Im Garten des Haus St. Martin, einer kommunalen Pflegeeinrichtung in München, sitzen die Senioren beisammen und singen. Daniel Reuter reicht einem Bewohner ein Glas Wasser. Die Arbeit als Altenpflegefachkraft macht ihm Spaß, auch wenn der Job stressig sein kann und die Nachtdienste schlauchen. Er ist froh, dass der kommunale Pflegeheimbetreiber vergleichsweise gut bezahlt.
"Ja, das ist schon sehr wichtig, auch auf den Mietspiegel speziell in München bezogen, oder auch auf die Lebensplanung bezogen, wenn man ein Kind haben möchte als Familie. Dann fragt man sich schnell: Kann man sich das dann noch leisten, alles zu bezahlen?"
Mehrheit der privaten Pflegeheime nicht tarifgebunden
Das Einstiegsgehalt liegt bei 3.000 Euro brutto. Daniel Reuter findet, dass auch dieses Gehalt für die Lebenshaltungskosten in einer Stadt wie München schon knapp bemessen sei. In vielen Seniorenheimen verdienen Pflegekräfte weniger. Im Durchschnitt sind es in Vollzeit 2.600 Euro brutto. Deutlich weniger als der Durchschnitt aller Fachkräfte, der bei 3.100 Euro brutto liegt. Aus Sicht des Bundesgesundheitsministers Jens Spahn liegt das daran, dass viele Pflegeheime nicht nach Tarif bezahlen.
"80 Prozent der Altenpflegeeinrichtungen sind nicht tarifgebunden und das wollen wir ändern, indem wir regelhaft zu einer Tarifbezahlung kommen."
Eine Möglichkeit wäre, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales einen Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt. Doch dafür müsste es erst einmal einen flächendeckenden Tarifvertrag geben. Der Arbeitgeberverband privater Anbieter will das nicht.
Eine Möglichkeit wäre, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales einen Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt. Doch dafür müsste es erst einmal einen flächendeckenden Tarifvertrag geben. Der Arbeitgeberverband privater Anbieter will das nicht.
"Wir finden das unnötig. Ich glaube, Pflegekräfte sind schon heute gut bezahlt", sagt Herbert Mauel, Geschäftsführer Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V.
Experte plädiert für Rekommunalisierung
Professor Wolfgang Schroeder vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung wundert nicht, dass die Arbeitgeber der privaten Einrichtungen sich gegen flächendeckende Tarifverträge sperren. Denn die privaten Träger müssten profitorientiert haushalten. Laut Wolfgang Schroeder verdienen Altenpflegefachkräfte in Einrichtungen mit Tarifvertrag etwa 15 Prozent mehr als in Pflegeheimen ohne Tarifvertrag. Der Wissenschaftler kritisiert den hohen Anteil an Pflegeheimen in privater Hand. Laut Pflegestatistik des Statistischen Bundesamts sind es mehr als 40 Prozent. Freigemeinnützig sind 53 Prozent, dazu gehören beispielsweise die Einrichtungen der Arbeiterwohlfahrt und der Caritas. Knapp fünf Prozent gehören öffentlichen Trägern.
"Deshalb müsste eigentlich die zentrale Forderung lauten: Rekommunalisierung der augenblicklich in privater Hand befindlichen Einrichtungen, weil es kann nicht sein, dass die Betreuung älterer Menschen zum Renditeobjekt von Investoren wird, sondern das muss eine gemeinschaftlich zu realisierende Aufgabe sein", sagt Schroeder.
Münchener Heim geht mit gutem Beispiel voran
Wie zum Beispiel im Haus St. Martin des Münchenstifts. Die kommunale Pflegeeinrichtung hat mit Ver.di einen Tarifvertrag ausgehandelt, der den Fachkräften ein Einstiegsgehalt von 3.000 Euro sichert. Laut Geschäftsführer Siegfried Benker ist das gelungen, ohne dass dadurch die Heimbewohner mehr bezahlen müssen. Beispielsweise indem er weniger Zeitarbeitskräfte und dafür mehr Fachkräfte dauerhaft angestellt hat.
"Jede Zeitarbeitskraft kostet mich pro Jahr ca. 14.000 Euro mehr als eine Fachpflegekraft, die ich nicht über Zeitarbeit habe. Jetzt können Sie sich hochrechnen, wenn ich hier 80 Mal beispielsweise reduziere, dann habe ich 1,2 Millionen nur dadurch eingespart, dass ich nicht mehr die Fachpflegekräfte über die Zeitarbeit habe."
Außerdem würden die Bewohner davon profitieren, weil sich mehr Fachkräfte dauerhaft um sie kümmern. So wie Daniel Reuter, der seit 16 Jahren im Haus St. Martin arbeitet.
Außerdem würden die Bewohner davon profitieren, weil sich mehr Fachkräfte dauerhaft um sie kümmern. So wie Daniel Reuter, der seit 16 Jahren im Haus St. Martin arbeitet.