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Pharmaziestudium
Abkehr vom Job in der Apotheke

„Arbeitslose Pharmazeuten gibt es nicht“, predigen Studienberatungen und Dozenten seit Jahren - die Branche boomt. Und trotzdem ist das Studium der Pharmazie nicht besonders beliebt. Ein Grund: unattraktive Arbeitszeiten und Gehälter in Apotheken. Viele Absolventen zieht es eher in die Industrie.

Von Afanasia Zwick |
Ein Apotheker steht hinter der Ladentheke und schaut in den Computer, hinter nimmt eine Pharmazeutische Assistentin ein Medikament aus dem Regal
Immer mehr Pharmazie-Absolventen suchen nach Karrierechancen in der Industrie, dem akademischen Bereich oder in der Verwaltung. (picture alliance/ imageBROKER/ Jochen Tack)
Geschafft – fast alle mündlichen Prüfungen liegen hinter ihnen. An der Goethe-Uni in Frankfurt kommen drei Pharmaziestudentinnen gelöst aus dem Prüfungszimmer:
"Es lief ganz ok, dafür dass wir uns die letzten acht Wochen ziemlich intensiv drauf vorbereitet haben."
"Man hatte sich sehr viel Wissen angeeignet über die Jahre, aber es ist schon schwer, alles zusammenzubringen jetzt."
"Ich bin sehr erleichtert, dass wir’s durchgestanden haben."
Noch einmal lernen für "Pharmazeutische Technologie", dann haben sie ihr zweites Staatsexamen in der Tasche. Direkt danach wollen sie - so wie die meisten Pharmazeuten – ihr sogenanntes PJ, ihr praktisches Jahr, anschließen. Das heißt, nach dem hauptsächlich theoretischen Studium nach strikt vorgegebenem Stundenplan ein Jahr lang Praxiserfahrung sammeln; mindestens sechs Monate davon in einer Apotheke. Das Ziel: die Approbation zum Apotheker. Ob sie dann aber wirklich als Apothekerin arbeitet, weiß diese 23-jährige Pharmaziestudentin noch nicht:
"Momentan kann ich mir nicht vorstellen, 40 Jahre nur in der öffentlichen Apotheke zu stehen, deswegen möchte ich mir die Industrie anschauen. Aber ich bin eben auch ein Mensch, der gerne mit Menschen zu tun hat. Da glaube ich, da spreche ich für alle Pharmazeuten, die so ein bisschen das Helfersyndrom haben."
Apotheken finden keinen Nachwuchs mehr
Die Apotheke als Königsweg? Nicht mehr unbedingt, sagt Stefan Laufer, der Präsident der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft. Immer mehr Apotheker und Apothekerinnen ziehe es in andere Tätigkeitsbereiche. Er nennt Beispiele und Gründe für die Abkehr junger Leute vom Apothekerjob:
"Die Tendenz ist absolut klar. Bundesweit gehen 85 Prozent der Staatsexamen-Studenten in die Apotheke, in Tübingen sind es nur noch 55 Prozent. Und der Rest sucht sein Glück in der Industrie, im akademischen Bereich, in der Verwaltung. Es werden wirtschaftlich hervorragende Apotheken im Schwarzwald geschlossen, weil sie keinen Nachwuchs mehr finden, weil die Arbeitszeiten und die Lage unattraktiv sind und die Gehälter sowieso."
Diesem Trend will die Bundesapothekerkammer entgegenwirken: zum Beispiel durch Medikationsanalysen, in denen man auch frisch von der Uni kommend sein Wissen einbringen kann, erklärt Hannes Müller von der Apothekerkammer:
"Beispiel: Oma Meier kommt rein, nimmt zehn verschiedene Medikamente und weiß eigentlich gar nicht so richtig, wogegen. Verträgt sich das alles miteinander? Und nimmt sie das auch alles zum optimalen Zeitpunkt ein? Und die Richtung, in die es geht, ist, dass dann wirklich eine strukturierte Analyse mit ihr gemacht wird, wo geguckt wird, ob das so optimal ist oder ob es Verbesserungspotenzial gibt. Und ich denke, dass das in Zukunft verstärkt wichtig sein wird, auch viele motiviert, da weiter tätig zu werden."
Karrierechancen in der Industrie
Das steigende Durchschnittsalter der Bevölkerung, der Wunsch nach Medikamenten zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit, Life-Style-Präparate für kosmetische Aspekte: Der Boom der Pharmabranche zeichnet sich künftig auch in anderen Bereichen ab, allen voran der Industrie. Pharmazieabsolventen versprechen sich hier die besten Karrierechancen. Um aber Fuß zu fassen, brauche man eine Spezialisierung, meint diese Pharmaziestudentin. Zwei Jahre lang hat sie sich vergeblich bei Pharmaherstellern beworben:
"Ich hab alles im Lebenslauf angegeben. Trotzdem wurde ich dann in Vorstellungsgesprächen gefragt, was Thema meiner Masterarbeit wäre - hab ich ja nicht gemacht, sondern Staatsexamen. Dann wurde nochmal nachgefragt: ‚Aber Diplomarbeit haben Sie geschrieben.’ Nein, machen wir auch nicht. Dadurch fällt man halt raus, wenn man mit anderen Studiengängen konkurriert."
Diplom, Master oder Promotion obligatorisch
Deswegen hat sich die 29-Jährige in den neuen Masterstudiengang Arzneimittelforschung an der Goethe-Uni eingeschrieben. Und auch Pharmaunternehmen selbst haben erkannt: Pharmazieabsolventen sind zu wenig auf den Berufseinstieg vorbereit. Bei STADA zum Beispiel im hessischen Bad Vilbel plant Svea Meier deswegen ab nächstem Jahr ein Traineeprogramm:
"In diesem Programm lernen die Absolventen innerhalb von 24 Monaten verschiedenste Tätigkeitsbereiche kennen und werden da dann optimal auf den Karrierestart vorbereitet. Das fängt in der pharmazeutischen Entwicklung an bis hin zu Aufgaben im Bereich Portfoliomanagement oder Regulatory Affairs."
Wer nach Studienabschluss gerne eigene Schwerpunkte setzen möchte, entscheidet sich am ehesten für eine Promotion. Auch wenn die Jobchancen an der Hochschule nicht so rosig sind, hält man sich damit die Türen in den anderen Bereichen offen.