Jule Reimer: Sie war von Anfang an ein ungeliebtes Kind und jetzt wurde die Idee komplett beerdigt: Die Rede ist von Altmaiers Strompreisbremse. Die Kanzlerin hat Gespräche mit den Bundesländern abgesagt, weil eine Einigung über Kürzungen bei Einspeisevergütungen, die die Solar- und Windindustrie getroffen hätten, nicht in Sicht sei. Am Telefon bin ich mit Aribert Peters vom Bund der Energieverbraucher verbunden. Herr Peters, hat Sie die Entscheidung überrascht?
Aribert Peters: Es war zu erwarten und es hat uns vor allen Dingen gefreut, weil die Strompreisbremse insbesondere die erneuerbaren Energien getroffen hätte und dem Verbraucher nicht viel gebracht hätte.
Reimer: Lag es denn Ihrer Ansicht nach am Konflikt mit den Bundesländern, dass die Kanzlerin abgesagt hat, oder wollte das Kanzleramt vielleicht auch keinen Konflikt mit Bundeswirtschaftsminister Philip Rösler eingehen, denn dem haben ja die Kürzungen der Industrieprivilegien bestimmt nicht geschmeckt?
Peters: Jetzt bin ich in den Berliner Interna nicht so bewandert, aber vor allen Dingen die Ministerpräsidenten der Länder haben hier nicht mitgespielt. Sie hatten ja schon mal eine Bundesratsvorlage mit Zweidrittelmehrheit abgelehnt, die im Bundestag durchgekommen war. Hier geht es immer darum, dass die Bundesländer sich dagegen wehren, dass der Ausbau erneuerbarer Energien beschnitten wird, und das ist ja auch richtig so. Wir brauchen die erneuerbaren Energien, und wenn man die Strompreise bremsen will, dann muss man vor allen Dingen die Industrieprivilegien beschneiden.
Reimer: Wie viel würde das denn ausmachen, wenn man die wirklich beschneiden würde?
Peters: Das wäre erstaunlich: Das wären 15 Milliarden. Die Zahl kommt von der Bundesregierung selber. Das sind die Entlastungen, die die Industrie beim Strompreis hat. Jetzt muss man sagen, die deutsche Großindustrie hat 170 Milliarden Euro Exportüberschuss, die ist also nicht gerade Not leidend. Das ist gerade nicht der Teil von der deutschen Industrie, anders als der Mittelstand, der nun wirklich Hilfe braucht, anders als auch die Verbraucher.
Reimer: Gerade die energieintensiven Industrien stehen andererseits aber schon in einem ganz besonderen Wettbewerb zu Ländern, wo tatsächlich per Kohlestrom billigst produziert wird.
Peters: Das ist jetzt nicht korrekt, weil die ganze energieintensive Industrie macht derzeit Tourismus nach Deutschland, weil es in Deutschland so schön billig ist, und ob wir uns das leisten wollen und sollen, das wage ich, sehr zu bezweifeln.
Reimer: Rechnen Sie uns dann doch mal um auf unsere 5,3 Cent, die wir extra zahlen im EEG als EEG-Umlage. Wie viel würde denn dann die Kürzung der Industrieprivilegien überhaupt ausmachen?
Peters: Das wäre etwa genauso viel, wie überhaupt für die erneuerbaren Energien gezahlt wird. Teile sind ja jetzt auch erst draufgesattelt worden und die Bundesregierung, die jetzt die Strompreise bremsen will, das war ja die, die die Strompreise erst mal belastet hat mit diesen Ausnahmeregelungen für die Industrie und die sind ja jetzt auch zum Beispiel von der EU-Kommission in Brüssel und auch vom Oberlandesgericht Düsseldorf für rechtswidrig erklärt worden, genau wie auch die Umlage für die Offshoreenergie, die man noch extra draufsattelt. Hier wird für Verbraucher Päckchen für Päckchen draufgesattelt und nachher sagen dieselben Leute, die das gemacht haben, wir brauchen eine Strompreisbremse. Wichtig wäre es hier auch für Verbraucher, dass sie ihren Strom billiger beziehen können, indem sie die Möglichkeiten am Energiemarkt besser nutzen können, und auch da steht ja die Bundesrepublik nicht besonders blendend da, weil wir über 40 Prozent Verbraucher haben, die zum Beispiel beim Strompreis noch den teuersten Stromtarif haben.
Reimer: Aber: die Großhandelsstrompreise an der Börse sinken weiter. Da die Vergütung für die Solaranlagenbetreiber zum Beispiel festgeschrieben ist, müssen die Verbraucher diese wachsende Differenz tragen, die Verbraucher, der Mittelstand. Das heißt, die Belastungen werden steigen. Wäre da ein einmaliger Solibeitrag der Betreiber der bestehenden Anlagen nicht vielleicht doch sinnvoll, denn die haben ja in der Frühzeit doch eine satte Vergütung zugesprochen bekommen?
Peters: Das kann ich so nicht sehen, weil die Leute haben ja investiert mit der Garantie, dass ihnen diese Vergütung zusteht, und daraufhin haben sie auch gebaut wie andere Firmen auch, und ich finde nicht, dass man die jetzt nachträglich noch zur Kasse bitten soll. Das ist jetzt meine Meinung. Ich meine, wir verschenken an die Industrie freiwillig und rechtswidrig, und das wären die Beträge, an denen man was sparen könnte und sparen sollte, und nicht am Ausbau erneuerbaren Energien, denn die brauchen wir ja.
Reimer: Aribert Peters vom Bund der Energieverbraucher begrüßt die Beerdigung der Strompreisbremse durch das Kanzleramt. Ich danke Ihnen für das Gespräch.
Peters: Ich danke Ihnen! Tschüss!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Aribert Peters: Es war zu erwarten und es hat uns vor allen Dingen gefreut, weil die Strompreisbremse insbesondere die erneuerbaren Energien getroffen hätte und dem Verbraucher nicht viel gebracht hätte.
Reimer: Lag es denn Ihrer Ansicht nach am Konflikt mit den Bundesländern, dass die Kanzlerin abgesagt hat, oder wollte das Kanzleramt vielleicht auch keinen Konflikt mit Bundeswirtschaftsminister Philip Rösler eingehen, denn dem haben ja die Kürzungen der Industrieprivilegien bestimmt nicht geschmeckt?
Peters: Jetzt bin ich in den Berliner Interna nicht so bewandert, aber vor allen Dingen die Ministerpräsidenten der Länder haben hier nicht mitgespielt. Sie hatten ja schon mal eine Bundesratsvorlage mit Zweidrittelmehrheit abgelehnt, die im Bundestag durchgekommen war. Hier geht es immer darum, dass die Bundesländer sich dagegen wehren, dass der Ausbau erneuerbarer Energien beschnitten wird, und das ist ja auch richtig so. Wir brauchen die erneuerbaren Energien, und wenn man die Strompreise bremsen will, dann muss man vor allen Dingen die Industrieprivilegien beschneiden.
Reimer: Wie viel würde das denn ausmachen, wenn man die wirklich beschneiden würde?
Peters: Das wäre erstaunlich: Das wären 15 Milliarden. Die Zahl kommt von der Bundesregierung selber. Das sind die Entlastungen, die die Industrie beim Strompreis hat. Jetzt muss man sagen, die deutsche Großindustrie hat 170 Milliarden Euro Exportüberschuss, die ist also nicht gerade Not leidend. Das ist gerade nicht der Teil von der deutschen Industrie, anders als der Mittelstand, der nun wirklich Hilfe braucht, anders als auch die Verbraucher.
Reimer: Gerade die energieintensiven Industrien stehen andererseits aber schon in einem ganz besonderen Wettbewerb zu Ländern, wo tatsächlich per Kohlestrom billigst produziert wird.
Peters: Das ist jetzt nicht korrekt, weil die ganze energieintensive Industrie macht derzeit Tourismus nach Deutschland, weil es in Deutschland so schön billig ist, und ob wir uns das leisten wollen und sollen, das wage ich, sehr zu bezweifeln.
Reimer: Rechnen Sie uns dann doch mal um auf unsere 5,3 Cent, die wir extra zahlen im EEG als EEG-Umlage. Wie viel würde denn dann die Kürzung der Industrieprivilegien überhaupt ausmachen?
Peters: Das wäre etwa genauso viel, wie überhaupt für die erneuerbaren Energien gezahlt wird. Teile sind ja jetzt auch erst draufgesattelt worden und die Bundesregierung, die jetzt die Strompreise bremsen will, das war ja die, die die Strompreise erst mal belastet hat mit diesen Ausnahmeregelungen für die Industrie und die sind ja jetzt auch zum Beispiel von der EU-Kommission in Brüssel und auch vom Oberlandesgericht Düsseldorf für rechtswidrig erklärt worden, genau wie auch die Umlage für die Offshoreenergie, die man noch extra draufsattelt. Hier wird für Verbraucher Päckchen für Päckchen draufgesattelt und nachher sagen dieselben Leute, die das gemacht haben, wir brauchen eine Strompreisbremse. Wichtig wäre es hier auch für Verbraucher, dass sie ihren Strom billiger beziehen können, indem sie die Möglichkeiten am Energiemarkt besser nutzen können, und auch da steht ja die Bundesrepublik nicht besonders blendend da, weil wir über 40 Prozent Verbraucher haben, die zum Beispiel beim Strompreis noch den teuersten Stromtarif haben.
Reimer: Aber: die Großhandelsstrompreise an der Börse sinken weiter. Da die Vergütung für die Solaranlagenbetreiber zum Beispiel festgeschrieben ist, müssen die Verbraucher diese wachsende Differenz tragen, die Verbraucher, der Mittelstand. Das heißt, die Belastungen werden steigen. Wäre da ein einmaliger Solibeitrag der Betreiber der bestehenden Anlagen nicht vielleicht doch sinnvoll, denn die haben ja in der Frühzeit doch eine satte Vergütung zugesprochen bekommen?
Peters: Das kann ich so nicht sehen, weil die Leute haben ja investiert mit der Garantie, dass ihnen diese Vergütung zusteht, und daraufhin haben sie auch gebaut wie andere Firmen auch, und ich finde nicht, dass man die jetzt nachträglich noch zur Kasse bitten soll. Das ist jetzt meine Meinung. Ich meine, wir verschenken an die Industrie freiwillig und rechtswidrig, und das wären die Beträge, an denen man was sparen könnte und sparen sollte, und nicht am Ausbau erneuerbaren Energien, denn die brauchen wir ja.
Reimer: Aribert Peters vom Bund der Energieverbraucher begrüßt die Beerdigung der Strompreisbremse durch das Kanzleramt. Ich danke Ihnen für das Gespräch.
Peters: Ich danke Ihnen! Tschüss!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.