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Pflegeberufe
Gute Chancen für Quereinsteiger

Vorher Informatikassistent oder Wirtschaftsstudentin, jetzt Pfleger oder Pflegerin - kein untypischer beruflicher Werdegang. Im Trierer Brüderkrankenhaus kommen bis zu 50 Prozent der Teilnehmer an Krankenpflege-Kursen aus anderen Berufen. Den Absolventen rollen Kliniken bundesweit den roten Teppich aus.

Von Anke Petermann |
    Drei Pflegerinnen am Bett eines Patienten
    In der Pflegebranche gibt es nicht nur Personalmangel, sondern auch besonders viele Quereinsteiger. (imago / Rainer Weißflog)
    Neurochirurgie, Intensivstation im Brüder-Krankenhaus Trier - alle tragen hier blaue Kittel, Ärzte und Pfleger sind nicht zu unterscheiden. Jörg Engel, examinierter Intensiv-Fachpfleger, schaut nach einem Patienten, der Puls ist okay. Wie lange das so bleibt, weiß man auf dieser Station nie genau.
    "Es sind oft unerwartete Situationen, die eintreten, da ist man dann wirklich gefordert - und als Team gefordert. Gerade im Intensiv-Bereich sind das akute Situationen, wo man schnell und handlungssicher reagieren muss und nur als Team erfolgreich sein kann."
    Vom Informatikassistent zum Krankenpfleger
    Jörg Engel war nicht immer Krankenpfleger. Vor 20 Jahren sattelte der ausgebildete Informatikassistent um, besuchte drei Jahre lang die Krankenpflege-Schule. Vor 15 Jahren fing erst am Trierer Brüder-Krankenhaus an. Engel mustert die Überwachungsgeräte am Patienten-Bett.
    "Ich habe natürlich von Hause aus eine gewissen Affinität zur Technik. Gerade im Intensiv-Bereich im Umgang mit den Geräten, im Verständnis mit den Geräten ist das schon von Vorteil, aber keine Voraussetzung."
    Als Informatikassistent hätte er allein in einem Büro Software programmiert, glaubt Jörg Engel. Existentielle Stress-Situationen wie auf der Intensivstation hätten nicht zu seinem Arbeitsalltag gehört. Aber die Glücksmomente, Herausforderungen in einem Thema bewältigt zu haben, hätten auch gefehlt.
    Berufung gefunden
    Besser verdient hätte er als Programmierer bestimmt. Glücklich wäre er wohl nicht geworden. Das wurde dem 44-Jährigen im Zivildienst nach der Erst-Ausbildung klar. Alles richtig gemacht, lautet Engels Fazit zum Quereinstieg.
    "Das ist wirklich in dem Fall, na ja 'Berufung' klingt ein bisschen hochtrabend, aber es ist tatsächlich so. Was mich einfach begeistert und überzeugt hat, war die Sinnhaftigkeit, und das hat mir der alte Beruf nicht gegeben. Der alte Beruf war gut, um gutes Geld zu verdienen, mehr aber auch nicht."
    Viele verschiedene Vorgeschichten
    Sind Pflege-Quereinsteiger idealistische Sinnsucher, ohne Blick aufs Pekuniäre? Jörg Engels Vorgesetzter war ursprünglich Bauzeichner, ein Kollege erst Handwerker, dann Kaufmann. Den typischen Quereinsteiger gibt es nicht, findet Sascha Krames, stellvertretender Pflegedirektor am Brüderkrankenhaus: zu verschieden sind Motive und Vorgeschichten.
    "Es sind sicherlich welche, die in ihren ersten Berufen nicht die Erfüllung gefunden sind, die sie sich versprochen haben, und deshalb in die Pflege gegangen sind. Viele von denen sind auch heute noch dabei und bereuen diesen Schritt nicht und sind auch sehr wertvoll für die Kollegen, weil sie berichten können, wie es in anderen Berufen ist."
    Absolventen haben gute Chancen
    Derzeit sind manche Pflegeschulkurse am Brüderkrankenhaus mit bis zu 50 Prozent mit Quereinsteigern besetzt. Den Absolventen rollen Kliniken bundesweit den roten Teppich aus. Herbert Schmitt ist Schulleiter Gesundheits- und Krankenpflege am Mutterhaus, dem größten Krankenhaus in Trier.
    "Sie können sich von Trier bis Berlin, von München bis Hamburg eine Stelle aussuchen. Man bekommt quasi überall eine. Man kann in ganz verschiedenen Fachrichtungen arbeiten, ob OP, Anästhesie, Chirurgie, Station, ambulant. Sie können Sich selbständig machen, Sie können studieren, und dann kommen Sie auch in andere Gehaltsstufen. Als Selbständiger ja auch. Sie können Ihren eigenen Betrieb aufbauen. Wenn man sich weiter entwickeln möchte, gibt es diese Chancen."
    Es braucht Empathie
    Für Stephanie Immig, angehende Pflegerin am Mutterhaus, war das ausschlaggebend, neben der Möglichkeit, nach dem Examen Teilzeit zur arbeiten. Als das Mutterhaus eine Teilzeit-Ausbildung speziell für den Quereinstieg nach der Familienphase auflegte, begann die Mutter von zwei Töchtern mit dem 75-Prozent-Teilzeit-Unterricht an der dortigen Pflege-Schule. Ihr Studium zur Wirtschaftsingenieurin hatte die gelernte Medienassistentin abgebrochen, als ihr erstes Kind kam - es war ihr ohnehin zu trocken. Der neue Beruf dagegen: ein Glücksgriff.
    "Der Kontakt zu den Menschen reizt mich sehr, aber auch dieses ganze medizinische Wissen macht mir total Spaß, die Anatomie des Menschen, die Medikamente. Auch für mein Privatleben habe ich jetzt schon ein ganz anderes Wissen."
    Schon als 18-Jährige hatte Immig Schwerstbehinderte betreut.
    Über die Krankenpflege sagt sie: "Wenn man keine soziale Ader hat, oder einfach nicht die Empathie den Menschen gegenüber, ist es einfach nicht der richtige Beruf."
    Nach dem Examen im Frühjahr will Immig mit 60 Prozent Teilzeit einsteigen. Wo, das überlegt sie gerade. Zwei Favoriten gab es in der Ausbildung.
    "Das war so eine interdisziplinäre Station, wo wirklich alles war, also auch viele Operationen, und aber auch eine onkologische Station, wo der Kontakt intensiver ist, das hat mir beides sehr gut gefallen."
    Aufwertung durch Studium möglich
    Der vom Pflege-Notstand verursachte Arbeitsdruck schreckt keinen der beiden Umsteiger: der Intensiv-Fachpfleger am Brüder-Krankenhaus und die angehende Pflegerin am Mutterhaus glauben, ihm genauso standhalten zu können wie der körperlichen Belastung. Man muss und kann auf sich aufpassen, meinen sie unisono.
    Beide motiviert, dass sich der Ausbildungsberuf durch ein Studium aufwerten lässt - Jörg Engel reizt die Perspektive, eine Station zu leiten. Er visiert einen Bachelor-Abschluss im Pflegemanagement an.
    "Ich habe jetzt erst am 1.7. angefangen mit dem Studium - berufsbegleitend, also in der Freizeit, arbeite also zu 100 Prozent. Das ist schon eine Herausforderung aber bis jetzt ist es machbar."
    Pflegewissenschaft oder Pflege-Pädagogik kämen für Stephanie Immig in Frage - wenn die Töchter größer sind.