Archiv

Petro Poroschenko
Der Oligarch, der keiner sein will

Petro Poroschenko ist aktuellen Umfragen zufolge bei den Präsidentschaftswahlen in der Ukraine haushoher Favorit. Der 48-Jährige leitet mehrere Unternehmen, hatte bereits Ministerämter inne und sitzt als fraktionsloser Abgeordneter im Parlament. Seine größte Konkurrentin ist Julia Timoschenko.

Von Sabine Adler |
    Petro Poroschenko will bei den Präsidentschaftswahlen am 25. Mai antreten.
    Petro Poroschenko tritt bei den Präsidentschaftswahlen am 25. Mai an. (dpa / picture-alliance / Soeren Stache)
    Petro Poroschenko sieht aus wie Mischa, ein Teddy, ist in seinem Innern aber ein Bär, findet Viktor Rybatschenko. Der ist Vizechef der Assoziierung Ukrainischer Politischer Psychologen, hat Porträts der Präsidentschaftskandidaten erstellt und scheint Vergleiche mit Tieren zu lieben. Julia Timoschenko, die bislang Zweitplatzierte in den Wahlumfragen, ist in seine Augen eine Füchsin, die zur Tigerin mutiert, sobald Pedro Poroschenko auf der Bildfläche erscheint. Bei seinem Anblick sträuben sich ihr die Nackenhaare, vermutlich weil der Favorit haushoch überlegen ist. Umfragewerte zwischen 44 und sogar 53 Prozent werden ihm zugeschrieben, er kämpft nicht nur um den Sieg, sondern wie in diesem Werbespot um die Entscheidung schon am Sonntag:
    "Wir haben nur eine Ukraine, sie ist unteilbar. Während der Bedrohung entscheidet jeder Tag, wir müssen die Gefahr erkennen und verantwortungsbewusst sein. Und alles dafür tun, dass der Präsident im ersten Wahlgang gewählt wird. Auf neue Art leben. Petro Poroschenko."
    Warum der fraktionslose Abgeordnete, Ex-Handels- und Ex-Außenminister, einer der erfolgreichsten Unternehmer der Ukraine als Mischa beschrieben wird, liegt vielleicht an seinen Pausbacken. Der 48-Jährige besitzt den Pralinenkonzern Roschen, dessen Süßigkeiten jedes Schleckermaul in der Ukraine und auch in Russland kennt. Sein eigentliches Geld verdient er mit seinen Schiffbau- und Rüstungsunternehmen. Wenn ihn jemand Oligarch nennt, kann er ungemütlich werden.
    "Weil ein Oligarch jemand ist, der die Staatsmacht benutzt, um sich selbst zu bereichern. Ich war immer, die ganze Zeit in der Opposition. Es sind die Banditen und Verbrecher an Macht, die die Wirtschaft zerstören, die die Freiheit der Unternehmer vernichten, ich bin selbst unter solche Planierraupen geraten."
    Überzeugter Europäer, der Englisch spricht
    Manche wollen ihn wählen, weil schon so reich sei, dass er den Staat nicht mehr bestehlen müsse. Während ihm seine Gegner ankreiden, sowohl in der Timoschenko- als auch Janukowitsch-Regierung gedient zu haben, sagen seine Unterstützer, dass er jemand sei, der mit allen politischen Kräften eine gemeinsame Sprache finden könne. Vitali Klitschko, der vor einem halben Jahr noch als haushoher Favorit galt, verzichtet für Poroschenko auf seine Kandidatur, tritt nun als Bürgermeister von Kiew an.
    Olesia Lazarenkos wird ihn wählen, sagt die Philologin. Ihr gefällt, dass Poroschenko ein sehr gepflegtes Ukrainisch spricht. Fast jeder im Land ist zwar zweisprachig, doch für die meisten sei Ukrainisch die Familiensprache, Russisch dagegen eine Frage des Prestiges, unabdingbar für die Karriere.
    Nach seinem Erfolg als Unternehmer hat sie Vertrauen in ihm als Präsidenten. Sie wagt einen Vergleich:
    "Nehmen wir seinen Betrieb als Metapher. Er hat ihn übernommen, als er abgewirtschaftet war. Er baute ihn auf, jetzt kennt man seine Produkte überall, auch in Moskau. Wenn er das mit seinen Firmen schafft, dann vielleicht auch mit dem Land. Letztlich hängt doch ohnehin alles von der Wirtschaft ab."
    Anhänger loben ihn als überzeugten Europäer, der noch dazu Englisch spricht. Anders als der schwache Übergangspräsident Alexander Turtschinow, der sich wegen seiner nicht völlig verfassungskonformen Inthronisierung nicht zu einem harten Handeln gegen die Separatisten im Osten des Landes durchringen konnte, gibt sich Poroschenko entschlossen:
    "Die Anti-Terror-Operation wird weitergehen, denn wir können die Bevölkerung nicht den Terroristen ausliefern, das wäre verantwortungslos vonseiten der Regierung."
    Freilich bleibt abzuwarten, ob er die bislang wenig loyalen Sicherheitskräfte hinter sich haben wird.