Altenpflegeeinrichtungen in Deutschland sind für mehr und mehr private Investoren attraktiv, das steht außer Zweifel. Zwar sind in den ersten neun Monaten 2019 deutlich weniger Gesundheitsimmobilien ver- und gekauft worden als noch im Vorjahreszeitraum, wie Daten des Immobiliendienstleisters CBRE zeigen. Das liegt aber vor allem daran, dass 2018 einige große Geschäfte die Zahlen stark nach oben getrieben hatten.
"Das ist einmal demographisch natürlich das Argument und zum anderen ist es eben ein großer immobilienwirtschaftlicher Aspekt dabei. Es geht darum, dass man da langfristig auch hohe stabile Renditen rausholen kann und deswegen ist das attraktiv", sagt Dirk Becker, Immobilienexperte bei Allianz Global Investors.
Investoren übernehmen Gebäude und Dienste
Die Attraktivität von Heimen und Pflegeimmobilien wird durch die steigenden Immobilienpreise im Allgemeinen getrieben. Doch auch bei den Pflegediensten spielen Übernahmen durch Investoren eine wachsende Rolle. Dadurch bilden sich immer größere Unternehmensketten im Pflegebereich. So hat die Alloheim Gruppe aus Düsseldorf beispielsweise im Mai Pro Talis aus Meppen übernommen. Pro Talis arbeitet in fast allen Bereichen der Altenpflege wie der stationären Pflege, der ambulanten Versorgung, der Tagespflege und dem betreuten Wohnen und verfügt über 1.100 Betten in 14 Seniorenresidenzen.
Der Vorteil solcher Zusammenschlüsse von Pflegediensten: Sie können bestimmte Arbeitsbereiche wie Verwaltung, den Einkauf oder die Ausbildung zentral organisieren. Das spart Kosten. Kritiker befürchten aber, dass das Streben nach Profiten zu Lasten der Pflege gehen könnte.
Experte: "Private Anbieter sind wichtiger Teil unserer Infrastruktur"
So warnt eine Studie des Instituts für Arbeit und Technik der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen davor, dass Investoren Druck auf Personal und Löhne ausüben könnten. Denn Personalkosten sind bei Pflegeunternehmen der größte Kostenblock, mit einem Anteil von rund 70 Prozent. Solche und andere Folgen der jüngsten Konzentrationsprozesse müssten dann die Heimbewohner ausbaden, befürchtet auch der Experte für Pflege und Gesundheit an der Universität Bremen, Heinz Rothgang:
"Private Anbieter sind ein wichtiger Teil unserer Infrastruktur. Und wer gute Arbeit leistet, soll auch verdienen. Was wir jetzt aber sehen, ist sozusagen eine zweite Privatisierungswelle. Jetzt geht es nicht darum, dass Anbieter sich selbständig machen, kleine Anbieter, sondern dass wirklich Konzerne in den Markt reingehen und wirklich mit dem Immobilienteil Renditen anstreben, die natürlich sehr, sehr hoch sind. Und die Zeche, muss letztendlich immer der Nutzer zahlen."
SPD fordert Begrenzung der Gewinne
Um ein zu hohes Renditestreben im Pflegebereich zu verhindern, fordert die SPD die Begrenzung der Gewinne privater Pflegeheimbetreiber. Gesundheitsökonom David Matusiewicz von der FOM-Hochschule für Ökonomie und Management widerspricht:
"Von der Markttheorie gesprochen gibt es ja den Wettbewerb. Und der Wettbewerb wiederum führt ja dazu, dass die Anbieter, die entweder günstiger sind oder qualitativ besser sind oder besseren Service bieten, eben dann entsprechend von den Klienten, also den Pflegenden oder pflegenden Angehörigen präferiert werden. Also ein Stück weit eine staatliche Regulierung macht sicherlich Sinn, um einen Rahmen zu geben und dann wettbewerbliche Marktelemente machen dann ihren Rest und ich glaube so ein Mischmodell ist aus meiner Sicht zielführend".
Noch ist der Pflegedienstmarkt überwiegend von kleineren und dezentralen Anbietern geprägt: Es gibt also Spielraum für weitere Zusammenschlüsse, die Konsolidierung hat also wohl noch kein Ende.