Musik "Ain’t No Change"
Eine junge Band, die alte Rockmusik macht.
"Elin hat eine Stimme mit sehr viel Soul. Die Menschen sind immer überrascht, dass diese kraftvolle Stimme aus diesem blonden schwedischen Mädchen kommt."
"Ich war begeistert von Aretha Franklin, sie hatte wirklich einen aufregenden Ton in ihrer Stimme."
Aber die Texte der Songs handeln vom Hier und Jetzt.
"Der Blues kommt aus einem Gefühlszustand, nicht von der Hautfarbe her."
"Vielleicht ist es eine Vergeltungsmaßnahme gegen die moderne elektronische Musik auf der anderen Seite."
Und die Musik hat Seele.
Eine mächtige, seelenvolle Frauenstimme Es ist zuallererst die Stimme, die auffällt und mitreißt, wenn man Musik von den Blues Pills hört. Eine mächtige, seelenvolle Frauenstimme, die sofort die ganz großen des Rock, Soul und Blues in Erinnerung ruft, von Aretha Franklin bis zu Janis Joplin. Und das ist keinesfalls zu hoch gegriffen. Elin Larsson, die grazile Sängerin der Blues Pills, ist 27, kommt aus Schweden. Sie sieht so aus wie eine der typischen Rock-Diven der 1960er- und 70er-Jahre. Sie trägt lange, dunkelblonde Haare mit Mittelscheitel, eine riesige 70er-Jahre-Sonnenbrille und ein lässiges Outfit aus Hippie-Bluse und Schlaghose. Aber Elin Larsson von den Blues Pills scheint frei von Star-Allüren, ist nahbar, zugänglich. Und sie lacht viel.
"Ich weiß nicht, wer ich geworden wäre, wenn ich nicht hätte singen können. Das wäre, als ob ich nicht hätte gehen können. Zu singen, fühlt sich für mich so gut an. Es ist die beste Droge, die es gibt! Man kann damit einfach seine Gefühle zum Ausdruck bringen. Alle Sänger, die ich gut finde, haben das getan."
In Woodstock auf der Bühne
Elin Larsson ist erst während des zweiten Interviews mit den Blues Pills im Mai 2016 zu sprechen. Beim ersten Mal spielte die Band gerade die letzten Konzerte ihrer Deutschlandtournee, und die Dame muss ihre Stimme schonen. Kein Interview mit ihr also. Dafür sind Gitarrist Dorian Sorriaux und Bassist Zack Anderson, der eine Franzose, gerade 20 Jahre alt, der andere Amerikaner, Ende 20, umso gesprächsbereiter. Wir sitzen uns im Band-Bus an einem Vierertisch gegenüber. Bassist und Gitarrist sehen aus, als müssten sie gleich in Woodstock auf die Bühne: mehr als schulterlange Haare, üppige Vollbärte und Paisley- Samt-und-Blumenhemden. Kennen gelernt haben sich die Musiker der Blues Pills 2011 über das Internet, erinnert sich Zack Anderson:
"Mein Bruder und ich, wir trafen Elin in Kalifornien, als sie dort zu Besuch war. Wir beschlossen, zusammen Songs zu schreiben, und das war der Beginn der Band. Als wir zuvor mit einer anderen Gruppe auf Tournee in Europa waren, sahen wir Dorian mit seiner damaligen Band in unserem Vorprogramm spielen. Das war in Orleans, in Frankreich. Wir waren beeindruckt und behielten ihn in Erinnerung. Als wir die Blues Pills ins Leben riefen, stellten wir über das Internet Kontakt zu ihm her. Am Anfang kommunizierten wir nur über das Internet, indem wir uns einfach die Songs zuschickten. Für unsere erste EP "Bliss" nahm er die Gitarre in Frankreich auf, alles andere wurde in Amerika eingespielt."
Über das Internet kennengelernt
Der Name der Band und viele Inspirationen für die Musik stammten ebenfalls aus dem Internet. Genauer gesagt aus dem Blog Blues Pills, den Zack Anderson und sein inzwischen aus der Gruppe ausgestiegener Bruder Corey damals mit Vorliebe aufsuchten. Ein Blog über psychedelische und Underground-Musik der 1960er- und 70er-Jahre.
"Es gab dort viele obskure Platten und andere Dinge, die man sonst nicht finden konnte, allenfalls über Plattensammler. Man stieß auf Bands, die nie besonders berühmt waren in den alten Tagen. Es ging mehr um Underground-Music. Einige der dort vertretenen Bands stießen bei den Leuten auf neues Interesse und wurden so wieder entdeckt, auch wenn sie nicht so erfolgreich waren in ihrer Zeit. Einige dieser Bands gehen heute sogar wieder auf Tour, wie Pentagram und Bang. Auch Captain Beyond sind, glaube ich, wieder auf Tournee."
Musik "Devil Man"
Es ist erstaunlich: Die vier jungen Musiker der Blues Pills sind in verschiedenen Teilen der westlichen Welt aufgewachsen. Dennoch verbindet sie die Liebe zu einer Musik, die vor beinahe 50 Jahren ihre Blütezeit hatte. Blues-Pills-Bassist Zack Anderson ist in Iowa, USA groß geworden, erzählt er, mitten im Farmland, in dem es sonst nichts Aufregendes zu tun gab. Sein Vater spielte halb professionell in einer Cover-Band, die bei den Andersons zuhause probte, und begeisterte den kleinen Zack schon früh für Rock-Musik.
Einflüsse aus Blues und Rock
"Ich glaube, die ersten Einflüsse kamen von meinem Vater, der in 1960er- und 70er-Jahren mit der Musik so berühmter Bands wie Pink Floyd, The Doors und Jimi Hendrix aufgewachsen ist. Das waren die ersten Bands, die ich hörte und deren Musik ich auf der Gitarre übte. Alles, was wir heute machen, fing mit diesen musikalischen Einflüssen an. Als Teenager hörte ich dann moderne Bands wie The White Stripes oder The Hives, die groß waren in den Nuller Jahren. Aus welchem Grund auch immer gab es einen Blues- und Rock-Einfluss in meiner musikalischen Karriere."
Schwenk nach Schweden, etwa zur gleichen Zeit wächst in einem kleinen Städtchen hoch im Norden an der Grenze zu Norwegen Elin Larsson heran.
"Meine Mutter hatte ein kleines Theater und mein Vater war ein großer Musikliebhaber. Meine große Schwester und ich, wir hatten keinen Fernseher, meine Mutter wollte das nicht. Also sangen wir viel und malten und spielten auch Theater. Als ich neun Jahre alt war, gab ich in der Schule mein erstes Solokonzert. Ich habe weiter gesungen und bekam auch Unterricht ein paar Mal. Dann ging ich zum Gymnasium. Da kamen all die sonderbaren Kinder zusammen, bildeten kleine Ensembles und spielten Blues, Jazz, Klassik und Rock. Später war ich in einer Band, die Black Sabbath coverte, dann in einer, die Abba-Stücke mit verzerrten Gitarren aufführte, und in einer Stoner-Rock-Band, die nur aus Mädchen bestand. Mit elf oder zwölf Jahren schrieb ich meinen ersten Song am Klavier, auf Schwedisch."
Natürlich kann Elin Larsson sich an den Moment erinnern, als sie zum ersten Mal den Wunsch verspürte, Sängerin werden zu wollen.
Begeistert von Aretha Franklin
"Ich war fasziniert von allen möglichen Stimmen, als ich aufwuchs, auch von Sprechstimmen. Ich war begeistert von Aretha Franklin, sie hatte wirklich einen aufregenden Ton in ihrer Stimme. Ich habe dann geübt und geübt. Ich schmettere ja viel mit meiner Stimme, das hörte sich am Anfang gar nicht gut an. Mir tun heute noch meine Eltern leid, die das den ganzen Tag mitmachen mussten. Als ich ungefähr in der siebten Klasse war, sagten die anderen dann, ich hätte eine gute Stimme."
Dorian Sorriaux wächst in der Bretagne in Frankreich auf. Im Alter von drei oder vier Jahren fängt er an, mit seinem Vater kurz vor der Jahrtausendwende Musik zu machen.
"Ich spielte die Trommel als Knirps, mein Vater dazu Flöte. Das ist in der Bretagne ganz normal und war mein erstes musikalisches Erlebnis. Dann hörte ich ZZ Top auf Kassette im Auto meines Vaters. ’Das ist Motorradfahrer-Musik’, sagte er. Ich war hin und weg, und zu Weihnachten bekam ich eine ZZ-Top-Greatest-Hits-CD. Mir gefiel auch, wie ZZ Top aussahen, diese langen Bärte, und so kaufte ich alle ihre Platten. Dann entdeckte ich die frühen Status Quo und auch Künstler wie Robert Johnson und Skip James, den alten Blues. So war es ganz natürlich, dass ich auch Gitarre spielen wollte. Ich nahm einige Stunden Unterricht und war dann mit meinen Freunden in einigen Bands. Bis wir als Opener für Zacks alte Truppe spielten und ich mich den Blues Pills anschloss. "
Musik "Astral Plane"
Die frühen Fleetwood Mac haben die Musik der Blues Pills stark beeinflusst, sagt Bassist Zack Anderson. Besonders auf dem ersten Album der Band, 2014 erschienen, ist das gut herauszuhören: aus den packenden Gitarren-Riffs, dem Drama im Gesang, und der unerklärbaren, mitunter mysteriösen Melancholie. Vor allem aus dem Spiel des erst 20-jährigen französischen Wunder-Gitarristen Dorian Sorriaux. Sein Spiel und sein Sound sind unverkennbar von Peter Green von Fleetwood Mac beeinflusst, einem der größten Lyriker unter den Blues-Gitarristen. Doch Dorian Sorriaux hat diese Inspiration jedoch längst in einen eigenen Stil überführt:
"Die Melodien von Peter Green finde ich inspirierend. Wenn man anfängt, Rock-Gitarre zu spielen, all diese pentatonischen Skalen, sind es oft die schnellen Gitarristen, die einen beeindrucken. Aber die Gitarristen, die mich vom Gefühl her ansprachen, taten das eher durch ihr Finger-Vibrato, durch ihre Art, die Noten zu dehnen. Gitarristen wie Peter Green und Paul Kossoff. Wenn du die spielen hörst, denkst du, wow! Das Vibrato von Paul Kossoff ist fantastisch! Und die Melodien von Peter Green sind nicht einfach nur Verzierungen, sie fügen den Songs wirklich etwas Wesentliches hinzu."
Blues mit echtem Gefühl
Genau das tut auch Dorian Sorriaux und verleiht dem Sound der Blues Pills eine besondere Zutat: keine Rasereien auf dem Griffbrett, sondern emotionsgeladenen Minimalismus. Trotzdem ist Blues, diese trügerisch einfache Form von Musik, auch in ihren Rock-Variationen nicht so leicht mit echtem Gefühl zu füllen.
"Ich denke, die Weißen haben zum Blues etwas beigetragen. Blues hat natürlich als afroamerikanische Form angefangen. Man kann es raushören, wenn die weißen britischen Kids Blues spielen, und wir lieben das auch. Der Blues kommt aus einem Gefühlszustand, nicht von der Hautfarbe her. Auch wenn der weiße Blues anders klingt, haben Weiße echten Blues immer auf eigene Weise gespielt."
Musik "No Hope Left For Me"
"Die Musik, die heute auf dem Markt ist, wird immer schlechter. Wenn man sie mit der vergleicht, mit der wir in der Band aufgewachsen sind. Das meiste an Musik heute berührt mich nicht. Sowas wie Justin Bieber. Es gibt ja diese Castingshows, in denen sie diese Idole erschaffen. Ich finde, Künstler sollten sich durch ihre Musik selbst erschaffen. Aber nicht durch diesen Plastikschrott, an den sich niemand nach der Show erinnern kann. Musik sollte mehr Tiefe haben, wie die von Free oder Fleetwood Mac oder Aretha Franklin, von all diesen unglaublichen Musikern, Sängern und Songwritern. Die haben ihre Musik live gespielt und brauchten kein Autotune oder irgendwelches Bubblegum-Zeug."
Alte Zeiten leben auf
Das Echte, Unvermittelte aus der Musik dieser Zeit treibt die Blues Pills an. Schon mit ihrem Debüt lassen die Blues Pills das Gefühl der alten Zeiten wiederaufleben. Zack Anderson.
"Es ist ein Mysterium für mich, dass diese Musik solch ein Comeback erlebt. Niemand weiß wohl, warum das so ist. Vielleicht ist es eine Vergeltungsmaßnahme gegen die moderne elektronische Musik auf der anderen Seite. Vielleicht haben die Leute diese raue, organische Musik vermisst, die voller Fehler, Energie und Gefühl steckt. Die menschlich ist. Mehr als diese perfekte Computermusik aus der digitalen Welt."
Die Blues Pills sind mit vielen legendären Bands der späten 1960er- und 70er-Jahre verglichen worden. Sie alle schienen damals von der Verheißung von Freiheit, dem Traum von Love, Peace And Understanding befeuert, der ja auch auf den großen Festivals à la Woodstock mit Hunderttausenden von Besuchern zum Ausdruck kam. Das hat auch für die Blues Pills heute noch eine gewisse Bedeutung, so Zack Anderson und Dorian Sorriaux.
"Ich denke nicht, dass wir versuchen, direkt dort anzuknüpfen. Wir denken heute nicht mehr so, wie sie das damals taten. Manche Dinge, die heute passieren, ähneln denen, die damals geschahen. Damals gab es den Vietnam-Krieg und heute passieren ähnlich schreckliche Dinge. Wir haben zwar unsere eigenen Probleme, aber vieles in der Welt ist gleich geblieben wie vor 40, 50 Jahren."
"Die ganze Hippie-Bewegung ist ja nicht mehr da. Wir glauben an Liebe und Freiheit, sehen uns aber nicht als Retter der Welt. Wir sind nicht politisch, auch wenn einige Songtexte in die Richtung weisen. Wir glauben an Gleichheit, wie die von Frauen geführten Bands, an Liebe, Frieden, Freiheit."
Musik "High Class Woman"
"Der Song 'High Class Woman' dreht sich um die ungerechte Verteilung des Geldes. Sie sagen, in Amerika besitzen ein Prozent der Menschen das gesamte Vermögen, der Rest wird arm und unten gehalten. Es existiert eine Ungleichheit zwischen der oberen und der unteren Klasse. Wenige haben soviel, viele haben so wenig. Möglicherweise hat das sozialistische Denken in Schweden diesen Songtext geprägt."
"High Class Woman", der erste Song auf dem ersten Album der Blues Pills, verdeutlicht bereits das ambitionierte Songwriting der Band. Das Stück trägt sehr autobiographische Züge, enthält ungewöhnliche und unverbrauchte Sprachbilder, gut beobachtete Charaktere, und erzählt originell Geschichten. Bassist und Songwriter Zack Anderson freut sich über das Kompliment.
Gesellschaftskritische Töne
"Elin und ich, wir haben alle Texte zusammen geschrieben. Sie handeln von Dingen, die wir selbst erlebt und die bestimmte Gefühle in uns hervorgerufen haben. Oder es sind Dinge, die Freunden passiert sind. Manche Texte haben eine weniger tief gehende Bedeutung und erzählen einfach Geschichten. Die sind vielleicht nicht real, hören sich aber fabelhaft an. In dieser Hinsicht ist Kate Bush für uns eine große Inspiration. Wir alle lieben Kate Bush, auch wenn unsere Musik nicht wie ihre klingt. Ihre Songtexte haben nichts mit ihr persönlich zu tun, sondern erzählen wundervolle Geschichten. Und solche Songs schreibe ich manchmal auch."
Dabei schlägt die Band aus den USA, Schweden und Frankreich in ihren Songs häufig gesellschaftskritische Töne an. Immer wieder kommen sie auf den unbedachten Umgang mit der Umwelt zu sprechen, auf das Thema Ökologie.
"Wir haben einige Songs, die sich um Umweltaspekte drehen. Das Stück "Bliss" zum Beispiel. Es ist allerdings auf Schwedisch und schwer zu verstehen. Aber Ökologie, was mit der Umwelt passiert, ist etwas, was uns beschäftigt und worüber wir gerne Songs schreiben. Dass die Menschen dabei sind, den Planeten immer mehr zu zerstören. Es fühlt sich gut an, darauf aufmerksam zu machen und über etwas zu singen, das uns am Herzen liegt."
Klar, gibt es in den Stücken der vierköpfigen Gruppe auch erfundene Charaktere wie den "Devil Man", eine "High Class Woman", oder einen "Little Boy Preacher", die sich durch ihre Songs bewegen wie Superman oder Batman durch die Comics. Für den Titelsong ihres neuen, zweiten Albums "Lady In Gold", das am 5. August 2016 erscheint, hat Sängerin Elin Larsson nun eine Figur ersonnen, die, wie sie sagt, den Tod symbolisiert, ohne das leidige Bild vom Sensenmann zu bemühen. Wie die Band das aber in sinnlichen Soul-Rock umsetzt, lässt unbedingt an das Leben glauben.
"'Lady In Gold' ist eine erfundene Figur, die für den Tod steht. Wir wollten das Ganze aber nicht aus einer männlichen Perspektive betrachten. Wir wollten Gott oder den Teufel nicht als Mann sehen. Wir stellten uns vor, das es eine ‚Lady In Gold’ ist, die am Ende kommt und dich mitnimmt. Es geht darum, nicht ängstlich zu sein und einfach zu tun, was du willst."
Musik "Lady In Gold"
"Ich denke, das neue Album geht viel mehr in Richtung Soul. Ich habe ja eher eine Soul-Stimme und so ist es wohl eine ganz natürliche Entwicklung, diese Stärke einzusetzen. Unsere Rhythmusgruppe hat einen sehr guten Groove, und so wollten wir zusammen mit Dorian an der Gitarre einen spacigen, verzerrten funky Sound schaffen. Dorian hat auf diesem Album mehr mit den Gitarrenklängen experimentiert und ich mehr mit meiner Stimme und den Melodien. Ich meine, wir sind lange auf Tournee gewesen, haben lange intensiv zusammen gespielt und sind besser an unseren Instrumenten geworden. Das hat wohl auch das Songwriting verbessert und das kann man hören."
Tatsächlich haben sich die Blues Pills auf ihrem zweiten Album "Lady In Gold" weiter entwickelt. Eine Inspiration, ja, ein Ansporn durch den klassischen Soul aus den Schmieden von Stax im Süden und Motown im Norden der USA, von Aretha Franklin bis zu Marvin Gaye, auf den Sound der multinationalen Band ist unverkennbar. In der Melodieführung, den Chorstimmen, den Klangeffekten, den Gitarrenarrangements und dem rhythmischen Fundament ihrer neuen Stücke haben die Blues Pills erhebliche Fortschritte gemacht. Da schlägt sich ein spezieller Stil schwarzer Musik nieder, zum Beispiel der Sound der Temptations.
"Wir mögen die Sachen, als der Soul etwas psychedelischer wurde. All diese Produktionen von Norman Whitfield mit den Temptations und mit Undisputed Truth, oder auch Funkadelic, bei denen es mehr psychedelische Elemente als traditionellen Soul gab."
"Ich finde, es ist aber schon ein Rock-Album. Es sind Rock-Songs, die etwas mehr als auf dem ersten Album von Soul beeinflusst sind."
"Ja, es ist etwas weiter gefächert, auch was die Instrumente betrifft. Es sind zum Beispiel ziemlich viele Keyboards zu hören."
Fast ein religiöses Ereignis
Im Soul, der ja aus der Kirche kommt, hat der gemeinschaftliche Aspekt immer eine große Rolle gespielt. Besonders eindrucksvoll kann man das auf Soul-Live-Alben erleben, auf denen sich die Kraft und Magie dieser Musik so mitreißend entfalten, dass man fast das Gefühl hat, einem religiösen Ereignis beizuwohnen. Diese Art von Soul-Power beschwören auch die Blues Pills auf ihrem neuen Album, bestätigt Dorian Sorriaux.
"Kennen Sie dieses Live-Album von Donny Hathaway, auf dem er das Stück 'The Ghetto' spielt? Wenn am Ende das gesamte Publikum mitsingt? Da bekommt man so richtig dieses Live-Gefühl!"
Mindestens solch einen Soul-Moment gibt es auch auf dem zweiten Album der Blues Pills. In der Ballade "I Felt A Change" singt Elin Larsson zu E-Piano- und Synthesizer-Akkorden ergreifend von Versagen, Schuld und Bedauern auf der einen und Liebe und Hoffnung auf der anderen Seite:
"Es ist ein sehr persönlicher Song. Ich musste ihn schreiben, um mir etwas von der Seele zu schaffen. Ich möchte nicht genau sagen, wovon er handelt. Das würde ihn wohl für andere Menschen ruinieren. Sie sollten ihn sich anhören und selbst herausfinden, was er für sie bedeutet."
Musik "I Felt A Change"
Musik "Bad Talkers"
"Der Song ’Bad Talkers’ ist davon inspiriert, dass ich so genervt war von all diesen Leuten, die bescheuertes Zeug im Internet posteten, egal zu welchem Thema. Ich wollte wissen, warum sie das tun. Denn was tust Du da den ganzen Tag? Du beklagst Dich und sonst nichts. Du musst aber selbst etwas machen mit Deinem Leben! Das ist überall so, in der Musik, in der Politik. Du musst etwas tun! Du kannst nicht herumsitzen und klagen und schlechte Botschaften aussenden. Lass die Leute, die Kunst machen, doch tun, was sie tun wollen. Es ist doch egal, welche Religion, welche Hautfarbe, welche sexuellen Vorlieben man hat. Lass die Leute das sein, was sie sein wollen!"
Elin Larsson bezieht das sicher auch auf sich und ihre Mitmusiker bei den Blues Pills, was sie in dem Song "Bad Talkers" auf dem zweiten Album der Band formuliert. An diesem Werk haben die Blues Pills gearbeitet, wenn sie nicht gerade unermüdlich auf Tournee quer durch Europa waren. Es sei ausgereifter, sagen sie, und zeige, dass sie zu ihrem eigenen Sound gefunden haben. In der Tat ist es den Blues Pills auf "Lady In Gold" gelungen, ihre Einflüsse zu transzendieren und zu einem eigenen Stil zu formen. Dieses Update des Soul-Rock aus den 1960er und 70er Jahren besitzt eine Strahlkraft, mit der sich die Blues Pills von anderen Bands der Szene abheben. Inzwischen leben alle Bandmitglieder in Schweden und haben sich dort ein eigenes Studio eingerichtet. In ihrer Heimat kommt auch Sängerin Elin Larsson stets auf neue kreative Ideen.
"Ich liebe es, schwimmen zu gehen, mich mit Freunden zu treffen und Musik zu hören. Wir hatten bisher wenig Zeit, weil wir soviel gearbeitet haben. Immer wenn ich zuhause bin, treffe ich gern die Menschen, die ich mag, und schreibe darüber ein paar neue Songs."
Am liebsten live
Am liebsten aber spielen die Blues Pills live. Und live sind sie ein begeisterndes Erlebnis. Elin Larsson steht barfuß auf der Bühne, die hüftlangen Haare wirbeln wild durcheinander, mit schier unerschöpflicher Stimmgewalt haucht sie dem Rocksound Seele ein. Ihren Gesang weiß sie dramaturgisch geschickt zu modulieren und setzt in sanften Momenten gleichermaßen betörende Akzente. Dorian Sorriaux imponiert mit einem Gitarrenspiel von emotionaler Dichte, Zack Anderson, ganz der stoische Bassist, den man hinter seiner Lockenpracht kaum sichten kann, und der agile Drummer André Kvarnström sorgen für einen wuchtigen Groove, der die durchweg exzellenten Songs der Blues Pills zu unwiderstehlichen Tanz-Aufforderungen macht. Und da denkt man, egal aus welcher Generation: Besser kann es auch in Woodstock kaum gewesen sein.
"Wir sind irgendwie eine Live-Band. Wir waren zwar zwei Jahre im Studio für dieses neue Album, aber ich glaube, ich mag die Live-Versionen der Songs lieber. Auch wenn wir live nicht alles spielen können, was wir auf die Platte gepackt haben."
"Das Publikum bringt etwas ein, das jede Show anders macht. Das Publikum macht den Unterschied! Wenn wir perfekt spielen, die Leute aber keine Energie zurückgeben, fühlt es sich seltsam an. Man kann ruhig mal Fehler machen. Wenn man es schafft, dass das Publikum richtig mitgeht, sind die Konzerte großartig."
Musik "Rejection"
Diese Sendung können Sie nach Ausstrahlung sieben Tage online nachhören.