Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe ist sich sicher: Die zweite Stufe der Pflegereform sei ein "großer Schritt nach vorne. Vor allem, weil nicht mehr alleine auf körperliche Beeinträchtigungen geschaut werden, so der CDU-Politiker.
"Wir erreichen den gleichberechtigen Zugang für demenziell Erkrankte zu allen Leistungen der Pflegeversicherung."
Bisher gibt es drei Pflegestufen.Gröhes Gesetzesentwurf sieht vor, diese auf fünf sogenannte Pflegegrade auszuweiten. 500.000 Menschen würden demnach mittelfristig erstmals unterstützt.
Der künftige Ansatz sei Reha vor Pflege. Auch die Beratung werde gestärkt, wirbt Gröhe. Zudem würden die Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte verbessert. Entlastung verspricht der Gesundheitsminister den pflegenden Angehörigen: Wer sich um ein Familienmitglied kümmert, soll künftig bei den Sozialbeträgen bessergestellt werden.
Kritik von den Linken
"Es kann doch nicht sein, dass jemand, der beruflich kürzertritt, dadurch Einkommenseinbußen hinnimmt für die Pflege eines Angehörigen, dann gleichsam selbst im Alter erneut über ein Minus in der Rente und dann Auswirkungen vielleicht auch im Fall eigener Pflegebedürftigkeit doppelt büßt. Deswegen ist es richtig, die rentenrechtliche Absicherung der Pflegearbeit eben jetzt so verbessern."
Dem widerspricht Pia Zimmermann, pflegepolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Die Linke. Die Reform gehe an der Realität vorbei: Die Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte blieben schlecht. Auch könnten sich nach dem Gesetzentwurf die Betroffenen nicht entscheiden, wo und von wem sie gepflegt würden, kritisiert Zimmermann.
"Ganz im Gegenteil: Ihr Gesetz zwingt die Menschen in den unteren Pflegegraden gerade dazu, von Angehörigen gepflegt zu werden und das ohne die Rahmenbedingungen dafür zu verbessern. Ganz im Gegenteil: In den unteren Pflegegraden werden sie dann eben mal hopplahopp mehrere hundert Euro streichen und Sie können sich darauf verlassen, das ist mit uns nicht zu machen."
Der Beitragssatz steigt
Die Reform bringe auch einen wichtigen Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit, entgegnet der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Karl Lauterbach. Bisher hätten die sozial schwächeren häufig höhere Pflegestufen gemieden, weil damit auch die Eigenanteile gestiegen wären.
"Wir hatten eine systematische Unterversorgung der ärmeren Menschen, weil sie zur Schonung ihrer Angehörigen oder zur Schonung ihrer Ressourcen zu den höheren Pflegestufen nicht übergegangen sind. Obwohl es medizinisch oft notwendig gewesen ist. Diese Beseitigung einer wichtigen Ungerechtigkeit würde ich nicht unterschätzen."
So Lauterbach. Die Reform sieht vor, den Beitragssatz zum 1. Januar 2017 auf 2,55 Prozent anzuheben. Auf diesem Niveau soll er anschließend bis ins Jahr 2022 konstant zu bleiben.
Eine nachhaltige Finanzierung sei das nicht, kritisiert die pflegepolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Elisabeth Scharfenberg.
"Eine Reform, die so viele Menschen betrifft, die braucht ein wirklich starkes Fundament. Aber davon fehlt mir hier wirklich jede Spur."
Das Bundesgesundheitsministerium rechnet durch die Beitragssteigerung mit zusätzlichen fünf Milliarden Euro.