Über 35 Nationen haben ihre höchsten Repräsentanten zum Petersberger Klimadialog nach Berlin geschickt, doch es ist der Rentner Horst Emse, der bei der deutschen Bundesumweltministerin bisher offenbar den größten Eindruck hinterlassen hat:
"Gerade eben, vor unserer Fahrt hierher, habe ich einen 70-jährigen Rentner getroffen, der über 1.000 Kilometer mit dem Fahrrad gefahren ist nach Berlin, um mir eine Petition zu überreichen, in der er sich für die Besteuerung von CO2- Emissionen einsetzt", so erzählt Barbara Hendricks am Tag Eins des Petersberger Klimadialogs vor internationalem Publikum in einem festlichen Saal des Schloss Bellevue. Der radelnde Rentner Horst Emse und Barbara Hendricks haben eines gemeinsam:
"Auf seinem T-Shirt stand geschrieben 'Ich strampele für den Klimaschutz'. Ich denke, das können wir auch von uns behaupten: Wir strampeln für ein erfolgreiches Klimaschutzabkommen."
Zweifel an verbindlichen CO2-Einsparungen
Wie mühselig die Strampelei ist, das merkt man sowohl Hendricks als auch ihrem französischen Kollegen, Außenminister Laurent Fabius, an, der den Klimadialog gestern gemeinsam mit der deutschen Umweltministerin eröffnete.
Fabius wie auch Hendricks bezweifeln, dass bei der UN-Weltklimakonferenz Ende des Jahres in Paris tatsächlich alle knapp 200 teilnehmenden Staaten - und damit auch die Schwellenländer - bereit sein werden, verbindliche Einsparungen beim Kohlendioxid-Ausstoß zuzusagen. Genau das fordert Bundespräsident Joachim Gauck, und er sieht vor allem die mächtigen Industrienationen in der Pflicht:
"Wir sind es, die diesen Klimawandel verursacht haben und ihn gegenwärtig auch beschleunigen. Wir wissen, dass die Folgen des Klimawandels gerade ärmere Regionen und Länder hart treffen, gerade die reicheren Ländern sollten hier ihrer besonderen Verantwortung gerecht werden."
Das wichtigste Ziel aller Klimaschutz-Bemühungen besteht darin, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen. Über dieses Ziel wird derzeit auch beim Petersberger Klimadialog beraten. Vielleicht hilft ja auch die Luft von Berlin, so hofft Laurent Fabius:
"Berlin sei Jahrzehnte lang Symbol für eine geteilte Welt gewesen, heute stehe die Stadt für das vereinigte Europa. Diese Symbolkraft und der Geist von Petersberg."
Französischer Zweckoptimismus
Die positive Geisteshaltung beim Petersberger Klimadialog könnte doch nun vielleicht auch die Verhandlungen über das Zwei-Grad-Ziel positiv beeinflussen. Der Zweckoptimismus ist auch der Tatsache geschuldet, dass Frankreich als Gastgeber der Klimakonferenz im Dezember keine Niederlage kassieren will. Daran hat auch Angela Merkel kein Interesse, im Gegenteil, sagt ihre Umweltministerin von der SPD, Barbara Hendricks:
"Die Energiewende ist ja nicht irgendwie das Steckenpferd von irgendwelchen verrückt gewordenen Sozialdemokraten, die Bundeskanzlerin hat sich für den G7-Gipfel in Elmau das Thema Klimawandel ganz prominent vorgenommen. Da kann sie ja nicht mit leeren Händen hinfahren und wir jetzt so tun, als hätte das alles keine Gültigkeit mehr."
Doch welche Klimaschutz-Maßnahmen nun am ehesten fruchten, ist nicht nur innenpolitisch innerhalb der Großen Koalition umstritten, Stichwort Klimaabgabe für Kohlekraftwerke und Stromtrassen-Ausbau, sondern eben auch international. Wer darf wie viel CO2 in die Luft blasen, und wer zahlt die Milliardenbeiträge für den Klimaschutz, diese Fragen sind heute Chefsache. Zum Abschluss des Petersberger Klimadialogs werden die Kanzlerin und Frankreichs Staatspräsident François Hollande erwartet.