Eine enge Steintreppe führt die kleine Besuchergruppe in die unterirdische Welt des Vatikans. Hinab in die Nekropole, eine Stadt der Toten, in der die Gänge schmal sind und die Luft stickig ist. Nichts für Menschen mit Platzangst.
"Käme ich notfalls auch wieder alleine hier raus? – Also dort ist der engste Raum. – Das ist nur zur Beruhigung, dass ich weiß ..."
Zehn Meter tief liegen die Totenhäuser der alten Römer unter dem heutigen Petersdom. Katakomben, von denen man sich schwer vorstellen kann, dass es einmal Andachtsstätten im Freien waren – auch für die vielen Christen, die im Zirkus des Nero gestorben sind.
"Man hat gedacht: Also ich lebe weiter, wenn die anderen, die nach mir leben, an mich denken. Also hat man da seinen Namen platziert und das Totenhaus Richtung Zirkus gebaut. Weil beim Zirkus da ging's ja zu wie heute bei uns im Fußballstadion. Und da kamen viele vorbei und umso intensiver lebe ich also weiter."
"Der beeindruckendste Ort Roms"
Monsignore Erwin Albrecht bewegt sich sicher durch die dunklen Räume, 70 Meter weit, vorbei an heidnischen, christlichen, päpstlichen Grabmälern, teils prächtig ausgestattet. Seit 1983 führt er Besuchergruppen durch die Totenstadt. Inzwischen nur noch ein, zwei Mal im Jahr. Aber der Fernsehpfarrer und Vatikankenner erinnert sich noch genau an seinen ersten Abstieg.
"Das weiß ich noch genau, denn da bin ich bei einer Führerin mitgegangen und dann war das für mich wirklich der beeindruckendste Ort Roms. Das hat mich so bewegt, dass ich immer schon so einen Sog gehabt habe: Das muss ich anderen Leuten auch zeigen. Zu wissen, dass dort seit 2000 Jahren Menschen hinkommen, die den gleichen Glauben haben wie ich."
Es ist eine Welt, die für die allermeisten verschlossen bleibt. Anders als der Petersdom, durch den sich jeden Tag bis zu 30.000 Menschen schieben, ist der Zugang streng begrenzt. Unter dem Zentrum der heutigen Weltkirche, einst errichtet auf dem Grab des Apostels Petrus, so will es die Legende. Genau hier soll der erste Bischof von Rom begraben sein. Der Märtyrer, der sich kopfüber kreuzigen ließ, weil er die Christen nicht verraten wollte, die unter Kaiser Nero verfolgt wurden. Erst im 20. Jahrhundert wurde es freigelegt, eine Sensation, bis heute.
"Dort werden die Architekten staunen, dort werden die Kunstgeschichtler staunen, dort werden gläubige Menschen staunen, für die das ein wichtiger Weg ist, den sie nachgehen. Eben aus diesem Bewusstsein heraus, dass sie in einer riesenlangen Kette von Pilgern zu diesem Petrusgrab kommen."
140 Meter unter der Kuppel des Petersdoms
Für den Monsignore das Herzstück – nicht nur seiner Führung, an dem er die Besucher zu einem gemeinsamen Gebet einlädt. Sichtlich berührt macht sich die Gruppe auf den Rückweg, Meter um Meter wieder hinaus aus der Totenstadt. Als plötzlich leises Orgelspiel zu hören ist, gehen die Köpfe nach oben: Eine wagenradgroße Einlassung gibt den Blick frei bis zur Kuppel des Petersdoms – von hier aus mehr als 140 Meter. Diese Römerin ist schwer beeindruckt:
"Es war wirklich sensationell. Wir haben Glück, dass wir das machen durften, und sind auch sehr emotional berührt. Nicht nur die kulturelle Erfahrung, sondern auch bewegend, ja."
Ihr Sohn nickt – katholisch und gläubig wie seine Mutter.
"St. Peter repräsentiert den Erlöser, den wir alle in unseren Herzen tragen. Das Heiligtum, das wichtig ist in der gesamten katholischen Kirche, und deshalb ist das für uns ein Fixpunkt, jeden Tag wieder."
Der Kern des Ganzen ist schlicht
Der Petersdom ist ein Ort, mitten in der ewigen Stadt, der so gut erkundet ist wie kaum ein zweiter auf der Welt, und der trotzdem geheimnisvoll bleibt. Der Stoff bietet für Phantasien und Verschwörungstheorien – in Literatur und Popkultur, wie etwa in Dan Browns "Illuminati". Und es ist ein Ort, der auch für Franziskus, den Papst aus Argentinien, eine ganz besondere Bedeutung hat – da ist sich der Monsignore sicher.
"Wenn ich oben in der Peterskirche bin, ist alles Marmor, ist alles Pracht, ist Fülle. Und dort unten am Petrusgrab ist es fast ein bisschen wie eine Baustelle, wie eine Ausgrabung. Ja schon auch alles irgendwie sauber, aber das ist so schlicht, dass ich dort dann einfach spüre, da ist jetzt der Kern des Ganzen und der ist ganz schlicht. Und das glaube ich, gefällt gerade einem Papst Franziskus ganz besonders."