkten Kampf zu entscheiden?
    Sagan: Nein. Ich erkläre nur, wie der Sprint funktioniert. So, wie ich den Sprint mit meinen Augen wahrnehme. Eins gegen eins oder einer hat einen Zug. Also Fahrer, die dem Sprinter helfen. Einer, der ein gutes Team hat, hat dann natürlich einen Vorteil. Das ganze Team arbeitet für den Sprinter um den besten Zug zu bilden. Aber darin bin ich nicht der Beste. Wenn ich den besten Zug der Welt habe, bleibe ich trotzdem nicht dahinter, damit verliere ich viel Energie.
    Friebe: Ist es für Sie denn die natürlichste, reinste Art Radrennen zu fahren, wenn Sie Lenker an Lenker gegen Ihre Kollegen über die Ziellinie fahren und nicht auf Zahlen, das Gesamtklassement oder irgendwelche Sekunden achten müssen.
    Sagan: Ich kann ihnen auf jeden Fall garantieren, dass im Sprint niemand darauf achten wird, welche Wattzahlen er gerade tritt. Das ist nur für die Kletterer und nicht die Sprinter.
    Friebe: Und für Sie geht es einfach nur darum, als Erster über die Linie zu fahren.
    Sagan: Ja.
    Friebe: Also eine sehr reine Form des Radfahrens.
    Sagan: Na ja, wenn Sie auf Ihre Wattzahlen achten, ist das irgendwie auch rein. Das sind nur ein paar Zahlen, aber wenn Sie die nicht verstehen, dann brauchen Sie die auch nicht.
    Friebe: Sie haben Ihr Buch Ihrem Sohn gewidmet. Wenn Sie über die nächste Generation nachdenken: Ist Radsport ein Sport, den Sie gefahrlos ihrem Sohn und der nächsten Generation empfehlen können?
    Sagan: Na ja, überleg Dir das zweimal, bevor du aufs Rad steigst.
    Friebe: Bedeutet was?
    Sagan: Es bedeutet, dass es ein verdammt harter Sport ist. Ich weiß nicht, ob jeder auf dem Rad leiden möchte. Aber andererseits kann man auch die Schönheit des Rades erforschen. Aber es ist etwas anderes am Strand Rad zu fahren, Spaß zu haben, eine Pause zu machen, sich in die Sonne zu legen, ein Bier zu trinken und hinterher fährt man zurück und genießt das Leben auf dem Rad.
    Wenn man ein professioneller Radfahrer sein muss, ist das etwas ganz anderes. Aber ja, wenn man das Radfahren mag und gut ist, dann muss man die Gelegenheit nutzen. Aber das kommt auf die Persönlichkeit an.
    Friebe: Aber Sie würden sich wieder so entscheiden und Ihre Karriere im Radsport beginnen?
    Sagan: Puh, meine Karriere noch einmal? Nein. Denn ich habe schon viel gelitten während meiner Karriere. Ich bin schon sehr glücklich, dass ich an dem Punkt angekommen bin, an dem ich bin. Ich versuche das jetzt zu genießen. Aber es war nicht lustig, wissen Sie. In der Kindheit hart zu arbeiten und immer Schule, Training, Schule, Training - es war auch hart, das zu machen.
    Friebe: Sie fahren für Bora-hansgrohe, für Ralph Denks Team. Der Slogan des Teams ist "Ride natural". Und Sie haben in einem Interview gesagt, natürlich zu fahren ist das, was Sie am Radfahren lieben. Die Art Rad zu fahren, als Fahrer transparent zu sein. Natürlich zu fahren - was bedeutet das für Sie genau?
    Sagan: Natürlich fahren kann man unterschiedlich verstehen: Einfach so fahren, wie man ist. Aber es bedeutet auch, das Essen, das man isst, das Wasser, das man trinkt. Ob das, was man isst natürlich ist oder mit Konservierungsstoffen. Ich glaube, das gehört beides dazu bei uns, bei Bora-hansgrohe. Der Radsport ist schon sauber, was Doping und solche Sachen angeht. Und wir haben gute Köche und das Essen, das sie für uns machen ist natürlich und ohne Konservierungsstoffe und solche Dinge. Es ist gesund – wir nennen es gesundes Leben.
    Friebe: Wenn Sie über Doping sprechen – viele Experten sagen, dass der Radsport aus den Dopingskandalen viel gelernt hat und die richtigen Schritte für die Zukunft unternommen hat. Sind Sie sich sicher, dass Doping wirklich kein großes Ding mehr im Radsport ist?
    Sagan: Na ja, jeder Sport hat ein paar dumme Typen, die etwas versuchen. Aber ich glaube, der Radsport ist der am stärksten auf Doping kontrollierte Sport der Welt. Wir machen sehr viele Dopingkontrollen. Und wenn jemand etwas Dummes macht, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie ihn erwischen, denke ich. Es kann auch irgendwelche Versehen geben: Zum Beispiel, wenn man mit dem Rad stürzt, ins Krankenhaus gebracht wird und dann etwas bekommt, das auf der Dopingliste steht. Nur wegen der Schmerzen oder für die Heilung. Dann könnte bei der Dopingkontrolle auch etwas herauskommen und man ist für fünf Tage positiv. Aber nur, weil man gestürzt ist. Oder man nimmt Proteine und da ist etwas drin. Aber das kommt auch immer darauf an, wie viel man nimmt. Aber ich glaube, das ist bei unseren Sachen nicht der Fall. Bei all den Kontrollen, die wir haben, machen nur noch dumme Leute absichtlich so etwas.
    Friebe: Lassen Sie mich noch am Ende zwei andere Dinge fragen. In Ihrem Buch schreiben Sie, wie enttäuscht Sie waren, als Sie 2014 keine Tour-Etappe gewannen. Und dass Sie das Gefühl hatten, dass Sie alle in Ihrem Team und Ihre Freunde enttäuscht hätten.
    Sagan: Nach einiger Zeit sieht man die Dinge anders. Ich glaube, das Leben wollte mir etwas beibringen, mir verschiedene Erfahrungen im Sport zeigen. Ich glaube, ich habe auch aus dieser Erfahrung etwas Positives mitgenommen. Und jetzt ist es viel besser.
    Friebe: Aber fühlen Sie sich verantwortlich für Ihr Team, für das, wie Sie es nennen "Team Peter", Ihre Freunde und Ihre Mitarbeiter um Sie herum?
    Sagan: Ich fühle mich auch für das ganze Team verantwortlich. Okay, um es ganz klar zu sagen. Ich bin schon sehr lange in diesem Sport. Ich bin interessant für das Team. Und sie bezahlen mir auch Geld. Und meine Verantwortung ist auch diese: Wenn ich 50.000 Euro bekomme, dann kann ich sagen 'OK, entspanntes Leben. '
    Friebe: Aber Sie fühlen sich auch für die Anderen verantwortlich.
    Sagan: Auf jeden Fall. Denn sie vertrauen mir, wie dem ganzen Team. Deshalb haben sie mich ins Team genommen. Sie haben mir große Gefallen getan, denn sie haben auch meine Leute im Team aufgenommen. Und es ist auch eine Verantwortung, denn für viele Dinge bin ich verantwortlich. Vieles hängt davon ab, ob ich Leistung bringe oder nicht. Ich muss Leistung bringen, dafür bin ich hier. Wenn ich das nicht tue, dann ist das mein Fehler.
    Friebe: Eine allerletzte Frage, Peter. David Lappartient, der Präsident des Welt-Radsport-Verbandes UCI sagt: 'Eines Tages könnte Peter Sagan in E-Sport-Rennen antreten und das wäre großartig für den Radsport.' Was denken Sie darüber? Sehen Sie E-Sport eher als die Zukunft des Sports oder als Ende des klassischen Sports?
    Sagan: Ich glaube nicht, dass es im E-Sport dieselbe Emotion gibt, dasselbe Adrenalin im Wettbewerb. Es geht eher darum, dass es eine lustigere Trainingsmöglichkeit ist. Für Wettbewerbe ist das nichts. Das ist einfach meine Meinung: das echter Sport etwas damit zu tun hat, dass man sich bewegt und mit echten Menschen misst. Vielleicht sind E-Bikes interessanter. Es werden ja schon Enduro-E-Bikes gemacht. Da hat man ein bisschen Hilfe vom Elektro-Motor. Damit könnte man viel mehr Wettbewerbe machen. Denn dann ist man immer noch draußen auf echten Wegen.
    Friebe: Aber das ist keine Option für die Tour de France, da mit E-Bikes zu fahren.
    Sagan: Ach, na ja. Vielleicht.
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