Das komplette Interview zum Nachhören:
Interview mit Peyman Esmailzadeh aus Afghanistan
Interview mit Peyman Esmailzadeh aus Afghanistan
"Dieser Kontakt ist wieder schon da - ein Roter Punkt, den schleife ich jetzt hier mal ab."
Mit perfekt gestylter Frisur, gewienerten Lederschuhen und weißem Polohemd mit Firmenlogo sitzt Peymann Esmailzadeh an seinem Arbeitsplatz. Ein Zahntechniklabor in einem Vorort von Hamburg. Mit präzisen ruhigen Handbewegungen fräst er an einer Zahnschiene aus Kunststoff herum. Der schlanke Afghane ist jetzt im dritten Lehrjahr seiner Ausbildung zum Zahntechniker.
"Ich habe nicht gedacht, mit meinem Abschluss eine so geile Ausbildung zu kriegen. Von acht Bewerbungen hat sich erst mal keiner gemeldet – aber zum Glück hat mein Chef angerufen und wollte gerne einen Termin machen. Ja, eine von acht Bewerbungen - hat funktioniert! Ganz ehrlich, ich hatte nicht gedacht, überhaupt eine Ausbildung zu kriegen. Aber ich dachte, ich versuche es. Und ich hab das geschafft!"
Als Esmailzadeh vor gut fünf Jahren in Hamburg gestrandet ist, hätte er von seinem heutigen Leben, mit Ausbildung, eigener Wohnung, Freunden und netten Kollegen, nicht zu träumen gewagt.
Esmailzadeh musste von einem Tag auf den anderen seine afghanische Heimat verlassen. Mit 17. Allein. Sein für afghanische Verhältnisse wohlhabender Vater wurde von den Taliban erpresst. Geld oder wir töten deinen Sohn. Monatelang war Esmailzadeh auf der Flucht – von Afghanistan durch den Iran weiter in die Türkei. An der Küste ist er in ein klappriges Fischerboot gestiegen.
"Als ich das Boot gesehen hab, es war für zehn Personen und wir waren 34, ich hab gedacht, wie kann man mit so vielen Leuten mit so einem Boot fahren? Aber ich musste fahren, es gibt keine Möglichkeit."
Dickes Lob vom Chef
Als das Boot kurz davor war zu sinken, hat sie die griechische Küstenwache gerettet. Schließlich hat ihn sein Schleuser nach Hamburg gebracht. An seiner Zahnschiene kommt Esmailzadeh nicht mehr weiter. Was bei ihm eher selten der Fall ist. Sein Lehrmeister, Heino Hauschild, übernimmt.
"Jetzt ... das ist ... oha, das Problem ist, wenn wir zu viel wegnehmen, brechen wir durch."
Der Zahntechnik-Meister ist sehr zufrieden mit seinem afghanischen Azubi. Er hat vor drei Jahren einem jungen Mann eine Chance gegeben, der damals nicht so gut deutsch sprach wie jetzt. Dennoch hat Esmailzadeh ihn vom ersten Moment an überzeugt.
"Peyman hat hier anrufen lassen von einer Mitarbeiterin der Awo, dann kam Peyman mit einem Mäppchen und Frau Karrenbauer, die auffällig sehr schönen Schmuck trug. Als ich hörte, den hat Peyman gemacht, hab ich gedacht, den muss ich haben. Weil er in der Metallverarbeitung etwas an den Tag legt, was ich nicht hinkriege als Zahntechnikmeister. Und da habe ich gedacht – der ist der Richtige."
Nur ob Peyman Esmailzadeh auch die Berufsschule packt, da hatte Hauschild Bedenken. Schließlich hatte er selbst als Deutscher damals so seine Probleme gehabt.
"Aber mittlerweile macht Peyman das gut. Er wird nicht unbedingt ein Zweierkandidat werden, aber vielleicht schafft er 'ne drei, da wäre ich auch mit zufrieden."
Würden sie ihn übernehmen?
"Ja, wenn sich das so zeigt wie jetzt, mit der Auftragslage ja."
Aber vorher stehen Anfang Januar noch die Abschlussprüfungen an. Esmailzadeh macht sich Sorgen wegen der theoretischen – er wünscht sich ein paar Erleichterungen: eine halbe Stunde mehr Zeit, um die Fragen zu verstehen, hat er bei der Innung beantragt.
"Ich habe schon Anträge gestellt, ich habe eine Absage bekommen, ich weiß nicht warum."
Obwohl Esmailzadeh mittlerweile ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht hat, kämpft er täglich mit den Behörden, um Wörterbücher, Ausbildungsbeihilfe oder Wohnungsgeld. Für ihn steht aber dennoch längst fest: nach Afghanistan will er nicht mehr zurück.
"Die Heimat vergisst man niemals, aber es ist Katastrophe in der Heimat. Ich möchte gerne hier bleiben, es ist die zweite Heimat für mich, ich mache hier die Ausbildung, dann mache ich meine Arbeit. Dann, in Zukunft, mache ich meine Meisterschule – irgendwann übernehme ich auch eine Firma."
Reporter: Trauen sie ihm das zu?
Hauschild: "Ja das traue ich ihm zu!"
Peyman: "Man muss an sich glauben, du bist in einer neuen Heimat. Deshalb musst du jeden Tag zur Schule gehen und die deutsche Sprache lernen. - und vertrauen einfach. Denn du musst hier leben, das ist die zweite Heimat für dich."
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