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Petro Poroschenko
Wie der ukrainische Präsident sein Land befrieden will

Schon vor seinem Amtsantritt hatte Petro Poroschenko einiges angekündigt - etwa die Wiedervereinigung der Krim mit der Ukraine. Maßvoller klingen die jüngsten Andeutungen des 48-Jährigen zur Befriedung des Landes: Dezentralisierung, mehr Macht den Regionen und vorgezogene Kommunalwahlen.

Von Florian Kellermann |
    Der neugewählte ukrainische Präsident Petro Poroschenko
    Der neue Präsident der Ukraine: Petro Poroschenko (dpa / picture-alliance / Lazarenko Nikolai)
    Stolz zeigten ukrainische Medien am Mittwoch die Bilder ihres künftigen Präsidenten beim Treffen mit dem US-Staatsoberhaupt Barack Obama in Warschau.
    "Obama nannte Poroschenko einfach nur Petro, während er den russischen Präsidenten stets als Mister Putin titulierte",
    sagt die Nachrichtensprecherin. Gerne zeigen ukrainische Medien auch O-Töne ihres künftigen Präsidenten auf englisch - mit ukrainischer Übersetzung.
    Viele Ukrainer freuen sich einfach, dass sie bald einen Politiker an der Staatsspitze haben, der sich auf internationalem Parkett zu bewegen weiß. Auch was Poroschenko zuletzt zum Konflikt in der Ostukraine sagte, machte vielen Menschen Hoffnung.
    "Nach der Amtseinführung werde ich einen Friedens-Plan verkünden. Ich bespreche ihn derzeit mit Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union. Ich werde den Plan am Samstag bei meinem Auftritt im Parlament vorstellen."
    Das klang schon deutlich maßvoller als Poroschenkos erste Ankündigung nach seinem Wahlsieg, die Anti-Terroroperation im Osten werde unter seiner Führung nicht Monate, sondern nur einige Stunden dauern. In Kiew und anderswo hatte das für Kopfschütteln gesorgt, zumal die separatistischen Kämpfer in den vergangenen Tagen eher mehr als weniger zu werden scheinen.
    Poroschenko finde den richtigen Ton, sagt auch der Politologe Viktor Neboschenko.
    "Die Menschen haben für ihn gestimmt, weil er für den Typus guter Onkel verkörpert. Ihm wird zugetraut, Brücken zu bauen - im Gegensatz zu seiner Widersacherin Julia Tymoschenko, die als radikal gilt. Die Menschen verstehen, dass seine etwas großspurige Ankündigung aus dem Wahlkampf, er werde alle entscheidenden Probleme innerhalb von drei Monaten lösen, eben dem Wahlkampf geschuldet war."
    Mehr Macht den Regionen und Kommunen
    Einige Andeutungen machte Poroschenko schon, wie er das Land befrieden will. Er strebe eine Dezentralisierung an, sagte er, die Regionen und Kommunen sollen mehr Macht bekommen. Bei vorgezogenen Kommunalwahlen sollen die Menschen gleich ihre mit mehr Vollmachten ausgestatteten lokalen Vertreter bestimmen können. Auch das sei ein gelungener Schritt, meint Neboschenko.
    "Die Reform der kommunalen Selbstverwaltung brauchen wir überall im Land, von Lemberg bis Donezk. Und je schneller wir sie angehen, desto besser. Das wäre ein gutes Signal für die Regionen, wo die Armee die separatistischen Kämpfer vertrieben hat: Wir haben euch befreit, jetzt wählt eure Selbstverwaltung. Eigentlich gibt es gar keinen anderen Weg."
    Der 48-jährige Multimillionär Poroschenko überzeugt inzwischen auch diejenigen, die nicht für ihn gestimmt haben. So den 35-jährigen Immobilienmakler Serhij Rjabucha. Er hatte eigentlich einen radikaleren Kandidaten gewählt - und ist froh, dass der gemäßigte Poroschenko gewonnen hat:
    "Nüchtern betrachtet braucht das Land jetzt einfach einen guten Manager, und das ist Poroschenko. Andere Politiker haben mehr Visionen und Prinzipien, aber nur ein Pragmatiker kann unsere Probleme lösen - einer, der die Ärmel hochkrempelt."
    Dabei hat Poroschenko auf eine zentrale Frage noch keine definitive Antwort gegeben: auf welche Weise er regieren will. Mit dem Sturz seines Vorgängers Viktor Janukowytsch ging das Land wieder zur Verfassung von 2004 über. Demnach hat der Präsident nur eingeschränkte Vollmachten, eine wichtigere Rolle spielt das Parlament. Trotzdem erwarten die meisten Ukrainer, dass er die Führung übernimmt, gerade in diesen für das Land schwierigen Zeiten.
    Poroschenko hat also nur zwei Möglichkeiten. Entweder er strebt rasch eine vorgezogene Parlamentswahl an, bei der eine mit ihm verbundene Partei antritt. Das aber würde einen weiteren Wahlkampf bedeuten und damit Wochen, in denen keine wichtigen Entscheidungen fallen. Oder Poroschenko stützt sich auf die bestehenden Abgeordneten, dann aber muss er einen Kompromiss mit Teilen der alten Machtelite schließen.